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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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mich heute vorgestellt. Ich sollte zunächst als Erster beginnen, wurde dann aber nach hinten geschoben, weil mein Therapeut noch nicht da war. Das war nicht nachteilig, weil ich vorher die anderen Berichte hören konnte und dann besser wusste, wie ich mich verhalten konnte. Trotz alledem habe ich weiche Knie bekommen, obwohl ich vorher doch ganz ruhig war. Ich denke der Bericht war ganz in Ordnung. Nach dem Spaziergang waren wir noch in der Gruppe. Oliver erzählte von den Heimattagen, die Besuche außerhalb der Klinik, die man erst nach einer gewissen Zeit beantragen darf. Ich war schon etwas neidisch, habe mich aber auch gefreut für Oliver. Meine Frau erzählte mir heute, dass meine Tochter Irina gestern Abend geweint hätte. Sie wünscht sich, dass der Papa wieder daheim wäre, hat aber Sorgen und Angst, dass der ganze Ärger noch mal von vorne beginnt. Ich kann die Ängste meiner Familie jetzt schon ganz gut nachvollziehen. Noch ein Satz zu der ganzen Schreiberei: So viel habe ich noch nicht einmal in meiner ganzen Schulzeit geschrieben.
    21. März 2000
    Heute haben wir Hockey gespielt. Hat Spaß gemacht. Den richtigen Dreh habe ich im Moment aber nicht. Das betrifft das Laufen. Ich würde gerne in die Sauna gehen oder schwimmen. In der Gruppe gab es eine Meinungsverschiedenheit zwischen Dirk und Rüdiger. Am Abend telefonierte ich noch mit meiner Frau. Jeden Tag komme ich ihr einen kleinen Schritt näher.
    22. März 2000
    In der Werkstatt habe ich ein weiteres Fensterbild gemacht für meinen Sohn Tomek. Kurz vor dem Abendessen sagte mir unser Teamsprecher, dass ich morgen früh um neun Uhr Autogenes Training habe. Das ist scheiße, weil ich mich auf einen langen Spaziergang gefreut habe. Ich kann ja kaum einmal einen Spaziergang machen. Mir geben diese Spaziergänge immer sehr viel, weil wir eine gute Gruppe haben.

AUF WELTTOURNEE MIT BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH
    Seit fünf Jahren stand ich nun schon in Diensten von Borussia Mönchengladbach. Vom belächelten Betonfuß hatte ich mich zu einem der besten Innenverteidiger der Bundesliga gemausert. Man kannte mein Gesicht, man kannte meinen Namen. Ging ich zur Abwechslung mal in der Disco feiern, flirteten mich hübsche Frauen an, die mich ohne meine Prominenz wahrscheinlich niemals beachtet hätten. Ging ich durch die Gladbacher Altstadt, klopften mir wildfremde Menschen auf die Schultern und versicherten mir, was für ein großartiger Fußballer ich doch sei. Kinder wollten mein Autogramm. Kurzum: Ich war zu einer kleinen Berühmtheit geworden. Und ich genoss die Annehmlichkeiten als Fußballprofi. Nicht selten ließ ich mich nach gewonnenen Spielen in der Kneipe von Bewunderern auf ein Glas Altbier einladen und wenn mir eine Frau schöne Augen machte, dann fühlte ich mich natürlich geschmeichelt. Bislang war mein Verhältnis zum Alkohol ein recht normales gewesen. Wenn ich mit Carmen bei Freunden zu Besuch war oder wir selbst Gäste eingeladen hatten, trank ich ein Glas Wein, in der Kneipe gab es Bier, allerdings höchstens so viel, dass ich maximal mit einem kleinen Schwips nach Hause kam. Kein ungewöhnliches Verhalten für einen jungen Mann.
    Doch mit Beginn der Saison 1984/85 änderte sich mein Verhalten. Nicht dass ich plötzlich bis zum Umfallen soff, aber der Alkohol bestimmte zunehmend mehr meinen Alltag. Oft überlegte ich mir schon während der Trainingseinheit am Vormittag zwischen den Übungen, wo ich am Nachmittag ungestört ein kühles Bier trinken gehen konnte. Häufig rief ich noch in der Kabine bei Carmen an und fragte sie ganz beiläufig, ob sie nicht Lust hätte, mit mir zum Shoppen nach Düsseldorf zu fahren. Das musste ich sie nicht zweimal fragen. Sie holte mich vom Trainingsplatz ab und wir fuhren ins nahe Düsseldorf. Eine halbe Stunde streunte ich, Interesse heuchelnd, mit ihr durch die Boutiquen, dann verabschiedete ich mich in eine jener dunklen Düsseldorfer Altbierkneipen, wo die getrunkenen Biere per Kreidestrich an einer Tafel hinter den Gästen vermerkt werden. Ein bis zwei Stunden saß ich dann gänzlich unerkannt in der Kneipe und trank in Ruhe meine Biere. Woran ich gedacht habe in solchen Momenten? Ich weiß es nicht mehr, aber genau deshalb zog es mich ja an den Tresen: Einfach mal abschalten, nicht an Fußball denken, nicht an den nächsten Gegner, die Herausforderungen des Alltags. Wenn Carmen ihre Shoppingtour beendet hatte, machte ich es mir, inzwischen doch sichtbar angeschossen, zwischen den Einkaufstüten auf der

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