Unberuehrbar
lachen, vielmehr war sie kurz davor, vor Erleichterung zu weinen. Aber es war schön, dass er dumme Scherze machte, weil das bedeutete, dass es ihm gutging, dass ihm nichts Schlimmes zugestoßen war. Denn erst jetzt wurde Frei wirklich bewusst, wie viel Angst sie um ihn gehabt hatte, und darum konnte sie sich noch nicht überwinden, Cedric wieder loszulassen, obwohl sie seine Brust jetzt mit weniger Kraft umklammerte.
Und Cedric ließ sie, zumindest für einen Moment, während seine Hand beruhigend über ihren Rücken strich. Schließlich aber schob er sie mit sanfter Gewalt ein Stück von sich weg.
»Möchtest du mir vielleicht ein paar Dinge erklären, Frei?«
Frei hob den Blick und bemerkte, dass er über ihre Schulter hinweg zu Hannah und ihrem Menschen sah, die etwas unschlüssig im Eingang stehen geblieben waren.
Frei räusperte sich und spürte, wie ihre Ohren ein bisschen wärmer wurden. »Cedric, das sind Hannah und …«
»Eloy.« Hannah trat einen Schritt vor, ehe Frei ihren Satzbeenden konnte. »Er ist Jäger bei den
Bloodstalkers
.« Sie reckte herausfordernd das Kinn.
Cedric hob die Brauen. Anscheinend, dachte Frei, wusste er im Gegensatz zu ihr sehr genau, was die
Bloodstalkers
waren. Und sie glaubte zu erkennen, dass er alles andere als begeistert über diese Eröffnung war – andererseits allerdings auch nicht gerade überrascht. Er musterte Hannah und Eloy eine Weile mit abschätzendem Blick. Schließlich aber hob er die Schultern. »Ist nicht mein erster.«
Für einen Moment schien Hannah tatsächlich sprachlos, und beinahe hätte Frei nervös gekichert. Dass Hannah die Worte fehlten, schien irgendwie unpassend. Dann aber schüttelte sie mit grimmiger Miene den Kopf. »Ich frage lieber nicht weiter.«
Für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde sah Frei, wie Cedrics Mundwinkel zuckten, als müsse er sich ein trockenes Lachen verkneifen. Doch dann kehrte der düstere Ausdruck in seine Augen zurück.
In diesem Augenblick regte sich plötzlich ein leises Summen in Freis Kopf, und sie zuckte zusammen. Unwillkürlich fuhr ihre Hand zur Schläfe, und sie spürte das feine Band des Versprechens vibrieren, als wolle es sie daran erinnern, dass es wichtigere Dinge zu bereden gab als die Frage, ob Hannah und Eloy nun
Bloodstalkers
waren oder nicht. Und natürlich war das vollkommen richtig.
Frei räusperte sich. »Cedric …«
Cedric wandte sich zu ihr um. Als er sie ansah, erschien auf seinem Gesicht ein überraschter Ausdruck. Als könne er ihr an der Miene ablesen, dass es um etwas sehr Wichtiges ging. Und das war es ja auch. Unendlich wichtig.
Frei holte tief Luft. »Cedric … ich habe mit Kris gesprochen! Er will dich sehen.«
Einen Augenblick lang war es im Raum sehr still. CedricsMiene war wie gefroren, als könne er noch nicht recht begreifen, was er da hörte.
»Es gab einen Ort des Versprechens«, schaltete sich Hannah ein. Ihre Stimme klang seltsam scharf. »Ich schätze, du weißt, was das ist, oder?«
Cedric runzelte finster die Stirn. Ganz offensichtlich sagte ihm der Begriff sehr wohl etwas – im Gegensatz zu Frei. Doch sie wagte in diesem Moment nicht zu fragen.
»Blue war zufällig da, als er sich gemeldet hat«, fuhr Hannah im gleichen groben Tonfall fort. »Er hat nicht gesagt, wo er ist, aber er hat ihr einen Wegweiser in den Kopf gepflanzt oder so was. Ich hoffe mal, du kannst damit was anfangen.« Sie verzog das Gesicht, und nicht zum ersten Mal hatte Frei das Gefühl, dass Hannah wirklich wütend war, weil Kris mit Frei gesprochen hatte und nicht mit ihr.
Cedric zog nachdenklich die Brauen zusammen. Dann sah er zu Frei. »Und er will mich sehen, sagst du. Hat er verraten, warum?«
Frei schüttelte den Kopf und warf noch einen schnellen Blick zu Hannah hinüber. »Nein, eigentlich hat er gar nichts gesagt. Nur, dass ich zu dir gehen soll.« Sie schluckte mühsam, weil ihre Kehle sich plötzlich ganz trocken anfühlte. »Aber wir werden doch gehen, oder? Wir suchen ihn auf jeden Fall!«
Cedric antwortete nicht sofort. Sein Blick war noch immer sehr finster, und Frei glaubte, nun auch auf seinen Zügen Ärger zu sehen – worüber auch immer.
Endlich aber nickte er. Frei atmete hörbar auf, und für einen Augenblick glaubte sie ein nachsichtiges Lächeln in Cedrics Augen aufleuchten zu sehen. Dann wandte er sich wieder an Hannah.
»Und ich nehme an«, sagte er langsam, »du wirst darauf bestehen, uns zu begleiten.«
Hannahs Gesicht war betont ausdruckslos. Ihre
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