Ultimo
Mund und spült sie mit einem Schluck aus der Mineralwasserflasche hinunter. Vor Mitternacht hater nichts anderes erwartet. Wirklich interessant wird es erst ab zwei Uhr früh.
Weiß fragt, ob er frischen Kaffee besorgen lassen soll.
Zoff verneint. Er habe einen sensiblen Magen.
„Stress?“, erkundigt sich Weiß gleichgültig, leert den Plastikbecher und wirft ihn achtlos aus dem Fenster. „Ärger und Stress. Das kenne ich.“
Stress.Mit dieser Diagnose wird hierzulande derzeit ja alles begründet. So belastet fühlt sich der Oberstleutnant aber gar nicht. Zwar kränkt ihn die Strafversetzung nach Wien natürlich immer noch, und der Abschied von Marlene nagt an ihm, aber sonst? Na gut, die Literatur. Sein Verleger will noch20Texte für den neuen Gedichtband. 20Gedichte. Der ist gut. Glaubt der denn, die kann er sich einfach so nebenbei aus dem Ärmel schütteln? Und das Buch braucht einen Titel. Das Läuten des Telefonsreißt ihn aus den Gedanken.
„Hallo? Zoff spricht.“
„Ich weiß. Wie geht es dir?“, fragt Marlene zaghaft.
„Ich binin Ordnung“, meint er, steigt noch einmal aus und geht so weit zur Seite, bisWeiß ihn nicht mehr hören kann. „Wie immer. Und du? Immer noch traurig?“
„Was glaubst du?“
„Keine Ahnung. Sag es mir.“
„Was willst du hören?“
„Die Wahrheit.“
„Wahr ist, dass du mir ganz schrecklich wehgetan hast.“
„Tut mir leid. Ich hatte keine Wahl.“
„Die hat man immer.“
„Ich nicht. Ich wollte dich nicht verletzen, Marlene.“
„Du tust es immer noch.“
„Falls du mich je geliebt hast, vergiss mich.“
„Das kann ich nicht, Peter. Ich würde gerne, aber es geht nicht.“
„Du musst. Hörst du? Du musst! Und ruf nicht mehr an. Ich bitte dich.“
„Nimm mir nicht auch noch das Letzte. Was habe ich dir denn getan? Was vergibst du dir, wenn du ab und zu mit mir redest? Dann höre ich deine Stimme und bin beinahe wieder so etwas wie glücklich. Was wäre so verwerflich daran, ab und zu miteinander zu reden?“
„Dann reden wir eben manchmal miteinander“, lenkt Zoff ein. „Am Telefon.“
„Wirklich? Ich darf dich also anrufen, wenn ich nicht mehr weiter weiß?“
„Du darfst mich anrufen, Marlene, sofern es dich glücklich macht.“
„Das tut es. Wirklich. Danke, Peter. Schlaf gut.“
Kopfschüttelnd verstaut Zoff das Telefon in der Außentasche seiner schwarzen Lederjacke. Verdrossen verzeichneter das leichte Zittern seiner Knie und das Kribbeln, das von seinem Nacken aus über die Schultern nach vorne rollt und ganz langsam über Brust und Bauch in Richtung Becken gleitet. „Wenn du wüsstest, wie sehr ich mich nach dir sehne“, flüstert er unglücklich und lehnt sich erschöpft gegen die Motorhaube des Geländewagens.Stumm heulen seine Augen den Mond an, der jetzt ziemlich zentral über der Grenze steht .
Nachdenklichholt erSchreibblock und Stift aus seiner Jacke, überlegt kurz und notiert.
„ Wir hatten die Tage der Freiheit genossen und waren an alle Grenzen gegangen “, zitiert er leise. „ Doch dann kam dieser Schmerz von innen heraus, wurde stärker und erwürgte mein Atmen. Es war wegen all dieser Ausweglosigkeit, dass ich dir weglief und so laut schrie, dass kein Mensch mich hören konnte. Seither sind viele Tage vergangen, und ich habe dieses eigenartige Gefühl des Abgestorbenseins. “
***
Die Wetteränderung war lange vorhergesagt.
Am Dienstagmorgen tritt sie ein.
Die Quecksilbersäule fällt auf 9 Grad Celsius, und kurz nach acht beginnt es zu nieseln.
Weiß döst noch hinterm Lenkrad, und Zoff liegt auf der Rücksitzbank des Dienstwagens und pennt, als Martin Forstinger an die Seitenscheibe klopft und ihn weckt.
Eine Stunde später sitzen die beiden Ermittlerauch schon in einem gemütlichen kleinen Kaffeehaus in Voggau und widmen sich einem ausgedehnten Frühstück.
„Fast alle Fahrzeuge mit Kennzeichen von Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, wurden an der Grenze ordnungsgemäß kontrolliert“, fasst Zoff seine nächtlichen Wahrnehmungen zusammen. „Nur18 Pkws aus Serbien, Bosnien, Mazedonien oder Albanien passierten die Grenze ohne Kontrolle und wurden von den mobilen Zivilstreifen der Zollfahndung im Hinterland gestoppt. Es waren Familien auf Urlaubsreise und Gastarbeiter auf dem Rückweg nach Deutschland.“
„Kein Schmuggelgut zu finden?“
„Nichts. Aber wir stehen ja erst am Beginn.“
„Und du meinst, unsere Aktivitäten sind niemandem aufgefallen?“
Da sei er
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