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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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gutes Stück abseits der Innenstadt. Es war ein aufgeräumtes, friedliches Viertel – so ruhig, wie es mit so vielen Vampiren auf so engem Raum nur möglich war, und auch für ein mittelmäßiges Gehalt einigermaßen bezahlbar.
    Die Wohnung von Cedrics Assistentin lag im vierten Stock neben zwei anderen. Eine saubere dunkelgraue Fußmatte lag vor der Tür auf dem moosgrünen Linoleum, das so blank aussah, als würde niemals jemand hier entlanglaufen. Es roch nach Putzmittel und Bohnerwachs. Auf dem schlichten Messingschild neben der Klingel standen die Namen
Mae
und
Riboa
.
    Cedric straffte sich und tauschte einen Blick mit Kris. Dann drückte er auf den Knopf. Ein blechernes Schrillen drang gedämpft durch das Holz der Tür. Es dauerte eine Weile, bis sich in der Wohnung etwas regte. Dann aber hörte er die vertrauten, zierlichen Schritte der Chinesin – weich in dicken Socken auf Parkett. Ein Schlüssel knackte im Schloss, zweimal. Und schließlich erschien Pei Lins schmale Gestalt hinter dem mit einer Kette gesicherten Türspalt. Sie trug einen bequemen Wollpullover und verwaschene Jeans, und ihre Haare waren zueinem lockeren Zopf geflochten – ein ungewöhnlicher Kontrast zu der förmlichen Aufmachung, die sie bei der Arbeit trug. Ihre Mandelaugen weiteten sich entgeistert, als sie erkannte, wer da vor ihrer Tür stand.
    »Cedric!« Ihr Blick huschte zu Kris, und nun wurde sie bleich unter der asiatischen Tönung ihrer Haut.
    Cedric zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, auch wenn er wusste, dass Pei Lin ihn sofort durchschauen würde. Es gab nichts zu lächeln. »Entschuldige, dass wir dich so überfallen. Dürfen wir reinkommen?«
    Pei Lin zögerte. Noch einmal flog ihr Blick von Cedric zu Kris und wieder zurück. Dann aber nickte sie schnell und schloss die Tür. Die Kette rasselte, und schließlich gab Pei Lin den Weg in ihre Wohnung frei.
    Sie führte Cedric und Kris durch einen engen Flur in eine kleine Küche und bedeutete ihnen, sich auf die Eckbank aus dunklem Holz zu setzen. Die ganze Zeit über hielt sie den Kopf gesenkt und sah zu Boden.
    »Tut mir leid, es ist schrecklich unordentlich«, murmelte sie.
    Cedric und Kris wechselten einen Blick. Vermutlich gab es kein unpassenderes Wort als
unordentlich,
um Pei Lins Wohnung zu beschreiben. Die Räume waren zwar klein und die Regale dicht an dicht vollgestellt mit den verschiedensten Dingen – aber dennoch war hier nichts dem Zufall überlassen. Selbst mit einem flüchtigen Blick konnte man sofort sehen, dass alles mit einem System angeordnet war, in dem jedes Staubkorn seinen festen Platz hatte.
    Schließlich setzte sich Pei Lin ihnen gegenüber auf einen Stuhl und sah auf ihre nervös verschränkten Hände hinunter. Es war bezeichnend, dachte Cedric, dass sie ihnen nichts zu trinken anbot. Ganz sicher war das kein Zeichen von mangelnder Aufmerksamkeit – auch wenn Pei Lin sich im Fall einerNachfrage sicher genau damit entschuldigen würde. Cedric aber verstand sehr gut, dass sie ihn und Kris so bald wie möglich wieder loswerden wollte. Er seufzte leise und zog seine Schlüsselkarte aus der Tasche. Er hatte nicht die Absicht, seine Assistentin unnötig zu bedrängen. Aber wer sonst sollte ihm sagen, was vorgefallen war?
    »Ich hätte gern von dir gewusst, Pei Lin«, sagte er behutsam und legte die Karte zwischen sie auf den Tisch, »wie es sein kann, dass ich keinen Zutritt mehr zu meiner eigenen Forschungsstation habe.«
    Er sah Pei Lin schlucken. Jetzt endlich hob sie den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen. Natürlich hatte sie längst gewusst, warum er hier war.
    »Niemand … niemand kann dort noch hinein«, flüsterte sie. »White Chapel ist bis auf weiteres geschlossen. Die Polizei war da. Wir konnten nichts tun.«
    In Cedrics Magen regte sich dumpfer Zorn. Die Polizei. Sie hatten ihn also nicht schnell und tief genug weggesperrt. »Dorian …«, knurrte er.
    Mit einer seltsam abgehackten Bewegung sprang Pei Lin wieder auf die Füße. »Hör mal, Cedric, ich würde wirklich gern länger mit dir reden und mit dir auch, Kris. Wir haben uns ja so lange nicht gesehen. Aber Jacob kommt gleich nach Hause, und er hat es nicht gern, wenn dann Besuch hier ist, also …«
    »Pei Lin.« Kris’ sanfte Stimme unterbrach sie, ehe Cedric auch nur überlegen konnte, was er sagen sollte, um einen Rauswurf zu verhindern.
    »Bitte. Es ist sehr wichtig, dass du uns alles erzählst. Niemand wird davon erfahren. Aber wir brauchen deine Hilfe.« Die Worte waren wie

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