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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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durch?
    Verschmutztes Taschentuch: ein Medizinfläschchen. Fiel da nicht eine Pastille? Was, ist sie etwa…?
    - Es muß grad Neumond gewesen sein, sagte sie. Dann ist es immer besonders schlimm mit ihm.
    Wissen Sie, was er gestern nacht gemacht hat?
    Ihre Hand hörte auf zu kramen. Ihre Augen richteten sich starr auf ihn, wie von Panik geweitet, doch lächelnd.
    - Was? fragte Mr. Bloom.
    Laß sie nur reden. Sieh ihr grad in die Augen. Ich glaube Ihnen. Vertrauen Sie mir.
    - Hat mich mitten in der Nacht aufgeweckt, sagte sie. Hatte geträumt, einen Albtraum.
    Gestörte Verdau.
    - Sagte, Pik-As käme die Treppe rauf.
    - Nein wirklich, Pik-As! sagte Mr. Bloom.
    Sie nahm eine gefaltete Postkarte aus ihrer Handtasche.
    - Lesen Sie das, sagte sie. Er hat’s heute morgen gekriegt.
    - Was ist denn das? fragte Mr. Bloom, die Karte nehmend. U. P.?
    - U. P.: up, sagte sie. Irgendwer will ihn auf die Palme bringen. Das ist doch wirklich ein starkes Stück, egal wer’s getan hat.
    - Wahrhaftig, sagte Mr. Bloom.
    Sie nahm die Karte wieder an sich und seufzte.
    - Und jetzt ist er unterwegs zu Mr. Mentons Büro. Will eine Klage einreichen, auf zehntausend Pfund, sagt er.
    Sie faltete die Karte wieder in ihre schlumpige Tasche zurück und ließ die Schließe zuschnappen.
    Dasselbe blaue Serge-Kleid hatte sie schon vor zwei Jahren, mit dem ausbleichenden Flor. Hat seine besten Tage längst hinter sich. Dünner Haarwisch über ihren Ohren. Und diese schlampige Toque, drei alte Weintrauben dran, damits nicht gar zu dürftig aussieht. Schäbige Eleganz. Dabei hat sie sich immer schick gekleidet früher. Falten um den Mund. Bloß ein Jahr oder so älter als Molly.
    Dieser Blick, den die Frau ihr zuwarf eben, im Vorbeigehn. Grausam. Das unschöne Geschlecht.
    Er sah sie immer noch an, seine Unzufriedenheit zurückhaltend hinter seinem Blick. Scharfe Mockturtle, Ochsenschwanz, Mulligatawny. Ich hab allmählich auch Hunger. Flocken von Backwerk auf dem Zwickel ihres Kleids: auf ihrer Backe ein Schmier von Puderzucker.
    Rhabarbertorte mit reichlicher Füllung, reiches Fruchtinneres. Josie Powell von einst. Bei Luke Doyle früher mal, lange her schon, Dolphin’s Barn, die Scharaden. U. P.: up.
    Thema wechseln.
    - Sehn Sie eigentlich Mrs. Beaufoy noch manchmal? fragte Mr. Bloom.
    - Mina Purefoy? sagte sie.
    Philip Beaufoy, an den hab ich gedacht. Playgoers’ Club. Matcham denkt noch oft an den Meisterstreich. Hab ich eigentlich die Strippe gezogen? Ja. Der letzte Akt.
    - Ja
    - Ich hab grad reingeschaut auf dem Heimweg, ob sie’s gut überstanden hat. Sie liegt auf der Entbindungsstation in der Holles Street. Dr. Horne hat sie eingewiesen. Ist schon drei Tage überfällig jetzt.
    - Oh, sagte Mr. Bloom. Das tut mir aber leid.
    - Ja, sagte Mrs. Breen. Und zu Hause einen ganzen Stallvoll Kinder. Eine sehr schwere Geburt, hat die Schwester mir gesagt.
    - Oh, sagte Mr. Bloom.
    Sein schwerer bemitleidender Blick sog ihre Nachricht auf. Seine Zunge plapperte Teilnahme. Ts!
    Ts!
    - Das tut mir aber wirklich leid, sagte er. Das arme Ding! Drei Tage schon! Das muß ja schrecklich für sie sein.
    Mrs. Breen nickte.
    - Dienstag fing es schon an…
    Mr. Bloom berührte leicht ihren Musikantenknochen und warnte sie.
    - Geben Sie acht! Lassen Sie den Mann vorbei.
    Eine knochige Gestalt kam vom Fluß her am Bordstein entlang geschritten, mit entrücktem Blick durch einen schweren, an einer Schnur befestigten Kneifer ins Sonnenlicht starrend. Knapp wie eine Perücke umgriff ein winziger Hut seinen Kopf. An seinem Arm baumelten ein gefalteter Staubmantel, ein Stock und ein Regenschirm zu seinem Schritt.
    - Also sehn Sie sich den da an, sagte Mr. Bloom. Er geht immer außen um die Laternenpfähle. Sehn Sie nur!
    - Wer ist denn das, wenn man fragen darf? fragte Mrs. Breen. Hat der ‘ne Meise?
    - Er heißt Cashel Boyle O’Connor Fitzmaurice Tisdall Farrell, sagte Mr. Bloom lächelnd. Sehn Sie!
    - Der hat seinen Schlag weg, sagte sie. Denis wird auch nochmal so werden eines Tages.
    Sie brach plötzlich ab.
    - Da ist er ja, sagte sie. Ich muß hinter ihm her. Wiedersehn. Grüßen Sie doch Molly von mir, ja?
    - Gerne, sagte Mr. Bloom.
    Er sah ihr nach, wie sie sich durch die Passanten auf die Schaufenster zuschlängelte. Denis Breen kam in mickrigem Gehrock und blauen Segeltuchschuhen bei Harrison herausgeschlurft, zwei schwere Folianten an die Rippen pressend. Wie vom Himmel gefallen. Und ganz wie in früheren Zeiten. Er ließ sich von ihr einholen, ohne jede

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