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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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wusste, was er ihr damit sagen wollte. Ohne Versuchsobjekte wie sie wäre eineForschung überhaupt nicht möglich. Natürlich begriff sie das. Aber das machte es nicht besser. Nicht im Geringsten.
    »Und die Erinnerung kannst du nicht heilen?«
    Eine steile Falte erschien zwischen Cedrics Brauen. Seine Antwort kam eine Spur zu schnell. »Nein. Das werde ich nicht.«
    »Du wirst nicht, oder du kannst nicht?«
    Cedric stellte die Tasse zur Seite. Das dünne Porzellan klirrte. »Ich werde nicht, Frei. Und darüber gibt es keine Diskussion.«
    Frei starrte ihn überrascht an. Die für Cedrics Verhältnisse ungewohnt heftige Reaktion verwirrte sie. Da war etwas in seinen Augen, das ihr sagte, dass dies etwas Persönliches war. Ein Thema, das er nicht berühren wollte. Aber für sie war es auch persönlich! Frei biss die Zähne zusammen. »Warum nicht? Du
kannst
es, habe ich recht?«
    Aber Cedric schüttelte nur den Kopf. »Ich habe weder die Zeit noch die Kraft dafür. Ich werde es nicht tun. Das ist mein letztes Wort.«
    »Also soll ich hier untätig herumsitzen und darauf warten, dass du entscheidest, was du mit mir tust?« Frei schnaubte höhnisch. »Was für ein Unterschied ist das zu vorher?«
    Cedric warf ihr einen langen Blick zu. »Wer behauptet, dass du untätig sein sollst? Im Gegenteil. Du wirst lernen, dich wie ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu benehmen.« Er deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die Wohnung, auf die Bücherregale, den Flügel, den Arbeitsplatz mit dem Computer. »Es gibt hier genug Möglichkeiten, wie du dich sinnvoll beschäftigen kannst.«
    Frei starrte mit verkniffenem Mund auf die Scherbe, die noch immer in ihrer Hand steckte – ohne sich dazu entschließen zu können, sie herauszuziehen. Warum war er bloß so? Er musste doch begreifen, was sie durchmachte!
    »Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie das ist?«, presstesie hervor. »Nicht zu wissen, wer du bist?« Sie zwang sich, den Kopf zu heben und Cedric direkt anzusehen; ihre Stimme ruhig zu halten, obwohl die Verzweiflung in ihrem Inneren tobte, dass sie glaubte, explodieren zu müssen. Wenn sie die Beherrschung verlor, verlor sie die ganze Diskussion, das wusste sie. Das war immer so. Aber ruhig zu bleiben war nicht einfach. Wenn nicht sogar unmöglich. »Weißt du, wie es ist, sich selbst nicht zu kennen? Ich brauche meine Erinnerungen! Du bist schuld, dass ich ein Monster bin, Cedric! Du hast verhindert, dass Red September mich rettet, also hilf du mir wenigstens, verdammt noch mal!«
    Lange Zeit sagte Cedric nichts. Nur seine gelben Augen fixierten sie mit eindringlichem Blick. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Nein, du irrst dich. Du warst schon ein Monster, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
    Frei blieb der Mund offen stehen. Seine Worte trafen sie hart. Sehr hart. Der letzte Rest ihrer Selbstbeherrschung zerbröckelte unter dem nüchternen Ton seiner Stimme wie eine Sandburg, die Wind und Sonne ausgetrocknet hatten. Noch ehe sie wirklich begriff, was sie tat, war sie aufgesprungen und hatte sich auf Cedric gestürzt, schlug mit den Fäusten auf ihn ein, bis ihre Knöchel seine Schläfe zertrümmerten und sein Kiefer brach, bis er in sich zusammensackte und Blut aus seinem Mund lief und über sein Kinn rann. In Freis Ohren rauschte es, und ein schriller Ton bohrte sich schmerzhaft tief in ihr Gehirn. Und erst als er verstummte, wurde ihr klar, dass sie es war, die kreischte, dass ihre Glieder unkontrolliert zuckten und dass ihr Hinterkopf mit einem dumpfen Laut auf den Teppich aufschlug.
    Schwer atmend blieb sie auf dem Rücken liegen. Ein Gewicht drückte auf ihre Brust und presste die Luft aus ihren Lungen. Cedric. Er kniete über ihr und hielt ihre Handgelenke festumschlossen. Die gelben Augen glühten, und seine Zähne waren gefletscht. Aber er war unversehrt. Nicht die kleinste Schramme verunstaltete sein Gesicht.
    »Genug. Es reicht, Frei!« Die zähe Taubheit, die Frei so gut kannte, floss durch seine Hände in sie hinein. Aber sie wollte sie nicht zulassen. Diesmal nicht.
    »Hör auf!«, fauchte sie. »Lass mich los!«
    Ein Kribbeln schoss durch ihre Adern, ihre Arme hinab bis in ihre Hände. Cedrics Augen weiteten sich, und seine Finger zuckten. Eine Winzigkeit nur, ehe er sie mit grimmigem Blick umso fester wieder schloss. »Nein. Du liegst jetzt still!«
    Das Kribbeln verblasste unter Cedrics Blutgabe. Aber Frei dachte nicht mehr an Widerstand. Sie starrte Cedric nur entgeistert

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