Um die Wurst (German Edition)
nicht von hier. Das ist es. Ihr Temperament, ihre Arbeitsweise. Ich werde einfach nicht warm mit ihr. Was hast du über sie noch rausgefunden?« Belledin knabberte an dem Pappbecher und legte den Kopf in den Nacken, um den Zuckerbrei auszuschlürfen. »Wohin damit?« Er zeigte auf den leeren Becher.
Wagner nahm ihn und sah Belledin einen Moment unschlüssig an. Dann rang er sich doch durch.
»Stark isch eine von meiner Sorte«, begann er.
»Wie? Säuft sie etwa? Oder nimmt sie Drogen?«
Wagner schüttelte den Kopf und tippte mit dem Zeigefinger gegen seine Stirn. »Hier obe hat sie Probleme. Was ich Ihnen jetzt sag, isch aber vertraulich. Das dürft ich gar nicht wisse. Es steht in keiner der offizielle Akte.«
»Ah, geheime Kontakte. Fängst du jetzt auch schon damit an. Kann irgendeiner in meinem Umfeld noch den geraden Dienstweg gehen?«
»Ich kann’s auch für mich behalte.« Wagner tat eingeschnappt.
»Spuck’s aus.«
»Sie isch hyperintelligent, kommt aber mit den Welten nicht klar.«
»Was hat hyperintelligent mit dir zu tun?«
»So wie ich Kriminalfäll mit Leichtigkeit lös, wenn sie als Roman oder Bericht vor mir liege, so sehr zehrt es an meinen Nerve, wenn ich tatsächlich einen angehe soll.«
»Reden wir jetzt von dir?«
»Bei Stark isch es so, dass sie die Trennung von Gut und Böse nicht halten kann. Ein Phänomen von viele, die undercover eingesetzt werden.«
»Wer hat dir das diktiert?«
»Glaube Sie’s oder glaube Sie’s nit.«
»Sie war undercover? Oder ist sie hier undercover? Wagner, was weißt du? Und woher? Wer ist dein Kontakt?« Belledin wurde laut.
»Ich bin im Archiv. Da weiß man vieles. Und auch wenn diese Ordner hier aussehe, als wäre das System von vorgeschtern, haben wir auch Datenbänke. Außerdem habe Sie angeordnet, ich soll mich über sie schlaumachen. Und Kontakte verrät man nicht.«
»Ist ja gut. Mach’s nicht so lang. Erzähl einfach.«
»Stark war an einer Sache dran. Russische Mafia im Rheinland. Vor allem Köln und Düsseldorf. Schewtschenko –«
»Schewtschenko?«, wiederholte Belledin, und seine Kinnlade fiel ihm runter. » Der Schewtschenko?«
»Exakt.«
Belledin klatschte mit der flachen Hand auf einen von Wagners Ordner, dann zog er düster die Augenbrauen zusammen. »Warum sagt mir das keiner?«
Wagner zuckte mit den Achseln. »Sie sollte vermutlich eine zweite Chance kriegen.«
»Wieso, was hat sie angestellt?«
»Sie war die Geliebte von Schewtschenko.«
»Stark?«
Wagner nickte. »Ich weiß, sie ist nicht Ihr Typ, aber Kerlen wie Schewtschenko und mir gefallen Frauen dieses Kalibers.«
»Weiter.«
»Am Duisburger Hafen sollte eine halbe Tonne Heroin umgeschlagen werden. Schewtschenko war selbst vor Ort, Stark an seiner Seite. Irgendjemand musste ihm einen Tipp gegebe habe, dass sie eine von uns war. Aber er knallte sie nicht ab. Entweder er hatte sie bereits umgedreht oder –« Wagner stockte.
»Oder was?«, fragte Belledin ungeduldig.
»Oder Schewtschenko hatte sich tatsächlich so sehr in sie verliebt, dass ihm ihr Verrat alles andere sinnlos erscheinen ließ. Er sprengte sich in seinem Wage in d’ Luft, ehe die Kollege ihn fasse konnte.«
»Ich erinnere mich. Stand groß in den Zeitungen. Aber man vermutete, dass es interne Gegner waren, die Schewtschenko hatten beseitigen wollen. Aus Liebeskummer bringt sich so einer nicht um. Schon gar nicht wegen einer wie Stark.«
»Die Zeitunge schreibe immer nur das, was sie dürfe.«
»Bis auf die Badische. Die schreibt immer, was sie will. Jedenfalls was mich betrifft. Weiter.«
»Das Heroin war wohl in Amsterdam auf die Reise geschickt worde, der Container allerdings leer. Jemand muss den Russen einen Tipp gegebe habe, sodass sie auf dem Wasser Gelegenheit hatte, umzuladen.«
»Stark?«
Wagner zuckte mit den Schultern. »Hat sich nie zu dieser Sache geäußert. Bekam einen Nervenzusammenbruch und war für ein Dreivierteljahr in einer Klinik.«
»Aha. Daher weht dein Kontakt. Und jetzt ist sie hier zur Reha? Leck mich doch am Arsch!« Belledin versetzte Wagners Ordner einen weiteren Schlag. Der Karton knickte.
*
Stark war noch immer wütend. Was bildete dieser Fotofuzzi sich eigentlich ein? Mit keiner Zuckung hatte er ihren Kuss erwidert. Als wäre sie ein Stück Holz. Am liebsten hätte sie ihm sein Maul in Fetzen gebissen, diesem selbstgefälligen Affen.
Manowar schepperte übersteuert aus den Boxen ihrer Autoanlage. Sie befand sich irgendwo auf dem Zubringer zwischen
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