Ultimo
reißt. Marlene. Ob er ihr Päckchen erhalten habe, fragt sie.
Er versteht nicht. „Wovon redest du?“
„Von meinem Geburtstagsgeschenk.“
„Hast du es womöglich nach Wien geschickt?“
„Selbstverständlich. Adressiert ans Bundesministerium für Inneres, Büro für Interne Angelegenheiten.“
„Da bin ich nicht mehr.“
„Wieso?“
„Man benötigt mich in Graz.“
„Gott sei Dank. Und was machst du so den ganzen Tag?“
„Wieso fragst du?“
„Bloß so. Es geht dir nicht gut, nicht wahr?“
„Unsinn. Es geht mir blendend.“
„Du lügst. Wieso tust du das?“
„Keine Ahnung. Aber okay. Es geht mir mies.“
„Brauchst du jemanden?“
„Wen? Dich?“
„Zum Beispiel mich. Ja.“
„Nein, Marlene. Ich brauche dich nicht.“
„Wieso sagst du das? Ich weiß ja, dass du dich nach mir sehnst. Ich höre es am Klang deiner Stimme. Und ich höre, dass du angeschlagen bist. Schon wieder der Magen?“
„Ja. Ich dachte schon, das hätte sich erledigt. Irrtum.“
„Du musst zum Arzt. Bald. Bitte.“
„Morgen. Ja. Morgen. Ich denke, es geht nicht anders.“
„Und deine Frau?“
„Lass Nina aus dem Spiel.“
„Wie du willst. Aber du gehst zum Arzt, versprochen?“
„Ich schwöre es.“
„Wie steht es um dein Buch? Ist es fertig?“
„Zwei bis drei Texte noch. Und ich brauche einen Titel.“
„Denk an mich. Dabei fällt dir schon etwas ein.“
„Ich will aber nicht an dich denken.“
„Sag das nicht. Schreib über uns. Schreib dir den ganzen Schmerz von der Seele. Schreib, und denk an mich und meinen Kummer, mein Liebster.“
„Ich bin nicht mehr dein Liebster.“
„Bist du doch.“
„Bin ich nicht.“
„Du bist es. Solange ich lebe. Du bist in mir. Für immer.“
Da atmet Zofftief durch und legt auf.
Minutenlang hockt er bloß still da und lauschtin sich hinein. Dann greift er nach einem Blatt Papier und einem Kugelschreiber, notiert seine Gedanken und murmelt vor sich hin, was ihm gerade so einfällt.
„ Auf zu neuen Ufern? Und wieder einmal geklammerte Nächte, gespiegeltes, gebrochenes Licht. Wir nehmen Abschied. Gehen. Und gehen wohin? An Plätze, wo kein Wenn mehr ist und auch kein Aber. Aber nie vergeht mit leichtem Sinn, wo einmal Liebe war .“
***
Zoffs Montagvormittag geht beim Arzt drauf.
Drei Stunden blödes Herumsitzen im Wartezimmer, gefolgt von einer hastigen Gastroskopie mit flüchtiger Befundbesprechung.
„Ihre Magengeschwüre machen wieder Ärger“, seufzt der Arzt. „Die sind stark gereizt. Mit medikamentösen Mitteln scheinen wir nicht so richtig zum Erfolg zu kommen. Also sollte man irgendwann doch einmal operieren. Am besten gleich. Also ab ins Krankenhaus.“
„Kommt nicht infrage“, lehnt Zoff brüsk ab. „Geben Sie mir neue Tabletten. Stärkere.“
„Von mir aus, aber die können auch keine Wunder wirken. Wir sollten Nägel mit Köpfen machen. Hören Sie auf mich. Ich meine es gut mit Ihnen.“
„Ach, hören Sie doch auf. Wie oft soll ich es denn noch sagen? Ich kannjetzt nicht. Ich bin Kriminalbeamter und habe zu tun.“
„Wie Sie wollen. Es ist Ihr Magen, nicht meiner. Da haben Sie das Rezept. Die Apotheke ist gegenüber.“
„Danke. Und nichts für ungut, Herr Doktor. Ich weiß, was ic h an Ihnen habe. Auf Wiedersehen.“
Einekühle PriseempfängtZoff, als er ins Freie tritt. Fluchend ziehter den Kopf zwischen die Schultern und überquert hastig die Straße. Heute fühlt er sich nur noch alt und krank und einsam. Die 14 Euro Rezeptgebühr bezahlt er, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann telefonierter nach einem Taxi und lässt sich ins Landeskriminalamt bringen.
Der Uhrzeiger springt gerade auf 13 Uhr, als er im Büro eintrifft. Kaum sitzt er hinterm Schreibtisch, ruft sein Verleger an und mahntihn zur Abgabe des Buchmanuskripts. Obwohl er immer noch keine Ahnung hat, wie der Titel des Gedichtbands lauten soll, gelobt Zoff, das in den nächsten Tagen zu erledigen. Dann trinkt er Mineralwasser aus der Plastikflasche, schluckt eine seiner neuen Pillen und verdrückt das an einem Verkaufsstand erstandene Sandwich.
20Minuten später kommt Polli. Die Kripo Belgrad habe gegen einen Besuch der Grazer Kollegen nichts einzuwenden, berichtet er. Alsotelefoniert Zoffrasch mit dem Bundeskriminalamt und holt die Genehmigung für seine Auslandsermittlungen ein. Dann besucht er den Landeskriminaldirektor, referiert über den aktuellen Stand der Morderhebungen und skizziert die weitere Vorgehensweise.
Die verbliebene
Weitere Kostenlose Bücher