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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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kräftig um ihre Finger geschlossen hatte – so kräftig, dass es beinahe weh tat, als wolle er unter keinen Umständen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie von nun an zusammen bleiben würden. Vor allem vermutlich, dachte Frei und spürte, wie diese Ahnung seltsam schwer in ihrem Magen lag, bei ihm offenbar nicht.
    Während sie liefen, lauschte sie aufmerksam in die Stille der Station. Nichts deutete darauf hin, dass sich in den Wänden, der Decke oder dem Boden ein lebendiges Wesen verbarg, wie Cedric gesagt hatte. Da war kein Atem, kein Herzschlag, keine noch so winzige Bewegung. Die einzigen Geräusche waren der Klang ihrer Schritte auf dem Kunststoffboden und das leise Rascheln ihrer Kleidung.
    Den zweiten Stock, und das Dach – so hatte Cedric es angeordnet. Frei hatte damit gerechnet, dass diese Nachricht sie mehr schrecken würde. Aber seit sie hinter Cedric in das Abflussrohr im Wald geklettert war, war sie von einer seltsamen Ruhe erfüllt. Wieder in White Chapel zu sein war nicht so schlimm, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es war nicht wie eineRückkehr, in keiner Weise. Es machte eben doch einen gewaltigen Unterschied, ob man aus freien Stücken einen Ort betrat oder ob man dort eingesperrt war. Da konnte sie nicht einmal die Aussicht schrecken, in die Zelle zurückzukehren, in der sie so lange gelitten hatte.
    Vor der Tür, die auf den Flur in den zweiten Stock hinausführte, blieb Red stehen und drehte sich zu Frei um.
    »Warte.«
    Überrascht verhielt Frei ebenfalls in ihrem Schritt und sah ihn fragend an. Sein Gesicht zeigte eine seltsame Mischung aus Anspannung, Unsicherheit und Angst vielleicht – aber auch Hoffnung. Und noch immer hielt er fest ihre Hand. Seine Finger waren warm und ein bisschen feucht.
    »Ich dachte nur, wir …«, er lächelte zögernd, »… also, wir haben ja noch gar nicht wirklich miteinander geredet.« Er schüttelte den Kopf, als Frei den Mund öffnete, um etwas zu sagen.
    »Ich weiß, wir sollten uns besser beeilen. Und es ist auch nicht gerade romantisch hier. Aber ich wollte nur wissen … Also, ich frage mich schon die ganze Zeit, warum du mich eigentlich gesucht hast.«
    Etwas in seiner Stimme, seinem Blick traf Frei schmerzhaft in die Brust, eisig und brennend heiß zugleich, wie der Eisspeer, den der französische
Bloodstalker -Vampir
in ihren Bauch gestoßen hatte. Und sie spürte plötzlich, dass von ihrer Antwort alles abhängen konnte – ob ihre Wege sich wieder trennten, wenn das hier vorbei war, oder ob sie und Red eine Chance auf ein winziges Stück gemeinsamer Zukunft hatten. Ob er ihr weiter erlauben würde, ihm zu folgen – oder ob er sich am Ende doch für Elizabeth entschied. Freis Mund war mit einem Mal staubtrocken. Aber sie zwang sich, Reds Blick nicht auszuweichen.
    »Na ja, es ist so … Du bist der Einzige, der mich kennt«, sagtesie leise. »Nur du weißt, wer ich war – und darum auch, wer ich wirklich bin. Ich … ich glaube, in Wahrheit suche ich nach mir selbst.«
    Eine ganze Weile sagte Red nichts. Aber seine Schultern sanken eine Winzigkeit herab, und der Griff seiner Finger um ihre lockerte sich – kaum spürbar nur, aber Frei merkte es dennoch. Dies war nicht die Antwort, die er sich erhofft hatte. Er verstand sie falsch, begriff Frei, völlig falsch! Sie räusperte sich verzweifelt. »Das ist aber nicht alles!«, fügte sie hastig hinzu und hörte ihre Stimme heiser klingen vor Anspannung. »Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, es ist nur …« Sie holte Luft. »Seit wir uns begegnet sind – also, diese Begegnung, an die ich mich erinnere …« Sie spürte, wie ihr Gesicht glühend heiß wurde, als sie an die Situation in der Zelle dachte. An ihren Kontrollverlust, den sie am liebsten für immer aus ihrem Gedächtnis verbannt hätte. Aber Red musterte sie nur aufmerksam.
    »Es hat sich so richtig angefühlt«, flüsterte Frei. »Und ich wollte das zurück. Ich wollte
dich
zurück. Unbedingt.«
    Red schwieg noch immer. Auf seinem Gesicht war ein winziges Lächeln erschienen. Aber es wirkte ein wenig traurig.
    Frei versuchte verzweifelt, den Kloß hinunterzuwürgen, der sich in ihrer Kehle bilden wollte. »Ich weiß, das ist schrecklich selbstsüchtig von mir! Ich sollte dich nicht vor diese Wahl stellen, du solltest glücklich werden mit einem anderen … Menschen …« Ihre Stimme versagte. Aber noch bevor sie erneut ansetzen konnte, machte Red einen Schritt nach vorn und zog sie in seine Arme. Seine Brust weitete

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