Ultimo
Lächeln steht sie auf, verschwindet kurz im Schlafzimmer und kommt mit einem Päckchen zurück. Eine Nachlese zu seinem Geburtstag, meint sie verlegen und legt es ihm auf den Tisch. Vielleicht freueer sich ja noch darüber.
Überrascht bedankt sich Zoff und reißt ungeduldig das Geschenkpapier auf. Ein Buch. „ Wie soll ich meine Seele halten “, liest er den Titel vom Umschlag ab. „Liebesgedichte von Rainer Maria Rilke.“ Zoff bedankt sich mit einem Kuss, trinkt seinen Tee aus, nimmt das Buch und macht sich auf die Socken.
***
Zwei Stunden später auf der GrenzpolizeistationIrrach.
In Brechts ehemaliger Kanzlei wartet Zoff auf Martina Heinrich, während sich sein Kollege Schulz im Nebenbüro um Helga Koch kümmert.
Fünf Minuten vor zehn klopft es an der Tür und eine junge, geschmeidige Rothaarige mit rehbraunen Augen tritt ein.
„Mein Name ist Heinrich. Herr Oberstleutnant Zoff?“
„Bin ich. Guten Morgen. Nehmen Sie Platz.“
Die junge Frau bedankt sich, zieht ihre Jacke aus und setzt sich. Sie trägt ein blaues Kleid, dessen Saum sie nervös nach unten schiebt. Unbeeindruckt fragtZoff nach ihrem Geburtsdatum und ihrem Wohnsitz und tippt die Antworten in seinen Laptop ein.
„Sie waren mit Brecht liiert, hat man mir gesagt“, eröffnet er das Gespräch.
„Wir haben ein paar Mal miteinander geschlafen. Er war ein geschiedener Mann, hatte Charme, und er gefiel mir.“
„Und was sagten die Kollegen dazu?“
„Ich war erst eine Woche auf der Dienststelle, als er sich an mich heranmachte, und hatte keine Ahnung von seinem Ruf. Im Grunde kann ich mich jetzt bloß noch versetzen lassen.“
„Wussten Sie von Frau Koch?“
„Natürlich nicht. Die kratzte mir fast die Augen aus. Und dann auch noch dieser peinliche Auftritt in Salzburg.“
„Welcher Auftritt?“
„Eine gewisse Frau Oberst Wagner beschimpfte mich dort. Ich war fassungslos.“
„Wann war das?“
„Am Samstag vor Bennos Tod. Benno hatte eine Einladung vom Oberbürgermeister. Wir waren im Sternbräu, im Stadtzentrum.“
„Was lief da? Erzählen Sie.“
„Die Freundin unseres Gastgebers lieferte eine Szene. Sie nannte mich ein Flittchen.“
„Bei welcher Gelegenheit?“
„Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion. Einem gut besuchten Sicherheitsstammtisch. Während wir uns mit dem Oberbürgermeister unterhielten, saß sie an seiner Seite und tat sehr fein, wenn Sie wissen, was ich meine. Irgendwie geriet Benno deshalb in Streit mit ihr, und da kanzelte sie mich plötzlich derart ab, dass er auf sie losging.“
„Auf welche Art und Weise?“
„Er behauptete, sie hätte Rieder ohne ihn nie kennengelernt und sie schlafe sich planmäßig nach oben. Da verlor sie die Nerven und warnte ihn.“
„Sie drohte?“
„Sie sagte, er werde das büßen.“
„Und wie reagierte Brecht?“
„Der lachte bloß. Später erzählte er mir, er sei mit der Frau einmal befreundet gewesen. Vor ein paar Jahren.“
„Und die heißt Wagner?“
„Die Stellvertreterin des Salzburger Landeskriminaldirektors“, bestätigt das Mädchen. „Nachdem wir aus Salzburg zurück waren, schlief ich noch zwei Mal mit Benno, ehe ich von seiner Affäre mit der Kollegin Koch erfuhr. Daraufhin verkroch ich mich zu Hause und schaltete Klingel und Telefon ab.“
„Haben Sie einen Verdacht, wer Brecht umgebracht haben könnte?“
„Nein. Ich kenne hier niemanden und werde auch nicht bleiben.“
„Wurde er auf der Dienststelle angefeindet? Gibt es Mitarbeiter, die ihn hassten?“
„Ich hatte nicht den Eindruck.“
„Und von Sorgen privater Natur ist Ihnen auch nichts bekannt?“
„Nein. Zu mir war er aufmerksam, liebevoll und witzig. Ich glaube nicht, dass er sich besondere Sorgen machte.“
„Und politisch? Gab es da mit jemandem Probleme?“
„Wir sprachen nicht über Politik. Er fand mich sexy, und ich mochte seine zupackende Art. Das war die Ebene, auf der wir uns bewegten. Mehr war da nicht.“
Nachdenklich lässt Zoff sie das Protokoll unterzeichnen und begleitet sie an die Tür.Kaum hat sie die Kanzlei verlassen, klingelt Zoffs Mobiltelefon.
Sein Analytiker ist dran. Die Erhebungen bei den Irracher Kommunalpolitikernseien abgeschlossen, berichteter. Auf nennenswerte Ergebnisse könne er leider nicht verweisen. Brecht habe sich großer Beliebtheit erfreut. Bei seinen Parteifreunden, und sogar beim politischen Gegner. Weit und breit kein Todfeind zu entdecken. Auch kein Philosophieexperte.
„Und sein privates Umfeld?“
„Ich
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