Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)
Rückbank gemütlich und ließ mich in unser neues Zuhause nach Rheydt kutschieren. Wir fanden beide nichts dabei. Wo war auch das Problem? Ich arbeitete hart, da konnten ein paar Bierchen nicht verkehrt sein und Carmen konnte beim nächsten Abendessen ein neues Kleid vorführen. So hatten wir beide etwas von unseren gemeinsamen Ausflügen nach Düsseldorf. Die Gefahr dieser Touren war mir im Sommer 1985 nicht mal ansatzweise bewusst.
Ich will nicht leugnen, dass mir der Alkohol auch höchst unterhaltsame Stunden beschert hat. Wie Ende Juni 1984 während unseres Aufenthalts im dänischen Lyngby, als wir, noch ohne eine Trainingseinheit, unser erstes Spiel im Intertoto-Cup, einer Art Sommerpausen-Turnier, absolvieren mussten. Weil sich Chefcoach Jupp Heynckes am Knie operieren ließ, führte sein Co-Trainer Wolf Werner das Regiment. Vor der Partie gegen die uns gänzlich unbekannten Spieler von Lyngby BK nahm mich Werner zur Seite: »Uli, der Bent Egsmark Christensen ist dein Gegenspieler. Der macht in jedem Spiel ein Tor!« Schon klar, dachte ich, aber nicht heute! Nun, wir verloren mit 0:4 und dieser Christensen schoss zwei Tore … Entsprechend war die Laune von Wolf Werner, dem wir das Debüt als Cheftrainer ordentlich vermiest hatten. Als wir es, zurück in unserem Hotel in Kopenhagen, dann noch wagten, laut über einen Streifzug durchs dänische Nachtleben nachzudenken, wurde es dem armen Mann zu bunt und er verhängte eine Ausgangssperre. Was meinen Zimmergenossen Bernd Krauss und mich nicht daran hinderte, zu später Stunde doch noch das Hotel zu verlassen. So zogen wir durch die Bars und mussten bald feststellen, dass dänische Frauen trinkfester sind als deutsche Männer. Prompt hatten wir zwei Damen am Hals, die wir auch dann nicht los wurden, als wir uns wieder in Richtung Mannschaftsunterkunft aufmachten. Bernd reagierte routiniert – und orderte zwei Flaschen Wein aufs Zimmer. Je zwei Gläser schafften wir noch, dann fielen uns die Augen zu. Den Rest vernichtete das dänische Duo, was uns am nächsten Morgen doch ein anerkennendes Nicken entlockte. Auch eine Art, die erste Niederlage der Saison zu feiern …
Zu Beginn der neuen Spielzeit wartete ein ganz persönliches Highlight auf mich. Mit meiner Teilnahme beim Abschiedsspiel von Rainer Bonhof am 4. September 1984 schloss sich ein Kreis. Bonhof war es gewesen, dem ich als junger Kerl hatte nacheifern wollen, den ich als Idol auserkoren hatte. Jetzt verabschiedete sich der Weltmeister von 1974 und hatte dafür alles, was Rang und Namen hatte, nach Mönchengladbach eingeladen. Borussia International gegen die Deutsche WM-Elf von 1974 hieß die Paarung und der Stargast war eindeutig Johan Cruyff. Meine Erfahrungen als Bundesligaspieler hin oder her, als sich »König Johan« neben mich auf die Bank in der Umkleidekabine setzte, musste ich doch schlucken. Auf dem Platz sollte ich gemeinsam mit Cruyff das Mittelfeld organisieren, aber was hieß schon »gemeinsam«? »Du weißt ja, wohin du den Ball spielen musst«, gab mir Cruyff vor dem Spiel mit seinem gebrochenen Deutsch mit auf den Weg und natürlich gehorchte ich brav. Es sollte nicht zu meinem Nachteil sein, denn aus nächster Nähe durfte ich die Künste von einem der besten Fußballer aller Zeiten bewundern. Es war magisch! Zumal mit mir noch andere Legenden wie Mario Kempes, Herbert Prohaska oder Uli Stielike auf dem Platz standen. Nach dem Spiel machte ich mit einem Borussia-Mönchengladbach-Wimpel die Runde und ließ alle unterschreiben.
Seit unserem gemeinsamen Urlaub hatte ich Lothar nicht mehr gesehen. Wie heißt es so schön: Aus den Augen, aus dem Sinn – für Fußballer-Freundschaften trifft dieses Sprichwort absolut zu. Natürlich vermisste ich meinen Kumpel, privat wie sportlich. Abseits des Rasens hatten wir immer eine Menge Spaß miteinander gehabt, und einen Fußballer wie Lothar Matthäus an seiner Seite zu haben, ist für jeden Spieler ein Gewinn. Nicht zuletzt aufgrund seines Könnens reifte ich in aller Ruhe zu einem fähigen Bundesligaspieler.
Wer jedoch geglaubt hatte, dass wir in der neuen Saison ohne unseren Mittelfeldlenker Probleme bekommen würden, den bekehrten wir bald eines Besseren. Ähnlich erfolgreich wie in der vorherigen Spielzeit zogen wir in der Bundesliga unsere Kreise. Zur Winterpause standen wir auf Platz fünf, nur ein paar Punkte von der Tabellenspitze entfernt, und im DFB-Pokal hatten wir erneut das Viertelfinale erreicht. Lediglich aus dem
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