Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Kochtopf, der mitten in der Spüle
     stand.
    Ich lüftete vorsichtig den Deckel, und tatsächlich schwamm da mindestens ein Kilo Kartoffeln in ziemlich heißem Wasser. »Haben
     Sie die noch nicht abgeschreckt?«
    »Nö, das können Sie grad machen«, entschied er und schichtete den gebratenen Fisch auf einen Teller. Auf einen Teller von
     meinem guten Goldrandgeschirr, das nur von Hand gespült werden darf. Ich knirschte innerlich mit den Zähnen. Aber bevor ich
     mich endgültig auf eine Auseinandersetzung mit Jan Hörnum einließ, beschloss ich erst mal die Kartoffeln abzugießen und kalt
     abzuspülen, sonst würde das Pellen eine elende Quälerei werden. »Am besten schneiden Sie sie gleich in Scheiben«, setzte er
     hinzu.
    Erwartete er, dass ich salutierte und »Aye, aye, Käpt’n!« rief? Ich ließ die Kartoffeln in ein großes Sieb gleiten. Es waren
     wirklich eine Menge. »Warum diese Riesenportion?«, wollte ich wissen, während ich die erste Knolle in Angriff nahm.
    »Na, ich habe Ihre Freunde zum Essen eingeladen«, erwiderte er. »Romy war so nett, mich heute früh zu diesem Platz zu fahren,
     damit ich mein Auto wieder zurückbekomme, und als kleines Dankeschön koche ich jetzt für uns vier.«
    Ah, das erklärte zumindest, warum er nicht von mir erwartet hatte, ihn zu chauffieren. Das mussten die beiden gestern Abend
     ausgeheckt haben, als ich eine Weilemit Klaus über die richtige Zeit zum Bäumebeschneiden diskutiert hatte. Das hätten sie mir ja mal sagen können. Immerhin hatte
     ich auch eigene Pläne und Termine.
    »Kochen Sie lieber für fünf«, sagte ich bissig. »Ich bekomme nämlich heute noch Besuch.«
    »Von einem Herrn?«, wollte er wissen. »Dieses Gericht ist nur für vier Personen berechnet.«
    Das ging ihn eigentlich gar nichts an. »Nein, von meiner Freundin«, zischte ich. »Und die ist Vegetarierin. Die wird Ihren
     Fisch nicht essen. Die isst überhaupt nichts Tierisches.«
    Auch das focht ihn nicht an. »Wenn wir ihr eine Kartoffel verwahren«, überlegte er, »glauben Sie, die wird sie mit Butter
     essen?«
    »Höchstens mit Margarine«, sagte ich frostig. »Zum Glück habe ich auch noch eingekauft. Vielleicht können Sie mal Wasser für
     die Artischocken aufsetzen.«
    »Das geht jetzt nicht. Und danach kriegen Sie es nicht mehr hin, bis der Pannfisch fertig ist«, warnte Jan Hörnum mich. »Außerdem
     hat Ihr Sohn angerufen, Sie sollen ihn zurückrufen.«
    »Und das sagen Sie mir erst jetzt?« Empört ließ ich die nächste Kartoffel zurück ins Sieb fallen.
    »Keine Panik. Er sagt, er ist bis halb neun zuhause.«
    Es war wohl besser, wenn ich sofort die Küche verließ, statt mit der Pellkartoffelgabel auf Jan Hörnum einzustechen. Ich nahm
     das Telefon von der Station und verkroch mich in mein Zimmer.
    Magnus war guter Dinge. »Was hast du dir denn da für einen Käpt’n Blaubär an Land gezogen?«, fragte er lachend. »Ich dachte,
     ich fass es nicht. Ich ruf zuhause an und ein fremder Mann hebt ab. Das hat es noch nie gegeben.«
    Da hatte er recht. »Das wird es hoffentlich auch nichtwieder geben«, sagte ich und klagte ihm mein Leid. Aber natürlich sieht ein zwanzigjähriger Student die Dinge anders. Für
     ihn war es vermutlich normal, dass Leute ganz spontan bei anderen übernachten und auch ihren Aufenthalt ungefragt verlängern.
    »Und er kocht für dich?«, fragte er. »Was gibt es denn Gutes?«
    »Hamburger Pannfisch. Sagt Jan Hörnum.«
    »Huh«, machte er. »Klingt fast wie Helgoländer Heringstorte mit Schlickflundern.« Man merkte, er hatte seinen Moers verinnerlicht.
     Jahrelang hatten wir die Kassetten auf jeder Autofahrt in Dauerschleife gehört. »Kommt Hein Blöd auch?«
    »Romy und Klaus kommen. Und Ines.«
    Das erheiterte ihn zusätzlich. »Tja, dazu kann man eher die drei Bärchen sagen. Oder zwei Doktorfische und eine Seegurke,
     um mal im weitesten Sinne nautisch zu bleiben. Das hört sich an, als könnte es ein sehr lustiger Abend werden.«
    »Das bleibt abzuwarten. Warum hast du überhaupt angerufen?«
    »Na, um zu hören, wie es Tante Paula geht.«
    Das rührte mich wieder. Mein Sohn mag schnodderig und manchmal auch sehr unkonventionell sein – ich konnte nur hoffen, dass
     die Löcher von Nasen- und Augenbrauenpiercings wieder zuwuchsen, bis aus einem widerspenstigen Gymnasiasten ein seriöser Diplomingenieur
     geworden war. Aber er hatte viel Familiensinn und eine warmherzige Grundstruktur, selbst wenn er die manchmal mit Dutzenden
     von

Weitere Kostenlose Bücher