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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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dann hast du keine Chance! Wenn du tust, was ich dir sage, gewinnen wir auch Spiele.« Ich fühlte mich viel größer, als ich eigentlich war. Eigentlich ging es mir beschissen. Mein Familienleben war der reinste Horror. Den einzigen Zuspruch bekam ich längst nur noch von den Schulterklopfern aus der Kneipe. Ich hatte den Zenit meiner sportlichen Leistungskraft überschritten. Doch gegenüber de Mos verhielt ich mich wie ein Superheld, dem nichts und niemand etwas anhaben kann. Ich befand mich im Krieg und glaubte, vollkommen verblendet, auf der Siegerseite zu stehen.
    Meine Alkoholexzesse wurden immer schlimmer. Hatten mir früher sieben Flaschen Bier die Lichter ausgeschossen, mussten es jetzt schon zehn Flaschen sein, ehe ich die gewünschte Wirkung verspürte. Bald darauf zwölf Flaschen, dann 15. Bier, Wein, Schnaps – ich soff alles, was ich in die Finger bekam. Meine Beziehung zu Carmen raste auf das große Finale zu. Dass ich nach unseren Streitereien in die Kneipe verschwand und meine Frau mit unseren Kindern zu ihren Eltern flüchtete, wurde bald zur Gewohnheit. Irina und Tomek litten furchtbar unter dieser Situation, doch statt mich irgendwie für meine Kinder am Riemen zu reißen, versuchte ich lieber den Kummer runterzuspülen.
    Am 30. September 1995 eskalierte die Lage endgültig.
    Als ich nach dem 2:2 bei Bayer Leverkusen spätabends nach Hause kam, waren sie weg. Meine Frau und meine Kinder, geflüchtet mit ein paar Koffern und Taschen. Vor mir.
    Und ich? Ich dachte: Die kommen schon zurück.
    Natürlich kamen sie nicht zurück. Mehrmals versuchte ich es, mal wütend, mal bettelnd, mal versöhnlich, mit Carmen am Telefon zu sprechen, ein paar Mal setzte ich mich in meinen Wagen und fuhr zu ihren Eltern, um wenigstens meine Kinder zu sehen. Doch nach Bremen, zu mir, würde meine Familie nicht mehr zurückkommen. Das wurde mir langsam klar.
    Für Werder absolvierte ich in der Hinrunde der Saison 1995/96 insgesamt noch zehn Spiele. Am 17. Spieltag, am 9. Dezember 1995, verloren wir mit 1:2 beim FC Schalke 04. In der 77. Minute, beim Stand von 1:0 für Schalke, wechselte de Mos mich für Angelo Vier aus. Das 239. Spiel für Werder sollte auch mein letztes sein. Wir beendeten die Hinrunde auf Platz 15. Im Januar 1996 wurde Aad de Mos entlassen.
    Nach dem Spiel gegen Schalke kaufte ich mir einen Porsche 911. Die vielleicht dämlichste Investition meines Lebens. Jahrelang hatte mein einziger persönlicher Luxus aus Swatch-Uhren und Krawatten bestanden, jetzt kaufte ich mir in einem Anflug von Schwachsinn diese Angeberkarre. Weiß der Teufel, warum ich das tat. Vielleicht, um mein inzwischen in den Keller gestürztes Selbstvertrauen künstlich wieder aufzupushen, vielleicht war es auch die letzte Zuckung eines Fußballstars, der es nicht wahrhaben wollte, dass sein schönes Leben nun langsam, aber sicher zu Ende ging. Jedenfalls bretterte ich mit meinem neuen Porsche gleich mal Richtung Mönchengladbach, um meine Familie zu beeindrucken. Nur Stunden später drückte ich das Gaspedal nach einem heftigen Streit mit Carmen bis zum Anschlag durch und rauschte in einem halsbrecherischen Tempo über die Autobahn nach Bremen. Bei Recklinghausen begann es plötzlich wie aus Eimern zu schütten. Mir war das egal, ich gab weiter Gas. Plötzlich verlor ich die Kontrolle über den Wagen, durch Aquaplaning geriet der Porsche aus der Fahrspur, ich rutschte über die Autobahn, drehte mich viermal und kam zum Stehen. Nur um Haaresbreite verfehlte mich ein LKW, dessen Fahrer in letzter Sekunde noch das Lenkrad herumreißen konnte. Das wäre der sichere Tod gewesen.
    Wer nun glaubt, diese Beinahekatastrophe wäre mir eine Lehre gewesen, der irrt sich. Mir war ja eh schon alles scheißegal.
    Es war der 12. Januar 1996. Einsam hockte ich meinem leeren Kasten in Oberneuland und schüttete mir mal wieder alles rein, was der Kühlraum so hergab. Mein Telefon klingelte. Ein damaliger Werder-Mitspieler fragte, ob ich nicht noch Lust hätte, mit ihm in einem nahe gelegenen Hotel einen saufen zu gehen. Natürlich hatte ich das. Besser zu zweit sich betrinken als alleine. Gesellschaft konnte ich gut gebrauchen. Ich setzte mich in meinen Porsche und bretterte los. Die Straßen waren nass und ich war besoffen – eine gefährliche Mischung. Irgendwo auf der Dorfstraße verlor ich die Kontrolle über meinen Wagen, schlidderte über den Seitenstreifen und krachte seitlich mit ziemlicher Geschwindigkeit gegen einen Baum. Kurz vor

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