Um die Wurst (German Edition)
Die reden nur.«
»Und ihr? Was habt ihr gemacht?«
Marlena sah erst zu Stark, dann zu Belledin.
»Angefangen, die Welt zu verändern.«
Belledin schob sich zwischen Marlena und Stark. Er wollte das Gespräch übernehmen. »Die Welt verändern, soso. Und wie? Indem ihr mit Pflastersteinen die Schaufenster von Metzgereien einschlagt.«
Marlena schwieg.
»Komm, wir fahren. Wir können uns ja noch auf dem Weg nach Freiburg genauer darüber unterhalten.«
»Ich fahr mit ihr«, sagte Marlena und drehte sich zu Stark. »Sie müssen doch bestimmt auch aufs Revier. Und bei Ihnen darf man auch im Auto rauchen, oder? Jedenfalls riechen Sie so.«
*
Killian hatte vergessen, die SIM -Karte in seinem Handy zu wechseln, deswegen hatte ihn Moshe auch so leicht erreichen können. Er hatte ihn abgewimmelt. Es ging nicht anders. Er brauchte Pause. Der letzte Einsatz hatte ihn ausgelaugt. Sein Akku hielt nicht mehr so lange wie früher, Moshe musste das akzeptieren. Es gab Jüngere, die noch auf Abenteuer brannten und darauf hofften, mit ihren Fotos die Welt zu verbessern. Killian war dieser Illusion längst beraubt.
Er öffnete das Handy, nahm die SIM -Karte heraus und schob sie in ein Klarsichtetui. Er hoffte, dass er sie nicht so bald wieder einlegen würde. Dafür passte er eine andere ein und schloss das Handy. Er entsperrte es und war wieder bereit für die Welt am Kaiserstuhl.
Aber es klingelte nicht. Dafür klopfte es am Schiebetor des Ateliers. Killian öffnete. Bärbel stand vor ihm. Ihre grünen Augen waren rot gerändert und geschwollen.
»Nimm mich in den Arm«, sagte sie leise.
Killian zog sie an sich. So standen sie schweigend zwei Minuten, ehe sich Bärbel löste.
»Danke.«
»Willst du Kaffee?«, fragte Killian, und sie nickte. Er verschwand in die kleine Küche und setzte für Bärbel in einer Blechkanne Kaffee auf, für sich selbst kochte er heißes Wasser.
Bärbel setzte sich auf das abgenutzte Polster des barocken Sofas, eines der raren Möbel, die in Killians Atelier Gemütlichkeit boten, und wartete, bis er den Kaffee brachte. Sie gab einen Löffel Zucker dazu und rührte; auch dann noch, als der Zucker längst aufgelöst war.
»Willst du mir sagen, was los ist?«, fragte Killian.
Bärbel stellte das Rühren ein. »Erik Schwarz ist tot. Er wurde ermordet. Belledin war gerade in der Schule. Ich war zufällig da, weil ich noch Kopien für –« Weiter kam sie nicht, weil sie einen neuen Weinkrampf unterdrücken musste. Sie atmete zitternd durch und sprach gefasst weiter. »Weil ich noch Kopien von unseren Flugblättern machen wollte.«
Killian setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. Sie schluchzte an seiner Brust, dann stieß sie sich ab und sah ihm ernst in die Augen.
»Hilfst du mir, die Schweine dranzukriegen?«
»Wen meinst du?«
»Ginter und seine Schlächter.«
»Du verdächtigst den Schlachthof?«
»Wen sonst? Es muss irgendjemand aus der Metzgermafia gewesen sein. Erik hatte sonst keine Feinde.«
»Kanntest du ihn so gut?«
»Was soll das? Ich habe dir doch gesagt, dass ich mit ihm nichts hatte.«
»Du kanntest ihn erst seit Anfang des Schuljahres. Ein Mensch hat auch eine Vergangenheit. Und die verfolgt einen hin und wieder.«
»Sprichst du jetzt von dir?«
Er schwieg. Ja, er sprach wohl von sich selbst. Auch ihn konnte die Vergangenheit jederzeit einholen. Er mochte gar nicht daran denken, wie viele Menschen Grund hatten, sich an ihm zu rächen. Er trank einen weiteren Schluck und sah an Bärbel vorbei ins Nichts.
»Entschuldige«, hörte er wie von fern ihre Stimme. »Vermutlich hast du recht. Ich kannte Erik sonst nicht. Ich weiß nicht, was er vorher gemacht hat, ich weiß auch nicht, warum er nach Breisach versetzt worden war.«
Killian landete wieder im Jetzt. »Wo war er denn davor?«
Bärbel druckste. »Birkenwaldschule, in Hessen.«
Er horchte auf. Die Schule war vor einigen Jahren in den Medien zerlegt worden, weil ein Pfuhl von Missbrauchsdelikten offengelegt worden war. Es hatte mit wenigen ehemaligen Internatsschülern begonnen, die sich mit ihrem Trauma an die Öffentlichkeit gewagt hatten. Dann war daraus ein Skandalnetz gewachsen, das bis in die obersten Spitzen der Pädagogen-Gurus reichte.
»Aber er hatte nichts mit den Vorfällen dort zu tun. Er hat einfach wechseln müssen, weil er die Belastung nicht ausgehalten hat. Er war eine ehrliche Haut.« Bärbel starrte auf die Espressotasse in ihren Händen. »Die man ihm abgezogen hat.«
Killian sah
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