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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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die im Strafrecht für Notwehr, Nothilfe und den rechtfertigenden Notstand gelten, ergänzt um einen für Polizeibeamte angehobenen Verhältnismäßigkeitsmaßstab.
Aber Justitias Blick sollte auch das Entführungsopfer sehen: Wenn wir davon ausgehen müssen, dass Untätigbleiben dessen Leiden verlängert, dann können wir nicht beim ›zwanglosen Zwang des besseren Arguments‹ stehenbleiben. Dann müssen wir uns zwischen zwei schlimmen, unmenschlichen, würdelosen Lagen entscheiden: für die zweitschlechteste Lösung!«
    – Prof. Dr. Volker Erb, mittlerweile Johannes Gutenberg-Universiät Mainz:
»Hier muss vielmehr sehr wohl berücksichtigt werden, dass der Entführer, der sein Opfer willkürlich gefangen hält und aus eigensüchtigen Gründen in nicht zu überbietender Form instrumentalisiert und erniedrigt, seinerseits gegen die Menschenwürde verstößt – und zwar in gravierenderer Form als derjenige, der ihn mit vis compulsiva dazu veranlassen will, diesen Zustand zu beenden.«
    – Prof. Dr. Walter Grasnick, Universität Marburg:
»Auf Justitiae Waage liegt jetzt einerseits die Würde des Erpressers, auch wenn von der zu sprechen, wie Kissel angemerkt hat, ›emotional wahrlich nicht leichtfällt‹. Das Gegengewicht, die Gegengewichte: das Leben seines Opfers. Und dessen Würde. Wie seltsam, dass nicht wenige Gutmenschen die gar nicht mehr sehen. Ich habe mit der gebotenen Abwägung keine Schwierigkeit. Dann entfällt eine Strafbarkeit wegen Nötigung.«
    Trotz des Risikos, mich zu wiederholen, stelle ich noch einmal kurz klar:
    Folter kann und darf niemals erlaubt sein. Ebenso wie die Todesstrafe ist sie in keiner Form und unter keiner Bedingung akzeptabel. Wir brauchen in Deutschland auch keine Gesetze, die dieses Tabu lockern.
    In unserem Falle ging es um Nothilfe, um ein Kinderleben zu retten. Wir wollten nie eine Aussage erpressen.
    Es braucht auch keine Gesetze, die allgemein vorschreiben, wer sich in einem Entführungsfall wie zu verhalten habe. Jeder Fall ist anders, jeder Fall ist ein Einzelfall, der auch als solcher zu behandeln ist. Unsere Gesetze reichen aus, Staatsanwaltschaft und Gericht müssen sie nur korrekt anwenden. Und sie sollten sich dabei nicht von medialem Getöse beeinflussen lassen.
    Das Leben eines Menschen kann nicht zum Inhalt einer kalten juristischen Debatte degradiert, Rechtsprinzip gegen Leben abgewogen werden. Das darf nicht sein!
    Läge das Leben meines Kindes, Ihres Kindes in der Hand eines Verbrechers, wollten wir dann nicht, dass alles dafür getan werde, um es zu finden und zu retten, oder würden Sie Ihr Kind für ein starres Rechtssystem opfern?
    Ungefähr so: Der Entführer will nicht sprechen, dann muss mein Kind eben sterben.
    Nein, es muss nicht sterben, deshalb gibt es ja Gesetze zur Notwehr und Nothilfe, sie werden im polizeilichen Alltag auch angewendet.
    Nur in unserem Fall wurde fälschlicherweise sofort von Folter gesprochen, wurde gleich vor einem deutschen Abu Ghraib gewarnt oder vor einem Rückfall ins Mittelalter oder ins Dritte Reich. Aus einem Einzelfall wurde ein Dammbruch konstruiert, der zu einem Folterstaat führen würde.
    Das hat den Blick von den eigentlichen Tatsachen und Problemstellungen abgelenkt.
    Ein Kind wird entführt und vieles spricht dafür, dass es lebt, wahrscheinlich nicht versorgt wird und sich in einer hilflosen Situation befindet. Die Lebenserwartung ohne Flüssigkeitszufuhr beträgt bei einem Kind maximal vier Tage. Der Entführer wird gefangen und behauptet, das Kind lebe und sei bewacht. Er sagt aber nicht, wo sich das Kind befindet. Die Zeit läuft ab. Der Entführer beschuldigt unschuldige Menschen. Tausend Polizisten, die er bewusst belogen hat, suchen an falschen Örtlichkeiten nach dem Kind. Was tun? Das Kind aufgeben und im Versteck zugrunde gehen lassen oder versuchen, den Verbrecher zum Reden zu bringen?
    Hätte der Staat, vertreten durch seine Polizei, diesen Zustand nicht zu beenden versucht, obwohl er aufgrund seines Gewaltmonopols dazu verpflichtet war, dann hätte er sich an der vom Täter ausgeübten »Folter« – juristisch und moralisch – mitschuldig gemacht. Es war deshalb die zwingende Aufgabe der Polizei, diesen vermeintlich noch andauernden Zustand unverzüglich zu beenden – mit allen verhältnismäßigen und zweckmäßigen Mitteln.
    Das Recht auf Leben des kleinen Jakob und die Pflicht der Polizei zur Hilfe verwiesen auf § 32 StGB zur Notwehr und § 34 StGB Rechtfertigender Notstand.
    Jakob und

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