Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)
Freitagabend sehr traurig, als einige Mitpatienten ihren Besuch zum Angehörigenseminar bekamen. Ich hätte an diesem Wochenende gerne einiges mit meiner Frau geklärt. Noch ein Wort zu Frank, meinem »Patenkind«. Ich erzähle alles fünf bis zehn Mal und weiß nicht, ob er es dann verstanden hat. Ich weiß, dass Frank krank ist, aber das zehrt auch an mir. Ich weiß auch nicht, was Frank in unserer Gruppe macht, weil ich das Auswahlverfahren nicht kenne. Auf jeden Fall ist das nicht leicht für mich, weil Frank oft abwesend ist.
16. Mai 2000
Über Uwe mache ich mir keine Gedanken mehr. Ich habe versucht, ihm zu helfen, aber es ist mir nicht gelungen. Das reicht. Er hat auch keine Hilfe angenommen. Ich habe Sonderurlaub beantragt. Ich habe viel zu tun, aber ich gehe davon aus, dass sich der ganze Aufwand lohnt. Ich bin gut vorbereitet und habe keine Angst oder das Verlangen, Mist zu bauen. Ich war ein bisschen baff, als mir meine Therapeutin sagte, dass sie Sorgen hätte, ich könne Scheiße bauen. Ich laufe nicht weg. Ich dachte, dass würde man hier auch so sehen und mir mehr vertrauen.
18. bis 21. Mai 2000
Am Donnerstag holte mich mein Vater ab. Für mich war das gut, denn ich konnte ihm meine jetzige Situation und meine Alkoholsucht erklären. Zu Hause habe ich dann noch mit meiner Mutter, meiner Schwester und meinem Schwager gesprochen. Am Abend habe ich noch die Anonymen Alkoholiker in Hemer besucht. Ob ich in die Gruppe gehe, weiß ich noch nicht. Der Altersunterschied ist sehr groß. Der Freitag begann mit Frühstück und Gratulation. Dann bin ich nach Gladbach gefahren und von da zum Arbeitsamt. Danach bin ich zum Anwalt wegen der Gerichtstermine, die nach der Therapie stattfinden oder schon eingestellt sind. Am Nachmittag habe ich schön Kaffee getrunken und mich mit der Weisweiler-Elf zusammengesetzt. In den Tagen habe ich für mich ohne Stress und Hektik viel erreicht und ich bin sehr froh, dass ich alles hinbekommen habe. Meine Frau rief mich am Geburtstag an, ebenso meine Kinder. Meine Frau freute sich für mich, dass ich alles ohne Alkohol erledigen konnte. Ich hatte in der Gaststätte meiner Eltern und die ganzen Tage über keinen Saufdruck.
... SCHRECKEN OHNE ENDE
Meine Zeit in Bremen ist vorbei
Und ich hatte diesen Mann noch empfohlen. Kurze Zeit, nachdem in der Presse bekannt gegeben worden war, dass Otto Rehhagel Werder verlassen würde, bekam ich einen Anruf von einem Bekannten. In Holland gäbe es einen Trainer, so der Anrufer, der zu Bremen passen würde wie die Faust aufs Auge. Sein Name: Aad de Mos. Anschließend war ich ins Werder-Präsidium marschiert und hatte meine Informationen weitergegeben.
Nun stand er vor uns. Aad de Mos. Auf den ersten Blick wirkte er sympathisch. Dann blickte er sich in der Kabine um, erblickte Frank Neubarth und sagte: »Schön, dass Rune Bratseth auch noch mit dabei ist!« Dass Rune Werder ein Jahr zuvor verlassen hatte, war de Mos offenbar entgangen.
Dieser peinliche Ausrutscher wäre sicherlich bald vergessen gewesen, doch der neue Mann schaffte es in Rekordzeit, sich bei uns Spielern unbeliebt zu machen. Ganz besonders bei mir. Gleich in den ersten Tagen hatte er noch behauptet, in Bremen nicht viel ändern zu wollen, schließlich sei ein Großteil dieser Mannschaft für den Erfolg der vergangenen Jahre verantwortlich gewesen. Doch ich spürte schnell, dass de Mos nicht mit offenen Karten spielte. Schlimmer noch, er log uns an. Seine anfangs verkündete Marschrichtung, in Bremen nicht viel ändern zu wollen, warf er bereits in der zweiten Woche über den Haufen. Geradezu manisch versuchte er, mit uns das von ihm propagierte 4-4-2-System einzustudieren. Stundenlang standen wir bewegungslos auf dem Trainingsplatz und mussten uns von ihm wie Schachfiguren bewegen lassen. Im Schneckentempo ging er mit uns, einer Mannschaft, die in der Vorsaison nur mit viel Pech die Deutsche Meisterschaft verbockt hatte, die Laufwege ab! So etwas kann man vielleicht mit einer B-Jugendmannschaft machen, nicht aber mit dem amtierenden Vizemeister der Bundesliga. Für einen behutsamen Übergang zu einem moderneren Spielsystem war Aad de Mos einfach der falsche Mann.
Mir war bald schon klar, dass der Holländer vor allem menschliche Defizite hatte. In der Vorbereitung setzte er mich in jedem Spiel ein, er sagte es mir direkt ins Gesicht: »Uli, Sie sind mein Mann.« Vor dem ersten Saisonspiel gegen Fortuna Düsseldorf war ich mir absolut sicher, zur Stammformation zu
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