Unbefugtes Betreten
war noch mal der britische General, der in irgendeinem Krieg in Indien die Provinz Sind eroberte und ans Hauptquartier ein Telegramm schickte, in dem nur ein Wort stand: Peccavi . … Aha, ich sehe ein paar ratlose Gesichter. Das ist Lateinisch und heißt ›Ich habe gesündigt‹, auf Englisch: ›I have sinned.‹ Und das klingt nun mal gleich wie ›I have Sind‹, also ›Ich habe Sind erobert‹.«
»Har, har. Wenn du mich fragst: Ich bin verdammt froh, dass diese Zeiten vorbei sind.«
»Dir wäre wohl lieber, sie sagen ›mission accomplished‹ oder so was.«
»Nein, ich habe bloß etwas gegen imperialistische Scherze über das Umbringen von Leuten.«
»Da sprach der Fuchs zum Huhn: ›Ich will’s gewiss nicht wieder tun.‹«
»Schon gut. Doch zurück zu Galileo. Dass die Erde sich um die Sonne bewegt, ist wohl so gründlich bewiesen wie nur etwas. Aber wie steht es mit, sagen wir mal, dem Klimawandel?«
»Nun, den halten wir alle für erwiesen, nicht?«
»Erinnertihr euch an die Zeit, als Reagan sagte, Bäume verursachten Kohlenstoff-Emissionen, worauf manche Leute an Mammutbäumen Schilder befestigten, auf denen ›Entschuldigung‹ stand und ›Alles meine Schuld‹?«
»Oder peccavi .«
»Genau.«
»Aber Reagan hat sowieso alles geglaubt, nicht wahr? Auch, dass er im Krieg an der Befreiung eines KZ s beteiligt gewesen sei, dabei war er die ganze Zeit in Hollywood geblieben und hatte dort patriotische Filme gedreht.«
»Schon, aber verglichen mit Bush war Reagan fast schon klasse.«
»Jemand hat gesagt, Reagan sei einfach, aber nicht einfältig gewesen.«
»Nicht schlecht.«
»Doch. Das ist sophistisch, so Spin-Doctor-Zeug. Ich aber sage euch: Einfach ist einfältig.«
»Halten wir also alle die Klimaveränderung für erwiesen?«
»Ja.«
»Klar.«
»Aber was glauben wir darüber hinaus? Dass die Wissenschaftler noch genug Zeit haben, um eine Lösung zu finden? Dass die Sache auf der Kippe steht und es in zwei, fünf, zehn Jahren zu spät ist? Oder dass wir den Punkt, wo die Sache auf der Kippe stand, längst überschritten haben und wir auf dem besten Weg sind, in die Hölle zu fahren?«
»Die mittlere Variante, nicht? Und deshalb versuchen wir alle unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, isolieren unsere Häuser und recyceln.«
»Hat Recyceln etwas mit der Klimaerwärmung zu tun?«
»Ist das eine ernst gemeinte Frage?«
»Ichmeine nur mal, weil, wir recyceln schon seit zwanzig Jahren oder so, und damals hat noch niemand vom Klimawandel gesprochen.«
»Also ich denke manchmal, wenn wir abends durch London fahren und all diese Bürogebäude sehen, die so grell erleuchtet sind, dass es ein Witz ist, wenn wir uns Sorgen machen, weil wir den Fernseher und den Computer auf Stand-by lassen.«
»Jede Kleinigkeit zählt.«
»Und jede Großigkeit zählt umso mehr.«
»Habt ihr vor ein paar Monaten diese beängstigende Statistik gesehen, dass von den Flugpassagieren in Indien ungefähr 75 Prozent zum ersten Mal geflogen sind, und zwar mit einer Billigfluglinie?«
»Das ist deren gutes Recht. Haben wir schließlich auch getan. Und tun wir nach wie vor, jedenfalls die meisten von uns, oder nicht?«
»Willst du damit sagen, aus Fairness müssen wir erst zulassen, dass alle anderen genauso schweinisch die Umwelt verschmutzen und mit Kohlenstoffen versauen, wie wir das getan haben, damit wir danach das moralische Recht haben, ihnen zu sagen, sie sollten damit aufhören?«
»Nein, will ich nicht. Ich will nur sagen, wir können nicht erwarten, dass die sich ausgerechnet von uns etwas vorschreiben lassen.«
»Wisst ihr, was ich das moralisch Widerlichste der letzten zwanzig Jahre oder so finde? Den Emissionshandel. Ist das nicht eine widerliche Idee?«
»Und jetzt alle:«
»›Das ist so was von verlogen.‹«
»Ihr seid Ekelzwerge, allesamt, aber du, Dick, bist ein ganz besonderes Ekel.«
»Wasmich wirklich nervt, ist Folgendes. Du sortierst zum Recyceln alles aus, trennst fein säuberlich deinen Müll, und dann kommen die mit ihrem Lastwagen und schmeißen alles wieder zusammen.«
»Aber wenn wir der Meinung sind, die Sache stehe auf der Kippe, wie groß sind dann die Chancen, dass der Rest der Welt das auch so sieht?«
»Vielleicht jeder Fünfte …«
»Eigennutz. Das ist die einzig wahre Motivation. Wenn sie sehen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist und dem der folgenden Generationen.«
»Schon, aber die folgenden Generationen wählen nicht die Politiker von
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