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Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Titel: Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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er bald finden würde, war anders als alles, was er sich vorgestellt hatte.
    Er blieb an einer Stelle stehen, die bereits unter dem Meeresboden lag.
    Der Tunnel hier sah sehr alt aus, mindestens so alt wie die Höhle, in der die Metis vor Anker lag. Von der gewölbten Decke tropfte Wasser, das den Boden glatt und rutschig machte und an vielen Stellen Pfützen bildete. Es roch so durchdringend nach toten Fischen und verfaulten Algen, dass Jason kaum Luft bekam.
    Oben lief seitlich an der Decke ein Kabel entlang, und in Abständen von jeweils dreißig Metern waren Minenlampen angebracht, die den Tunnel notdürftig beleuchteten. Hier und da standen altes Werkzeug und Material herum: Hammer, Drahtrollen, Wasserwaagen, aufgeweichte Kartons voller Zahnräder und anderer mechanischer Teile.
    Hinter einer Biegung im Neunzig-Grad-Winkel begannen zwei Gänge, die mit den Ziffern Eins und Zwei markiert waren. In einer Ecke in der Nähe fand Jason Überreste von Knochen und einen Kaninchenschädel. Kein Anblick, der auf eine ernst zu nehmende Gefahr hinwies, aber ein bisschen gruselig fand Jason es doch. Über dem Häufchen Knochen hing eine Pinnwand aus Kork mit unzähligen Skizzen, Schemazeichnungen von elektrischen Anlagen und anderen Notizen, die im Laufe der Zeit so verblasst waren, dass man sie nicht mehr lesen konnte.
    Jason berührte einen Zettel und er zerfiel sofort.
    Vorsichtig schob er die anderen beiseite und entdeckte endlich ein robusteres Stück Papier. Es sah aus wie eine ausgerissene Seite aus Ulysses Moores Notizbüchern. Darauf zu sehen war die Skizze eines Felsens, auf dem sich zwei Sirenen ausruhten. Zwei Meerjungfrauen, diese mythischen Wesen, die halb Frau und halb Fisch gewesen sein und Seeleute ins Verderben gelockt haben sollten. Als Jason die Zeichnung sah, musste er lachen, denn sofort begriff er auch den Sinn seines seltsamen Knochenfunds: Es war ein Scherz, der auf die Odyssee anspielte, die Geschichte der Irrfahrten des antiken Odysseus oder Ulysses. Darin war auch von ausgebleichten Knochen der Seeleute die Rede gewesen, die den Sirenen zum Opfer gefallen waren.
    Unter der Zeichnung stand eines von Ulysses Moores kurzen, rätselhaften Gedichten:
    Zwei sind die Wächter, die das Meer bewachen,
    furchterregend und bewaffnet mit Speeren.
    Drei sind die Freunde, die sich ihnen stellen,
    mutig und bereit, sich erbittert zu wehren.
    Jason versuchte nicht einmal, die Verse zu verstehen. Er konnte sich ungefähr denken, wer die »Wächter« waren, doch er hatte gerade keine zwei Freunde, mit denen er sich »ihnen stellen« konnte. Er musste allein mit allem fertigwerden.
    Er entschied sich für den linken Gang. Nach einigen wenigen Schritten erreichte er Stufen, die zu einem winzigen Zimmer führten, das innen mit Fischschuppen tapeziert zu sein schien.
    Als Jason über die Schwelle trat, schaltete sich eine kleine Lampe ein.
    Der Fußboden des Raums bestand aus mehreren ineinandergesteckten Metallreifen. Aus der Mitte des innersten Kreises ragte ein Holm, auf den ein Sitz montiert war. Der Raum hatte die Form eines stumpfen Kegels und war nicht, wie Jason zuerst gedacht hatte, mit riesigen Fischschuppen, sondern mit genieteten Stahlplatten ausgekleidet, die einander ein paar Meter über seinem Kopf spiralig überdeckten. Um den Sitz herum und zwischen den verschiedenen Metallreifen ragten acht ungefähr einen Meter lange Hebel hervor, und Jason vermutete, dass je zwei davon für einen Ring des Fußbodens zuständig waren. Ein Schaltpult war nirgends zu entdecken. Dafür war in eine Wand ein achteckiges Loch eingelassen. Es sah aus, als müsse man einen Schlüssel hineinstecken, um die Maschinerie des Zimmers in Gang zu setzen.
    Der Fußboden klang unter seinen Schritten hohl. Vorsichtig bewegte er einen der Hebel und stellte fest, dass er sowohl nach vorne als auch nach hinten etwas Spielraum hatte.
    Er betrachtete eingehend die von der Eisenplattenspirale geschützte Decke, die Metallreifen am Boden und die schuppenartige Wandverkleidung. Dann verließ er den Raum wieder.
    Der rechte Gang führte in ein beinahe identisches, wenn auch etwas kleineres Zimmer.
    Jason lehnte sich an einer Wand an.
    »Zwei Wächter, die das Meer bewachen …« Er musste an die Sharp Heels denken, die beiden Felsnadeln, die vor Salton Cliff aus dem Meer ragten, und überlegte, ob sich die beiden Zimmer jeweils unter einer der Felsnadeln befanden.
    »Bewaffnet mit Speeren.« Die »Speere« könnten die Hebel sein, die aus den

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