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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Ich runzelte kritisch die Stirn. Meine Nachbarn hatte ich ja gern da. Aber dieser Mensch machte sich eindeutig
     zu breit in meinem Leben.
    »Es gab eine relativ kurzfristige Programmänderung«, teilte ich ihr mit, während ich sie zu Romy und Klaus ins Esszimmer führte.
     Aus dem Augenwinkel bekam ich gerade noch mit, wie Jan Hörnum von der Küche in Richtung Kellertür schritt. Das beunruhigte
     mich ein wenig. Was hatte er denn dort vor?
    Ines hatte es offensichtlich auch registriert. »Sag mal, plant ihr eine Überraschungsparty?«, fragte sie verwundert. »Hat
     Lotte etwa einen runden Geburtstag?«
    Lotte ist meine Nachbarin zur Linken, während Romy und Klaus rechts wohnen. Aber mit Lotte und Elmar habe ich deutlich weniger
     zu tun als mit Apothekers. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Na, die ist doch so ein Waterkant-Fan. Und gerade ist dahinten ein Jan-Hörnum-Imitator rumgeschlichen und hat sich im Keller
     versteckt bis zu seinem Auftritt. Ich weiß, du wolltest das verhindern, aber ich hab ihn doch gesehen.«
    Ein Imitator? Plötzlich wurde mir ganz flau. Am Ende war das gar nicht der echte Schauspieler, sondern ein Hochstapler übelster
     Sorte? Und ich spielte dabei die Rolle einer gutgläubigen alleinstehenden Dame, die nach Strich und Faden betrogen und ausgenommen
     wurde?
    Das sei ferne, wie der Apostel Paulus zu sagen pflegte. Ich war weder so alt noch so naiv, dass mir so etwas passieren sollte.
     Außerdem war bei mir echt nichts zu holen, das hätte diesem Typen schon der alte Opel Omega sagen müssen. Reiche Frauen fuhren
     doch bestimmt schicke kleine BM W-Cabrios oder etwas in der Art. Aber auf jeden Fall war ich gewarnt. Ich würde auf der Hut sein und auf mich achten, egal ob es der
     echte Jan Hörnum war oder nicht.
    Ines und ich kannten uns seit der Schule und waren damals mit ganz ähnlichen Voraussetzungen gestartet: zwei dünne, blonde
     Mädchen, die gerne Aufsätze schrieben und dafür in Mathe immer etwas länger brauchten. Dann hatten wir uns eine Weile aus
     den Augen verloren, und als wir uns wiedertrafen, einfach deshalb, weil wir nur zwei Straßen voneinander entfernt wohnten,
     mussten wir erkennen, dass wir uns in diametral entgegengesetzte Richtungen entwickelt hatten. Ich hatte sozusagen mit meinen
     Pfunden gewuchert, geheiratet, das standardmäßige Kind bekommen, und seitdem ich über meine Haarfarbe selbst bestimmen konnte,
     trug ich ein warmes Rotbraun, das mein Friseur immer wieder als sehr natürlich lobte.
    Ines war immer noch blond und immer noch dünn, schon beinahe knochig. Man hätte es auf ihre Essgewohnheiten schieben können,
     aber sie war schon so schlank gewesen, bevor sie sich entschied, a) Buddhistin zu werden und b) nur noch pflanzliche Kost
     zu sich zu nehmen. Sie hatte nie geheiratet und es deshalb auch ein bisschen weiter gebracht als ich mit meinem Sekretariatsjob
     – offenbarhatten ihre Mathefähigkeiten für die Leitung des Einkaufs einer Kette von Naturkostläden gereicht. Aber deshalb war es auch
     immer eine gewisse Herausforderung, sie zum Essen einzuladen.
    Sie guckte schon ein bisschen schräg, als wir sie im Esszimmer an den Tisch komplimentierten. Spontane Aktionen hatte sie
     noch nie geschätzt, und das mit dem echten Jan Hörnum glaubte sie uns sowieso nicht, gerade weil Romy und Klaus es immer wieder
     mit Inbrunst beteuerten. Vermutlich hatte sie eher den Verdacht, Opfer oder zumindest Komparsin eines Streichs im Stil von
     »Verstehen Sie Spaß?« zu sein.
    Als ich mit meiner großen Rohkostplatte hereinkam, bewahrte sie noch die Fassung. Aber als dann Jan Hörnum erschien und mit
     großer Geste eine Schüssel vor ihr abstellte, in der drei einsame Pellkartoffeln in etwas zerlassener Margarine schwammen,
     entgleisten ihr leicht die Gesichtszüge. »Was soll denn das sein?«, fragte sie mit einer Stimme, die bestimmt jeden Untergebenen
     auf der Stelle strammstehen ließ.
    »Das ist das vegetarische Gericht«, erklärte Jan Hörnum unbeeindruckt. »Guten Appetit, die Dame.« Damit stakste er wieder
     hinaus, um seinen großen Auftritt vorzubereiten: das Servieren des Hamburger Pannfisches. Er hätte bestimmt gern einen Tusch
     dazu gehabt, als er die Form in der Mitte des Tisches platzierte.
    Klaus hatte bereits Weißwein in meine Kristallgläsergefüllt, und Romy und er drehten etwas nervös an den Stielen, als sie
     die Auflaufform begutachteten. Jan Hörnum nahm zufrieden am Kopfende Platz – das war immer Stephans

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