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Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Titel: Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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weiß, dass das Labyrinth von einer großen Anzahl von Menschen bewohnt wird. Und dass sich die Menschen, die im Labyrinth wohnen, im Zimmer des Gleichgewichts treffen.«
    »Aber woher weißt du dann, wo es liegt?«
    Plötzlich hörten sie einen dumpfen Ton, der so klang wie das Schlagen einer sehr weit entfernten Trommel oder Glocke. Er breitete sich wie eine Welle in dem Gang aus und verhallte dann wieder.
    »Was war das?«, fragte Anita erschrocken.
    »Es kam von dort hinten«, erwiderte Jason.
    Der Riese lauschte konzentriert. Dann drehte er sich langsam zu ihnen um und sagte: »Dann müssen wir dorthin gehen.«
    Zephir ging voraus, Anita und Jason folgten. Es gab nichts Besonderes zu sehen. Der Gang verlief schnurgerade zwischen hohen Mauern. Ab und zu kamen sie unter einem eleganten Bogen durch. Sie sahen nirgends Fenster und trotzdem blieb der Gang stets von dem warmen goldenen Licht erfüllt.
    Ganz unerwartet gelangten sie in den ersten Saal. Er war rund, und die Decke war so hoch, dass sie sie in dem nach oben hin immer intensiver werdenden Licht kaum erkennen konnten. In dem Raum stand ein ganzes Heer von unterschiedlichsten Statuen. Da waren Statuen von Menschen und von Tieren, sehr große und sehr kleine, und auch zahlreiche abstrakte Statuen. Sie standen so dicht beieinander, dass die drei gerade so zwischen ihnen hindurchgehen konnten. Ein eigenartiger Luftzug wirbelte zwischen den Statuen goldene Staubwirbel auf. In der Nähe mancher Statuen war der Luftzug so stark, dass sie die Augen zukneifen und mit geschlossenem Mund atmen mussten. An anderen Stellen dagegen herrschte nur eine ganz leichte Brise, die sanft ihre Knöchel umspielte.
    Zephir hatte hier sichtlich Mühe, sich zu orientieren.
    »Weißt du, wo wir sind?«, fragte ihn Jason irgendwann.
    »Ich glaube, das ist der Saal der Ideen«, murmelte der Riese.
    »Willst du damit sagen, dass jede dieser Statuen eine Idee ist?«, fragte Anita ungläubig.
    »Genau«, bestätigte Zephir. »Und der Wind trägt sie weit fort.«
    Anita verspürte den unwiderstehlichen Drang, eine der Statuen wenigstens mit den Fingerspitzen zu berühren, aber weil sie sich nicht ganz sicher war, ob das eine gute Idee war, ließ sie es lieber bleiben.
    Es dauerte lange, bis sie den Saal durchquert und die Einmündung in einen Gang erreicht hatten, der genauso aussah wie der, in dem sie vorhin gewesen waren. Der Riese zögerte eine Weile, drehte sich dann um und begann nach einem anderen Ausgang zu suchen.
    »Warum nehmen wir denn nicht den?«, wollte Jason wissen.
    Zephir zeigte ihm, dass der goldene Staub, der vom Wind in den Gang geweht wurde, dort sofort eine graue Färbung annahm und seinen Glanz verlor. »Ich fürchte, dass es dort in die Zimmer des Schreckens geht.«
    »Und was ist in den Zimmern des Schreckens?«
    »Zerstörte Dinge«, erwiderte Zephir.
    Schließlich erreichten sie einen weiteren Gang und gelangten durch ihn wieder in einen Raum, den Zephir für den Raum des Windes hielt, den Ursprung aller Winde der Welt. Sie durchquerten auch ihn. Nachdem sie durch etliche weitere Gänge und Räume gewandert waren, kamen sie endlich im Zimmer des Gleichgewichts an.
    Zephir hatte es vorhin richtig beschrieben.
    Sie hörten die Stimmen schon, bevor sie eintraten. Es waren Stimmen von Männern und Frauen, erheiterte und strenge Stimmen, halblaute Diskussionen, Geflüster, Gelächter und angeregte Unterhaltungen.
    Jason begann schneller zu gehen und stellte erstaunt fest, dass er bereits einzelne Gesprächsfetzen verstehen konnte.
    »Aber was für eine Gefahr denn?«
    »Von wegen seelenruhig! Wir sind praktisch abgeschnitten!«
    »Ich kann es noch gar nicht glauben. Mehr als drei Tage lang war ich unterwegs, und was hat es mir genützt?«
    Endlich hatten Zephir, Jason und Anita die Schwelle erreicht und konnten in den Raum hineinsehen.
    Das Zimmer des Gleichgewichts war wesentlich kleiner als der Saal der Ideen, im Gegensatz dazu aber halb leer. Das Zimmer ging in ein Amphitheater über und war mit zahlreichen Tischen, Stühlen und Lampen eingerichtet. Von der vergoldeten Decke hingen Fahnen von Nationen, die sie noch nie gesehen hatten. Andere Fahnen waren an den Wänden aufgespannt. Mitten im Raum thronte ein großes Rednerpult.
    Die ungefähr zwanzig Menschen, die sich im Zimmer befanden, hatten sich in mehrere Grüppchen aufgeteilt.
    Jason und Anita hatten den Eindruck, in zwei unterschiedliche Veranstaltungen im Vorraum eines Hörsaals oder eines Sitzungssaals

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