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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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dem Aufprall schrie ich auf, dann gingen die Lichter aus.
    Eingequetscht zwischen den Überresten meines Sportwagens wurde ich wieder wach. Ich hatte Schmerzen, ich blutete stark aus diversen Schnittwunden, doch schon wieder schien ich Glück im Unglück gehabt zu haben. Auf den ersten Blick konnte ich keine schwerwiegenden Verletzungen erkennen. Endlich trafen die Sanitäter ein. Sie befreiten mich aus dem Schrotthaufen und versorgten notdürftig die ersten Wunden. Die Polizei war auch schon da. Sie wussten genau, mit wem sie es zu tun hatten. Leidenschaftlich kämpften zwei Beamte mit den Sanitätern darum, mich mit aufs Revier zu nehmen, um mir dort endgültig den Führerschein abnehmen zu können. »Der Mann gehört ins Krankenhaus«, hörte ich einen Sani sagen. Den Polizisten war das egal. Sie setzten sich durch, packten mich in ihren Wagen und brachten mich zu ihrer Dienststelle. Ich war vollkommen am Ende. Betrunken und verwirrt durch den Unfall, vom Blutverlust geschwächt, hockte ich wie ein Häufchen Elend auf der Wache. Den Polizisten schien das egal zu sein, endlich hatten sie mich, ein paar Wunden an meinem Körper sollten sie jetzt nicht mehr von ihrem Triumph abhalten. Sie flössten mir Kaffee ein, damit ich wieder halbwegs zur Besinnung kam, und nahmen mir Blut ab. Ergebnis: 1,71 Promille. Meinen Führerschein war ich los. Endlich durfte ich ins Krankenhaus.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, schmerzte jede Stelle meines Körpers. Inzwischen hatten die Medien die Geschichte längst genüsslich verbreitet. »Borowka am Baum« stand in den Zeitungen, nach meinem Aussetzer Carmen gegenüber konnten die Deutschen schon wieder lesen, was für ein Saustall mein Leben doch war. Es dauerte nicht lange, bis mein Telefon klingelte. Der Manager zitierte mich aufs Präsidium. Man habe ein Hühnchen mit mir zu rupfen.
    Mit leerem Blick starrte ich den Schreibtisch des Vizepräsidenten an und hörte mir das Urteil der Werder-Bosse an. Tenor des Gesprächs: Das war zu viel, eine weitere Zusammenarbeit ist nicht mehr möglich, such dir einen neuen Verein. »Uli«, höre ich sie noch sagen, »es wäre besser, wenn du gehst.« Was für ein trauriges Ende nach neun Jahren Werder Bremen. Immerhin verstand ich die Ansprache von Manager und Vizepräsident so, dass man mich aus Dank für meine jahrelangen Verdienste ablösefrei gehen lassen würde. Da hatte ich die Herren offenbar missverstanden ...
    War ich traurig, als ich von meinem Quasirauswurf erfuhr? Eher nicht. Wem oder was sollte ich denn schon nachtrauern? Hatte ich mir nicht eh alles kaputt gemacht, was ich mir in Bremen aufgebaut hatte? Was gab es noch, was mich an einem Wechsel hindern sollte? Vielleicht war es sogar besser so. Weg von hier und dem ganzen Scheiß. Weg aus Oberneuland und dem Zuhause, das keines mehr war. Weg von dem Verein, der nach Ottos Abschied kaum mehr wiederzuerkennen war. Weg aus diesem Leben.
    Mein Berater Wolfgang Vöge schaute sich nach neuen Arbeitgebern für seinen Klienten um und schon bald meldete er sich mit neuen Informationen: Leeds United, der englische Traditionsverein, suchte für die Rückrunde einen erfahrenen Defensivspieler, um die zahlreichen Verletzten zu kompensieren. Leeds United. Dreifacher englischer Meister. Eine Mannschaft mit Superstars wie Tony Yeboah, Gary Speed und Tomas Brolin. Englischer Fußball! Das war ein Angebot nach meinem Geschmack. Wenige Tage nach Vöges Anruf flog ich nach England.
    Etwas verspätet erreichte ich mit dem Taxi wie verabredet das Stadion an der Elland Road. Kein Mensch war zu sehen. Ich blickte ins Stadioninnere – niemand da. Wo waren all die Spieler und Trainer? Sollte ich mich etwa mit dem Termin fürs Probetraining vertan haben? Da tauchte plötzlich Mick Hannigan auf, der Co-Trainer von Chefcoach Howard Wilkinson. Er führte mich in die Kabinen, ich zog mich um und stand kurz darauf alleine mit Hannigan auf dem Rasen im Stadion. »Wollen wir mal sehen, wie fit du bist«, verkündete der Brite und schickte mich auf die Reise. Wer noch niemals alleine mit einem englischen Co-Trainer in einem leeren Stadion Fitnessübungen durchgezogen hat, dem rate ich: Sollte diese Gefahr tatsächlich mal bestehen, dann nehmt die Beine in die Hand und sucht das Weite!
    Es war die Hölle. 90 Minuten lang ließ mich der Trainer Steigerungsläufe absolvieren. »Steigerungsläufe« bedeutete hier: Hinter dem Tor zügiger Dauerlauf, dann im Vollsprint die Seitenlinien runter! Runde um Runde

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