Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
Ausgangsbedürfnis wird, umso mehr Energie werden wir entwickeln, um es zu stillen. Die Energie verstärkt sich ganz von selbst, wenn uns etwas an einer Sache liegt: Liebe ich eine Arbeit, eine Sache, eine Person, fällt es mir
leicht, mehr Energie freizusetzen als in gleichgültiger Gemütslage. Eine negative Beziehung aus innerer Abneigung kann entsprechend größte Energie zur Flucht, zum Kampf, zur Abwehr mobilisieren.
Die Intensität der Beziehung entspricht der Intensität der Energie, die in uns freigesetzt wird. Das bedeutet aber auch, dass wir durch unsere persönliche Einstellung zu den Dingen unsere Investition von Energie bestimmen. Negative Erfahrung im Arbeitsleben mindern wie von selbst meine Tatkraft. Ein neuer Mitarbeiter, ein neuer Chef, eine Veränderung der Arbeitssituation, die mir nicht gefallen, führen beinahe automatisch zu einem Energieverlust. Es folgt eine gewisse Distanzierung von den Dingen, die ganz von selbst weniger Gefühle, weniger Interesse und weniger Dynamik erzeugt. Wenn uns dagegen etwas auf Dauer immer mehr Freude, immer größere Befriedigung verschafft, sind wir selbstverständlich auch bereit, immer mehr Energie und immer mehr Zeit dafür zu investieren.
Der Annäherungsversuch seiner rechten Hand kommt ihr zu nah und verletzt die von ihr gewünschte Distanz. Unser Körper baut sich Barrieren zur Abwehr gegen alles, was uns nicht gefällt. Manchmal nehmen wir auch Gegenstände zur Hilfe. So schützt sie ihre Brust nicht nur mit den Armen, sondern nimmt als Panzer noch einen Aktenordner.
Alle Erlebnisse, die sich in unserer Erinnerung festgesetzt haben, werden später maßgebende Wirkung auf unsere grundsätzliche Einstellung haben. Waren es starke Erlebnisse, werden sie uns bei ähnlichen Gelegenheiten in die gleiche Richtung leiten, und zwar in derselben Intensität. Deshalb ist es sehr wichtig, was wir unter welchen Umständen und vor allem auch mit wem gemeinsam wir etwas erlebt haben.
In der Kindererziehung spielt das gemeinsame Erlebnis von Eltern und Kindern eine außerordentlich wichtige Rolle. In manchen Familien wird viel miteinander geredet. Das ist gut, um die intellektuelle Beweglichkeit und Kommunikationsfähigkeit der Kinder zu entwickeln. Aber es reicht nicht aus. Zur Selbstentfaltung und zur Erfahrung im Umgang mit sich selbst und seinem Körper wie auch mit anderen bedarf es realer Erlebnisse - Erlebnisse, die eben nur beim Spielen mit den Eltern und mit anderen Kindern erfahren werden können. Denn die Erinnerung an das Spielen mit Vater und Mutter, das Erlebnis mit anderen werden dauerhafter gespeichert als noch so lebhafte Gespräche, die deshalb aber nicht verzichtbar werden.
Erleben bringt uns den Dingen nah. Wir öffnen uns ihnen spielerisch. Man muss nur zusehen, wie ein Kind die Natur entdeckt, wie es beginnt, sich mit den Dingen zu identifizieren. Auch das spielerische Raufen mit dem Vater eröffnet gemeinsame Erfahrungen: Gemeinsamkeit ist das Stichwort, denn gemeinsam erworbene Erfahrungen öffnen uns für andere und lassen uns ihnen nahekommen. Das stärkt die Bindungsfähigkeit und lässt lang dauernde Bindungen wachsen. Dabei ist es unwichtig, ob es zu physischer Nähe oder zu vor allem geistiger, emotionaler Nähe führt. In beiden Fällen ist das gemeinsame Erlebnis die bindende Kraft.
Von den künstlichen Mitteln, uns Nähe zu sichern
Die Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit ist uns tief eingegraben. Um sie zu stillen, greifen wir auch zu künstlichen Mitteln, eigentlich Fetischen, die Geborgenheit suggerieren. Kleine Kinder tragen einen geliebten Gegenstand, die Puppe oder den Teddybär als Begleiter mit sich herum und natürlich auch mit ins Bett. Vor allem die weiche Oberfläche dieser Gegenstände schafft ein Gefühl von Nähe und Geborgenheit. Wir fühlen uns damit wohl und entspannt. Die Gelenke sind locker, die Muskulatur wird geschmeidig. Wir schlafen besser als sonst, wir sind insgesamt positiv gestimmt. Das trifft auf Erwachsene übrigens nicht weniger zu als auf Kinder. Weiche Stoffe schaffen positive Grundstimmungen. Die Industrie reagiert darauf, indem sie weiche Mäntel, weiche Bettdecken und weiche, seidige Bettwäsche produziert. Für die Damen gibt es Unterwäsche aus weicher Seide oder Taft mit doppelter Wirkungskraft, erstens für die Trägerin und zweitens für den Betrachter. Der Streicheleffekt solcher Materialien stimuliert genau jenes Wohlgefühl, das unser Bedürfnis nach Nähe und Zufriedenheit
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