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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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ihnen für ein Unrecht, das er selbst begangen hatte, zu rächen.
    Erst Mitte Januar 2003 erfuhr ich, dass Vorwürfe wegen möglicher Gewaltandrohungen gegen den Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner erhoben worden waren. In dieser Zeit kam Daschner in mein Büro. Das alte Polizeipräsidium war umgezogen in einen Neubau. Ich hatte mir eine kleine Musikanlage für das Büro gekauft und sie bei der Gebühreneinzugszentrale angemeldet. Er kam herein, schaute sich kurz um, und mir fiel in diesem Moment nichts anderes ein, als zu sagen: »Die Musikanlage ist ordnungsgemäß angemeldet.«
    »Wir haben wichtigere Probleme«, sagte Daschner und klärte mich auf.
    Hatte Endres seine Chance erkannt, aus dem Mordprozess gegen seinen Mandanten einen »Schauprozess« gegen den Polizeivizepräsidenten und mich zu konstruieren und den Mörder als Opfer polizeilicher Willkür zu präsentieren?
    Diese Frage stellte Wolfgang Daschner abschließend. Sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf und verschaffte mir schlaflose Nächte.
    Gäfgen hatte seit Monaten einen Verteidiger, er ist vernommen worden, hatte Kontakte mit Staatsanwälten und Richtern, war über mehrere Tage von einem hervorragenden Psychiater und seinem Team begutachtet worden. Wenn er sich von mir ernsthaft bedroht gefühlt hatte, warum sagte er dies erst jetzt?
    Wen konnte ich um Rat fragen? Mir wurde klar, dass ich einen Rechtsanwalt benötigte. Nur über ihn konnte ich erfahren, was Gäfgen dazu bewogen hatte, mehr als drei Monate nach seiner Befragung durch mich zu behaupten, ich hätte ihn bedroht. Was hatte er in seinen Vernehmungen, was während seiner Exploration gesagt?
    Im Nachhinein ist mir klar, dass spätestens nach der Vernehmung Gäfgens am 15. Januar 2003 bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt einige Unruhe entstanden war.
    Denn Endres würde die Presse benachrichtigen, unangenehme Fragen waren zu erwarten.
    Seit dreieinhalb Monaten kannte die Strafverfolgungsbehörde den Vermerk Daschners – und sie hatte bisher nichts unternommen. Jetzt musste ein Weg gefunden werden, den Medien ein Opfer zu liefern.
    Am 27. Januar 2003 verfügte Staatsanwalt Koch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Polizeivizepräsident Daschner und mich wegen des Verbrechens der Aussageerpressung nach § 343 StGB.
    Die Sachbearbeitung wurde Staatsanwalt Wilhelm Möllers übertragen. Ich kannte zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Lügen in Gäfgens Aussage über meine angeblichen Drohungen.
    Am 30. Januar 2003 wurde Gäfgen noch einmal verhört. Richterin Stilp sollte ihn zu seinen Vernehmungen vom 14. Oktober und 17. Oktober 2002 anhören.
    Vor Beginn der eigentlichen Vernehmung wurde er wieder über sein Recht belehrt, dass er zur Sache aussagen oder schweigen dürfe, dass er das Recht habe, vor einer Einlassung zur Sache anwaltlichen Rat einzuholen und Beweiserhebungen zu verlangen. Anschließend wurde eine Erklärung seines Verteidigers Endres protokolliert, in der betont wurde, die bedrohliche Situation, die anlässlich seiner ersten polizeilichen Vernehmung bestand, bestehe nicht mehr fort; dies gelte auch schon für die Vernehmungen vom 14. Oktober und 17. Oktober 2002, die Gegenstand der richterlichen Vernehmung sein sollten.
    Gäfgen bestätigte diese Erklärung.
    Die beiden staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle wurden dann verlesen, der Angeklagte brachte an einzelnen Stellen Berichtigungen oder Erläuterungen an.
    Am Ende der Vernehmung wurde folgende Erklärung des Angeklagten protokolliert:
    »Die bedrohliche Situation war am Morgen des 01.10.02. Bei meinen späteren Sitzungen wurde ich nicht mehr bedroht, und ich fühlte mich nicht mehr bedroht. Ich habe mich zur Tat geäußert, weil es mir ein Bedürfnis war. Auch heute fühle ich mich nicht bedroht …«
    Im Tagesspiegel erschien am 18. Februar 2003 auf Seite 1 folgender Artikel:
    »Mordfall Jakob: Die Ermittler wollten den Täter foltern
Frankfurts Polizeivizepräsident hielt Drohung mit Gewalt bei der Vernehmung schriftlich fest
    Anwalt spricht von Verbrechen
    Der mutmaßliche Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler sollte von der Polizei gefoltert werden. Dem Tagesspiegel liegt ein interner Vermerk von Frankfurts Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner vor, laut dem der festgenommene, 27 Jahre alte Jurastudent G. ›nach vorheriger Androhung, unter ärztlicher Aufsicht, durch Zufügung von Schmerzen (keine Verletzungen) erneut zu befragen ist‹. Die Staatsanwaltschaft leitete deshalb

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