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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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wie weit Daschner zu gehen bereit war, um Jakob zu retten, natürlich hatte ich ihm gesagt, dass jemand kommen sollte/würde, um ihn durch Schmerzzufügung dazu zu bringen, den Aufenthaltsort von Jakob preiszugeben, wenn er nicht freiwillig aussagen würde, wo Jakob versteckt war. Aber er hatte weiter geschwiegen, nicht reagiert, warum sollte er auch? Daraufhin hatte ich versucht, andere, wirkliche Ängste in ihm hervorzurufen, um zu erfahren, wo Jakob sich befand, was mit ihm los war. Ängste, die unter keinen Tatbestand zu subsumieren sind. Ich hatte versucht, Bilder in seinem Kopf zu erzeugen, die einfach nur der Wahrheit entsprachen.
    »Wo ist Jakob? Du wirst Jakob nie vergessen. Sein Flehen um Hilfe, sein Schreien werden dir nie mehr aus dem Kopf gehen, werden dich für immer verfolgen. Dein Leben lang. Hast du ihm wehgetan? Ihn verletzt? Kann er sich bewegen? Hat er genug Luft? Du wirst seine Augen nie vergessen, die panische Angst in seinen Augen, nie! Keine Nacht wirst du mehr schlafen, du wirst Angst vor der Dunkelheit haben, denn sie wird dich an das erinnern, was du mit Jakob gemacht hast. Wo hast du ihn versteckt?«
    Das hatte ihn dazu veranlasst, mir zu sagen, dass Jakob tot sei und verpackt in einem Weiher liege. Nicht die Androhung unmittelbaren Zwanges.
    Was würde man mir glauben, nachdem die Anklagebehörde, sprich: die Staatsanwaltschaft, sich »urlaubsbedingt« verspätet und verzettelt und in aller Öffentlichkeit Tatbestände in den Raum geworfen hatte, die auch weniger Versierte nach einigen Blicken in Strafrechtskommentare sofort verworfen hätten?
    Ganz tief in meinem Inneren war ich davon überzeugt, dass ich richtig gehandelt hatte. Aber dann wurden wir angeklagt, und ich begann, an meiner Überzeugung zu zweifeln. War das, was wir getan hatten, doch nicht richtig gewesen? Kann ich mich noch auf mein Bauchgefühl verlassen? Oder muss ich jetzt Angst haben, wieder etwas falsch zu machen?
    Das alles ging mir durch den Kopf. Dazu kamen finanzielle Probleme. Ich hatte mir 1993 ein kleines bäuerliches Anwesen gekauft und größtenteils selbst renoviert. Einen Teil des Geldes, das ich dafür gebraucht hatte, hatte ich mir leihen müssen. Und dann hatte ich nach der Trennung von meiner Frau noch Unterhalt zu zahlen.
    Was passiert, wenn ich wirklich verurteilt werde? Entlassung, Geldstrafe? Was bleibt dann noch für meine Kinder übrig, kann ich sie dann überhaupt noch regelmäßig sehen?
    All dies und vieles mehr schoss mir ständig durch den Kopf. Ich hatte Angst, ja, ich hatte Angst. Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Alles war denkbar, möglich, und in meinen Gedanken spielte ich alle Möglichkeiten durch.
    Es sind nur Bruchteile meiner Überlegungen, die ich hier schildere. Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt, als meine Frau mit unseren kleinen Kindern wegzog. Ich war verzweifelt. Damals fing ich an, zu laufen und in ein Fitnessstudio zu gehen. Jeden Tag nach der Arbeit lief ich, bis mein Kopf frei war, bis ich endlich abschalten und Kraft für neue Gedanken schöpfen konnte. Ich lernte Spinning kennen und war so begeistert, dass ich alles tat, um Trainer zu werden. Heute bin ich nebenbei Spinningtrainer.
    Der Sport rettete mich auch dieses Mal. Seine Wirkung ist großartig, die Kraft, die daraus erwächst, hilft abzuschalten, Ängste zu überwinden. Sport zu treiben, ist sinnvoll und nützlich, wenn man in einer schwierigen und ausweglosen Situation steckt.
    Am 30. Januar 2004 nahm auch mein Verteidiger, Prof. Dr. Lutz Simon, umfassend Stellung zu den bis dahin bekannten Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Als Grundsatz stellte er klar, Gegenstand des Ermittlungsverfahrens könne nicht die in der Öffentlichkeit geführte Diskussion über die allgemeine Zulässigkeit von Foltermaßnahmen sein, sondern ausschließlich die strafrechtliche Würdigung der durchgeführten Maßnahmen. Dabei seien die Aussagen des Kindsmörders Gäfgen »insgesamt unglaubhaft«: »Herr Gäfgen hat nicht nur in allen polizeilichen Vernehmungen die Unwahrheit gesagt. Selbst nach Auffinden der Leiche von Jakob von Metzler hat er sein Aussageverhalten nicht geändert und falsche Angaben über den Verbleib des Schulranzens und der persönlichen Dinge des entführten Kindes gemacht. Dabei hat er sich nicht gescheut, zunächst die unbeteiligten Brüder B. [Name geändert] zu Unrecht zu belasten. Selbst nach Auffinden des toten Jungen hat er den unbeteiligten Zeugen H. [Name geändert] noch als

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