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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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morgens in den Spiegel schauen – was für einen Landsmann sehen Sie dann?
    Einen Schwaben, der im Regierungsbezirk Schwaben lebt.
    Aber Sie reden mit bayerischem Akzent.
    Herr Kienzle, reden Sie keinen Schafsscheiß!
(Er lacht laut.)
Ich bin Schwabe! Echter Schwabe! Ihr in Baden-Württemberg nennt euch Württemberger, ihr nennt euch Badener und Hohenzoller und weiß der Teufel alles. Bloß nicht Schwaben.
    Gibt es eine Rivalität zwischen den bayerischen und den Württemberger Schwaben?
    Nein, natürlich nicht. Ich mag die Württemberger Schwaben. Wir waren ja lange genug beieinander. Es hätte ja auch die Möglichkeit gegeben, dass der alte Regierungsbezirk Schwaben beieinander bleibt, aber Napoleon hat das 1805 durch einen Kaiserschnitt anders entschieden. Damals haben mehrere Schwaben, unter anderem der Pfarrer von Thalfingen, erklärt: »Jetzt sind wir also bayerisch. Gott gnade uns. Amen.« Aber so schlimm ist es nicht gekommen.
    Man hat sich seitdem etwas auseinander entwickelt, aber es gibt auch viele Gemeinsamkeiten.
    Aber die Bajuwarisierungswelle rollt. Wenn man zum Beispiel die Sprache nimmt: Man sagt doch im Allgäu nicht mehr Bierstüble, sondern Stüberl. Nicht mehr Fleischküchle – sondern Fleischpflanzerl?
    Mir ist einmal ein unverzeihlicher Fehler passiert. Ich habe in einem Radiointerview gesagt, ich sei am Sonntag auf der Kappeler Alm gewesen. Darauf kam sofort ein empörter Brief eines wirklichen bayerischen Schwaben und der hat gesagt, das heißt: »Alpe! Nur der Bajuware sagt Alm! Der Schwabe sagt Alp.« Und seitdem ist mir das nie mehr passiert. Beichelsteiner Alp, Kappeler Alp. Es heißt Alp.
    Sie leben in Seeg im Allgäu?
    Ich lebe in Seeg, ja. Bin aber ein gebürtiger Mittelschwabe und Unterländer. Ich habe mal zu meiner Frau, als ich die Irene 2 kennengelernt habe, gesagt: »Ist eigentlich schon schön, dass wir beide Schwaben sind.« Worauf sie mich kühl angeschaut und gesagt hat: »Du vielleicht scho’ – i bin a Allgäuerin.« Eins aber müssen Sie wissen: Meine Frau hat ihre erste Meisterschaft mit zwölf oder mit 13 Jahren gewonnen. Das hieß Flachlandmeisterschaft – weil Seeg der nördlichere Teil der Skigemeinschaft des Allgäus war. Damals musste sie sich »Flachlandmeisterin« nennen. Das ist höchste Ironie. Wenn Sie mir also so kommt, dann sage ich zu ihr »Du bischt ja Flachlandmeisterin.«
(Er lacht herzlich.)
    Wo beginnt denn das Allgäu?
    Ach Gott – wenn ich Ihnen die Wahrheit sage, kann ich mich im Allgäu nicht mehr sehen lassen.
    Sagen Sie’s trotzdem!
    In einer Zeitschrift habe ich einmal gelesen: »Das Allgäu beginnt dort, wo d’Küh schöner sind wie d’Mädla.«
(Beide lachen.)
Das habe ich einmal beim Essen meinen Schwiegereltern erzählt – ein zweites Mal trau ich mich das nicht mehr. Wo das Allgäu beginnt, war eine lange umstrittene Frage. Ist es Kempten, ist es Memmingen, ist es Kaufbeuren? Wo ist es? Wenn ich als Unterländer aus Mittelschwaben in Richtung Süden fahre und auf einmal, mit dem Auto kommend so um Memmingen rum oder im Zug vor Kaufbeuren bei Buchloe, geht die Silhouette auf und die Allgäuer Berge erscheinen – dann geht einem das Herz auf. Und dann weiß man: Man ist in der schönsten Region dieser Welt.
    Ist das für Sie dann Heimat?
    Das ist Heimat.
    Nicht Bayern, sondern das Allgäu?
    Das ist das Allgäu. Heimat ist enger. Heimat ist nicht das Land. Heimat ist das Tal, ist die Sprache, ist der Bach, ist der Wald. Und es sind die Menschen.
    Jetzt werden Sie ja richtig sentimental.
    Sentimental? Das ist so, Herr Kienzle.
    Und doch ist es für Sie eine Wahlheimat. Sie sind Augsburger und nicht Allgäuer Schwabe. Mittelschwabe, wie Sie sagen.
    Es ist eine Wahlheimat, aber eine Wahlheimat, wo die Menschen sind, die mir am nächsten stehen. In Ursberg-Oberrohr, dem Dorf aus dem ich stamme, da liegen meine Eltern auf dem Friedhof. Da sind meine Großeltern begraben. Der ältere Bruder ist gefallen und liegt in Niederbronn im Elsass mit 15000 anderen Soldaten. Die Menschen, an denen ich jetzt hänge, die leben in Seeg. Und wenn ich über Nacht aufwache, dann höre ich auf einer nahe gelegenen Alpe das Schellen der …
    Kühe?
    … der Kuhglocken! Manche können da nicht schlafen. Für mich ist das so schön wie das Läuten von Kirchenglocken.
    Sie haben mal gesagt: Wenn man sieben Schwaben aufeinanderlegt, erkennt man keinen Unterschied.
    Der oberste ist so verdruckt wie der unterste!
    Die Schwaben sind verdruckt? Eigentlich ziemlich

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