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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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Fuggern für die heutige Zeit lernen?
    Dass man global denken muss. Lokal handeln, wissen wo man hingehört – und global denken. Nur ein globales Denken befreit uns vor den Unglückseligkeiten des letzten Jahrhunderts.
    Wilfried Scharnagl 9 hat vor einiger Zeit gefordert, Bayern müsse aus der Bundesrepublik austreten und einen eigenständigen Staat gründen – würden Sie in Stuttgart Asyl beantragen, wenn es so weit käme?
    Ich habe keine Sorgen, dass das Wirklichkeit wird.
    Aber das hat doch was: Bayern – ein eigenes Land in Europa!
    Wissen Sie, Herr Kienzle, womit das manchmal zusammenhängt? Es gibt den einen oder anderen Bayern, nicht schwäbischen Bayern, sondern den Altbayern, der glaubt, dass Bayern ein Kontinent sei – und das ist es nicht.
(Er lacht.)
Es ist auch kein Planet!
(Er lacht.)
Insofern verfolge ich diese Diskussion, in der ja auch Gauweiler 10 die Vorgänge in Europa mit dem Ende von Ludwig II. vergleicht, mit etwas intellektueller Belustigung und der gebotenen christlichen Gelassenheit.
    Aber wenn man den Gedanken mal zu Ende führt: Würden die bayerischen Schwaben automatisch in Bayern bleiben oder würden die dann doch eher sagen: nein, soweit kommt es nicht?
    Die Altbayern, die das wollen, müssten gut Obacht geben, dass sich Bayern dann nicht fragmentiert. Ich erinnere die Herrschaften an das bedeutungsschwangere Jahr 1976, als Franz Josef Strauß und einige andere in Wildbad Kreuth glaubten, als Vorstufe für die Abspaltung Bayerns von der Bundesrepublik Deutschland die CSU von der CDU trennen zu müssen. 30 Vertreter der Landesgruppe waren damals für diesen kongenialen Gedanken. 18, darunter ich, waren dagegen. Damals hat Helmut Kohl dem Franz Josef Strauß gesagt: »Wenn du das machst, dann gründe ich die CDU in Bayern.« Umfragen haben damals ergeben, dass die CSU in Bayern in einem solchen Fall auf nur knapp 30 Prozent gekommen wäre – und die CDU auf 20 Prozent. Die CSU hätte also keine Mehrheit mehr gehabt und hätte die CDU als Koalitionspartner gebraucht. Und noch ein interessanter Gedankengang: Die Hanns-Seidel-Stiftung, wo Wilfried Scharnagl Vorstandsmitglied ist, bezieht ihre Hauptfinanzmittel vom Bund.
(Er lacht.)
Also, der eingeweihte und kundige Theo Waigel warnt vor diesem Experiment.
    Es gibt ja den wunderbaren Schmäh: »Die Bayern und die Schwaben, die schissen in den Graben. Aus dem Gestank entstand der Frank!«
    Das ist bös!
    Das unterstellt, dass die Schwaben mit den Altbayern kollaborieren.
    Der Lech ist die Sprachgrenze geblieben und die bayerischen Schwaben haben sich da nicht assimiliert! Wenn Sie heute in Landsberg von Bayern nach Schwaben rüber fahren, dann können Sie fünf Kilometer vorher noch Urbayerisch hören und zwei Kilometer danach ein richtiges Schwäbisch.
    Aber dieses »Mir-san-mir«-Bewusstsein« – das haben die Schwaben nicht.
    Nein. Das braucht es auch nicht. Wenn ein paar Hundert Oberbayern in den Vatikan fahren, dann sagen die wirklich: »Mir san Papst!« 11 Der Schwabe würde hinfahren und sagen: »Beichta möcht i do ned!« 12
(Er lacht.)
    Die Schwaben ducken sich häufig weg, sind zu Kompromissen bereit, sind nachdenklich. Das kann man von den Bayern nicht behaupten.
    Wegducken würde ich nicht sagen. Nachdenklich sind die Schwaben.
    Ich habe gelesen, dass Sie Ernst Jünger bewundern – und gleichzeitig auch den marxistischen Philosophen Ernst Bloch. Wie geht das zusammen?
    Ich bringe noch ein paar andere zusammen. Ich mag zum Beispiel Joseph Bernhart und Ernst Wiechert. Und genau vor einer Woche stand ich am Grab von Immanuel Kant in Königsberg. Das ist für mich der Größte. Aber auch der Schwierigste. Mein Gott, ist der für einen Juristen schwierig zu erfassen!
    Jünger war eine komplizierte Persönlichkeit.
    Eine ganz komplizierte Persönlichkeit. Begeistert hat mich sein »Pariser Tagebuch«, wo er an der Seite von Stülpnagel 13 in der schwierigen Zeit der Besatzung als deutscher Hauptmann Kontakt zu den französischen Intellektuellen hielt, mit denen so gut es nur ging konferierte und mit ihnen zusammenkam – und auch als Deutscher akzeptiert wurde. Das fand ich genial. Stülpnagel war ja jemand, der unverkennbar zum Widerstand gehört hatte.
    Für die Linke ist Jünger ein Feindbild.
    Auf der anderen Seite haben ihn Felipe González und François Mitterand besucht – der ist nicht so ohne Weiteres irgendwo einzuordnen. Die Zusammenarbeit mit Stülpnagel hätte ihn ja auch das Leben kosten können. Ernst Jünger

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