Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
Vom Netzwerk:
zu einer gruseligen Mischung.
    Im März 1995 explodierte schließlich eine Bombe, deren Lunte ich selbst angezündet hatte. Schon seit Monaten lag ich mir mit Carmen wegen unserer Finanzen in den Haaren. Im Rausch des vielen Geldes – bei Werder kam ich im Jahr, inklusive aller Prämien, auf gut 500000 DM Brutto – schien mitunter das Maß verloren zu haben. Zwar verdiente ich mit etwa 25000 Mark im Monat sehr gutes Geld, doch gingen davon regelmäßig 12000 DM als Fixkosten für unser Haus, die Autos und verschiedene Kredite drauf. Blieben zwar immer noch 13000 DM übrig, doch Carmen schaffte es in manchen Monaten bis zu 15000 DM für aus meiner Sicht unnötige Luxusgüter auszugeben.
    600 DM sollte auch ein Fußballerpaar nicht für eine einzelne Kinderjacke ausgeben.
    Die Auseinandersetzungen ums liebe Geld wurden immer schlimmer. Kein Abend verging, in denen wir uns nicht lautstark stritten. Was mal Liebe, Zuneigung und Geborgenheit gewesen war, hatte sich längst in Wut, Trauer und Verachtung verwandelt. Und meistens flüchtete ich dann in die Kneipe – noch ein Grund mehr für Carmen, sich über ihren Ehemann zu beklagen.
    Am 21. März 1995 fuhr ich am späten Nachmittag nach dem zweiten Training noch kurz bei meiner Bank vorbei. Am Automaten zog ich mir einen Kontoauszug. Für den Umbau unseres Hauses hatte ich mehrere zehntausend Mark beiseite gelegt, Geld, das nun plötzlich nicht mehr da war. Ich rannte zu einem der Schalter und erfuhr, dass das Geld erst kürzlich abgebucht worden war. Rasend vor Wut fuhr ich nach Hause und stellte meine Frau zur Rede. Sieben Jahre zuvor hätten wir die Angelegenheit vielleicht wie zwei erwachsene Menschen regeln können, aber dafür war es längst zu spät. Ich tobte, ich brüllte, und dass Carmen behauptete, sie wüsste nicht, wovon ich spreche, machte mich noch wütender. Wie so oft türmte ich aus meinem eigenen Haus und suchte Trost am Tresen.
    Zwei Stunden später war ich bereits stockbesoffen. Doch die Wut hatte selbst der Schnaps nicht ertränken können. Zu Hause angekommen, ging die Streiterei sofort von vorne los. Im Hausflur schrien wir uns an. Und dann sagte Carmen einen Satz, den ich folgendermaßen im Gedächtnis habe: »Wenn du mal keine Kohle mehr hast, bin ich sowieso weg!« In meinem Kopf brannten sämtliche Sicherungen durch. Vor Zorn ganz blind, jagte ich meine eigene Frau, die Mutter meiner Kinder, die Treppe hoch, packte sie am Hals und schlug ihren Kopf mit voller Wucht gegen die Wand.
    Was hatte ich nur getan?
    Vollkommen aufgelöst rief Carmen die Polizei. Ich stürmte aus unserem gemeinsamen Haus, das nach diesem Vorfall nie wieder ein Zuhause sein sollte, und rannte die Straße runter. Ich war auf der Flucht. Vor meiner Frau, der Polizei und vor allem vor mir selbst. Nur 300 Meter entfernt wohnte Oliver Reck, die Recks hatten ein Gästezimmer, hier verkroch ich mich fürs Erste. Schon nach ein paar Stunden hielt ich es nicht mehr aus. Wie ein Einbrecher in der Nacht schlich ich zu unserem Haus – wo ich von einer Polizeistreife in Empfang genommen wurde. Sie packten mich in ihren Wagen und fuhren mich aufs Revier. Die letzten Stunden dieser furchtbaren Nacht verbrachte ich in der Ausnüchterungszelle.
    »Borowka! Aufstehen. Sie können gehen.« Die schroffen Worte des Polizisten beendeten einen wirren Alptraum, doch die Realität war viel schlimmer. Als ich die Wohnungstür aufsperrte und vorsichtig hineinhorchte, war da niemand. Carmen hatte sich Irina und Tomek geschnappt und war verschwunden, zu ihrer Mutter, wie ich später herausfand.
    Ich packte meine Tasche und fuhr zum Training. Bremen ist eine kleine Stadt mit vielen Ohren, mein nächtlicher Ausfall hatte sich natürlich längst rumgesprochen. Die Bild- Zeitung berichtete von dem alkoholisierten Fußballer, der seine Frau geschlagen hatte. Als ich mit dem Auto zum Trainingsplatz fuhr, spürte ich tausend Augen, die mich anstarrten, tausend Finger, die auf mich zeigten. Ich schämte mich wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich hatte meine Frau verletzt. In dem Haus, wo unsere gemeinsamen Kinder lebten. Konnte man denn noch tiefer sinken?
    Jeder wusste es. Otto wusste es. Der Manager wusste es. Der Vizepräsident. Der von mir hoch geschätzte und später leider viel zu früh verstorbene Präsident Dr. Franz Böhmert wusste es. Meine Mitspieler wussten es. Die ganze Bundesliga wusste es.
    Carmen blieb tagelang unerreichbar. Wenn ich nach dem Training nach Hause kam, war

Weitere Kostenlose Bücher