Ultimo
Fremdenverkehrsort Sankt Johann eineHerberge zu finden, ist dann zum Glück nicht so schwierig. Zoff wählt ein ruhiges Hotel am Ortsrand.
Der grauhaarige Typ, der ihm schon seit Salzburg im Nacken sitzt, wartet noch zehn Minuten, ehe er ebenfalls Zoffs Quartier betritt. Er bezieht das Zimmer neben seiner Zielperson und folgt Zoff, der eine halbe Stunde später ins Ortszentrum spaziert und sich ins größte Wirtshaus am Platz setzt.
Dort lernt Zoff rasch ein paar Einheimische kennen, mit denen er plaudert. Bald drehen sich die Gespräche umMenschen, die von hier fortgegangen sind,um in der großen weiten Welt ihr Glück zu suchen.
Und Zoff erfährt, was aus ihnen geworden ist und wie es ihnen davor zu Hause ergangen war.
An diesem Dienstagmorgen fallen die Temperaturen unter null, die Straßen sind voller Schneematsch, und Zoffs Brille beschlägt, während er an der Klimaanlage des blauen Audis dreht. Sekunden später rammt er einen Gartenzaun und kommt erst auf einem unbebauten Grundstück unmittelbar am Ortseingang zum Stehen. Damit hat der neueste Dienstwagen des LKA Graz eine gewaltige Delle am rechten Kotflügel und Zoff eine Beule an der Stirn. Fluchend telefoniert er nach der Polizei, lässt den Unfall aufnehmen, und fragt nachdem Weg zum Gymnasium.
Als er wieder in den Wagen steigt, ruft Polli an. Pechstein habe angerufen. Der Ministerwolle wissen, ob der Mordfall Freiher schon geklärt sei.
„Was hast du geantwortet?“
„Dass wir auf dem besten Weg dazu sind. Was hätte ich denn sonst sagen sollen? Übrigens haben wir einen neuen Mordfall. Eine 17-jährige Schülerin. Erschlagen. Ein sexueller Hintergrund liegt offenbar nicht vor. Das bedeutet, dass wir wieder einmal ganz schön unter Druck sind, aber falls du in Salzburg Hilfe benötigst, könnte ichWilli schon ein paar Tage entbehren.“
„Ob das jetzt schon Sinn macht, weiß ich noch nicht“, sagt Zoff. „Du hörst von mir.“
Seit er diesen verdammten Gartenzaun gerammt hat, rebelliert Zoffs Magen. Verdrossen schluckter eine Schmerztablette.Eine Viertelstunde später hält er vor der Schule und parkt das Auto auf dem Gehsteig. Ein anderer Stellplatz ist nicht zu finden. Der Eingang ist dann gottseidank unversperrt und der Weg zur Schulleitung gut beschildert.
Ob er sich noch an Bettina Wagner erinnern könne, fragt Zoff den hochgewachsenen, graubärtigen Direktor zehn Minuten später in dessen Büro. Natürlich. Die sei eine ganz ausgezeichnete Schülerin gewesen. Sprachlich begabt, auch literarisch talentiert. Eine Gerechtigkeitsfanatikerin. Ihr Vater allerdings habe keinen guten Ruf gehabt. Ein aufbrausender Mensch. Unberechenbar. Deshalb sei ihre Mutter auch ziemlich früh auf und davon. Die einzige Tochter habe sie allerdings bei ihrem Mann zurückgelassen. Leider.
„Hat er das Mädchen geschlagen?“
„Das wurde gemunkelt. Beweise dafür fehlten. Keine blauen Flecken, keine Abschürfungen. Ihr Klassenvorstand versuchte schon ab und zu, sie auszufragen, aber Bettina war ein eher verschrecktes Kind. Es war nichts aus ihr herauszubringen.“
„Zeigte sie besonderes Interesse an Philosophie?“, erkundigt sich Zoff.
„Bei uns noch nicht“, antwortet der hagere Schulleiter. „Erst später. Sie studierte sechs Semester an der Universität Wien, soviel ich weiß.“ Nachdenklich nimmt der Direktor seine Hornbrille ab, zieht ein Taschentuch aus dem Hosensack und beginnt, sie damit zu putzen. „Unglücklicherweise brach sie das Studium ab und ging zur Polizei“, murmelt er dabei gedankenverloren. „Schade drum.“
„Und ihr Elternhaus ist tatsächlich abgebrannt?“
Der Direktor nickt. „Bis auf die Grundmauern. Ein paar Tage nach der Maturafeier. Da war Bettina aber bereits in Wien. Bei ihrer Mutter.“
„Ihr Vater ist verbrannt?“
„Nein, der war im Wirtshaus. Meines Wissens starb er zwei Jahre später als Sozialhilfeempfänger. An einem Leberleiden.“
***
Ein Koalitionskrach droht?
Die Gerüchte sind geschickt gestreut.
Rieder soll die Ausschüttung von drei Milliarden Euroan die Universitäten und Fachhochschulen zur Koalitionsfrage erklärt haben.
Im Büro des Oberbürgermeisters herrscht Hektik. Im Minutentakt rufen Journalisten an und bitten um ein Interview. Susanne Vogt muss eine weitere Bürokraft anfordern, um der ständigen Telefonanrufe Herr zu werden.
„Susi! Zum Chef!“, bellt Alexander Grein, während er Rieders Bürotür ansteuert. „Wir müssen die Veranstaltung an der Uni besprechen. Das
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