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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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endlich standen sie versteckt zwischen den hohen Sträuchern am Rand der West Street, direkt gegenüber dem Gebäude, in dem im siebten Stock Cedrics Wohnung lag. Das Loch in der Scheibe war verschwunden, als wäre Frei niemalshinausgesprungen. Bei der Erinnerung an den Sturz lief ihr ein Schauer über den Rücken. Es brannte kein Licht. Hoffentlich war Cedric überhaupt zu Hause? Frei spürte, wie sie innerlich zu zittern begann. Sie konnte nicht gut schätzen, wie lange der Weg durch die Kanalisation gedauert hatte. Aber es musste sicher schon auf den Morgen zugehen, selbst wenn die Sonne sich noch nicht zeigte. Er war doch nicht etwa auf der Suche nach ihr? Oder …?
    Wie dumm, dachte sie, es war doch Dienstag, und vermutlich war er ganz normal auf der Arbeit in der Station und brauchte heute eben ein bisschen länger.
    Cedric konnte einfach nichts passieren.
    Hannah stieß sie in die Seite, und Frei zuckte zusammen.
    »Geh vor und mach die Tür auf!«, zischte Hannah.
    Frei nickte hastig. Dann drängte sie sich aus dem Gebüsch zurück auf den Weg und trat beherzt auf den Gehweg hinaus, als sei sie eine Spaziergängerin, die gerade aus dem Park kam. Es war alles in Ordnung, beruhigte sie sich selbst. Warum sollte sie irgendwem auffallen? Einmal davon abgesehen, dass sie einen viel zu großen Pullover trug, der ein recht ansehnliches Loch aufwies – direkt über Freis Bauchnabel. Die Wunde darunter war inzwischen so gut wie verheilt und ziepte nur noch ein wenig. Aber die Ränder des Wollgewebes waren immer noch blutig, und das Loch gab den Blick frei auf noch mehr blutig verschmierte und zerrissene Kleidung.
    Frei reckte das Kinn. Sie war jung, und sie war progressiv. Sie durfte das.
    Sie zwang sich, keinen Blick zurück zu dem Gebüsch zu werfen, in dem sich noch immer Hannah und Eloy verbargen. Stattdessen trat sie an den Straßenrand, wartete, bis die Fahrbahn frei war, und lief schließlich hinüber.
    Die verspiegelte Glastür zum Foyer des Bürogebäudes öffnetesich, und Frei spähte in die verlassene Halle. Neonröhren verbreiteten kühles Licht, und die Stockwerkanzeige über der Fahrstuhltür leuchtete still. Niemand war zu sehen.
    Frei trat vor den Sensor der Lichtschranke, ehe die Tür sich wieder schließen konnte, und sah auf die andere Straßenseite hinüber. Zwei Autos fuhren von links vorbei, eines von rechts. Ein junger Vampir mit Hund schlenderte für Freis Begriffe viel zu gemächlich den Gehweg entlang und bog schließlich in den Park ab. Noch fünf Autos rauschten vorbei.
    Und dann war die Straße frei.
    Hannah und Eloy lösten sich aus dem Gebüsch wie zwei Schatten, huschten über die Straße und an Frei vorbei ins Innere des Gebäudes. Mit einem Aufatmen folgte sie ihnen. Die Tür schloss sich und machte sie für alle Augen von draußen unsichtbar.
    Hannah schob die Hände in die Taschen. Zum ersten Mal seit die Europäer aufgetaucht waren, sah Frei, wie ein grimmiges Grinsen auf ihrem Gesicht erschien. »Das war echt knapp.« Ihre Augen funkelten. »Die blöde Töle hätte uns fast gehabt.« Sie legte eine Hand auf den Griff des Revolvers an ihrer Hüfte. »Ich hätt das Vieh plattgemacht, im Ernst.«
    Eloy legte ihr leicht eine Hand auf den Rücken. Er lächelte, aber er sagte nichts. Überhaupt war er die vermutlich schweigsamste Person, der Frei je begegnet war. Aber sie empfand das nicht unbedingt als unangenehm.
    Frei räusperte sich und wandte sich zum Fahrstuhl um. Cedric hatte ihr einmal erklärt, wie sie in die Wohnung kommen konnte, wenn sie allein draußen und er drin war. Frei hatte das damals noch nicht einmal denken wollen – sie allein draußen! –, aber nun war sie froh, dass sie wusste, auf welchen der vielen Knöpfe sie drücken musste, damit oben in Cedrics Wohnung die Klingel ertönte.
    Bange Sekunden verstrichen, und Frei drückte zur Sicherheit noch einmal.
    Doch dann setzte sich mit leisem Rauschen der Fahrstuhl in Bewegung.
     
    Als sich die Wohnungstür öffnete, nahm Frei sich keine Zeit, sich groß im Raum umzusehen. Für sie zählte nur Cedric, der – gewohnt bleich und mit tiefen Schatten unter den Augen, aber ansonsten unversehrt – vor ihr stand.
    »Cedric!«
    Mit ein paar Schritten war sie bei ihm und fiel ihm um den Hals, drückte ihn so fest sie konnte, bis sie hörte, wie der Atem mit einem leisen Keuchen aus seinen Lungen wich.
    »Ist ja gut«, murmelte er. »Lass mich leben.«
    Es war ein dummer Scherz, und Frei schaffte es nicht, darüber zu

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