Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
Vom Netzwerk:
gehören. Doch als er vor dem Spiel in der Kabine mit der Kreide die Aufstellung an die Tafel kritzelte, war mein Name nicht dabei. Er hatte mich sogar aus dem Kader gestrichen. Fassungslos nahm ich ihn anschließend zur Seite: »Trainer, was soll das werden?« »Du passt nicht in mein System«, war alles, was er mir antwortete.
    Das 1:1 verfolgte ich mit Wut im Bauch auf der Tribüne im Weserstadion. Selbst die zornigen »Uli! Uli!«-Rufe der Werder-Fans konnten meinen Hass nicht dämpfen. Hier zeigte sich meine Wesensveränderung durch den Alkohol und die private Misere erneut: Anstatt mir vorzunehmen, mich wieder in die Mannschaft zurückzukämpfen, schwor ich Rache. Mein Kopf war voll von schlechten Gedanken.
    Am Montag nach dem Spiel legte ich es quasi darauf an, mich bei meinem Trainer unbeliebt zu machen. In der Mittagspause überredete ich Mario Basler und unseren Neuzugang Rudolfo Cardoso, mit mir beim Italiener Fünfe gerade sein zu lassen. Wir schaufelten uns Nudeln mit dicker Soße rein und spülten das schwere Essen mit einigen Flaschen Rotwein herunter. Beim Nachmittagstraining schlurften wir wie kranke Schildkröten über den Rasen. Es dauerte nicht lange, bis de Mos dahinterkam. Am Dienstag stand auf dem schwarzen Brett vor den Umkleidekabinen: »Mittwochmorgen: Straftraining Borowka, Basler, Cardoso«.
    Am nächsten Tag standen wir drei pünktlich um acht Uhr mit Co-Trainer Kalli Kamp am Osterdeich. Kalli war sichtlich schlecht gelaunt, schließlich war es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir bei diesem Straftraining nicht ausbüxten. Nach nur einer halben Stunde lockeren Warmlaufens beendete er die »Strafe«. Zurück am Weserstadion stand bereits Physiotherapeut Holger Berger bereit: Er hatte uns Frühstück von McDonald’s besorgt … Wir aßen uns satt und legten uns dann gemütlich schlafen. Eine knappe Stunde später tauchte de Mos auf. »Das soll euch eine Lehre gewesen sein«, sagte er mit triumphierendem Lächeln. Wir schauten uns nur grinsend an. »Danke, Trainer«, trompetete schließlich Mario, »da konnten wir endlich mal richtig frühstücken und ausschlafen!« De Mos verstand kein Wort.
    Die Geschichte war noch nicht vorbei: Nach den Trainingseinheiten nahm mich Kalli Kamp beiseite: »Uli, wenn du morgen vernünftig trainierst, dann bist du am Freitag gegen den HSV wieder mit dabei.« Leck mich doch am Arsch, dachte ich, erst sortiert der dich aus, dann lässt er dich laufen und jetzt hat er nicht mal die Eier in der Hose, mit dir persönlich zu sprechen! Der kann mich mal!
    Beim Trainingsspiel am Donnerstag setzte ich zu einer Grätsche an, schrie plötzlich auf und hielt mir das Knie. Kalli und de Mos kamen zu mir. »Uli, was ist los?« »Hab’ mir das Knie verdreht, verdammte Scheiße.« Humpelnd verabschiedete ich mich vom Training. Und von allem, was mir mal heilig gewesen war. Da war nichts mit dem Knie. Ich war kerngesund. Aber die Genugtuung, mich gegen den HSV wieder aufs Feld zu schicken, wollte ich dem Trainer nicht geben. Im Gegenteil: Sollten die Fans doch weiter »Uli! Uli!« rufen und de Mos in Erklärungsnot bringen!
    Mein Gott, so weit war es mit mir gekommen. Ich, der knapp 15 Jahre zuvor noch mit Bleiwesten trainiert hatte, nur um irgendwann einmal die Chance auf ein Bundesligaspiel zu bekommen, ich, der sich jahrelang für seine Vereine zerrissen hatte, der mit ausgeschlagenen Zähnen und blutenden Platzwunden gespielt hatte, schlich mich nun mit einer vorgetäuschten Verletzung vom Platz. Nur, weil ich es meinem Trainer heimzahlen wollte. Die Sauferei, der brutale Stress mit meiner Familie, der schlechte Führungsstil von Aad de Mos, all das vernebelte mir die Sinne und machte mich zu einem Menschen, der ich nie sein wollte. Zwar hatte ich schon einmal, vor den Olympischen Spielen 1988, eine Verletzung vorgetäuscht, um nicht Fußball spielen zu müssen, doch damals schämte ich mich wochenlang für mein Verhalten. Im August 1995 genoss ich Idiot noch meinen »Triumph« und suhlte mich in einer Suppe voller Rachegefühle. Es war erbärmlich. Das 3:3 im Derby gegen den HSV sah ich mir von der Tribüne aus an.
    Es war nicht so, dass ich mich bald vor mir selbst ekelte. Im Gegenteil. Eine Woche später stand ich, blitzgeheilt, beim 1:0-Sieg gegen den Karlsruher SC auf dem Platz. Stolz wie ein Gockel lief ich nach dem Spiel vom Rasen. Mein Blick in Richtung Aad de Mos sollte sagen: »Siehst du Trainer, wenn du dich mit mir anlegst, dem großen Uli Borowka,

Weitere Kostenlose Bücher