Unbescholten: Thriller (German Edition)
weitermache?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf.
Sie nahm Teller aus dem Schrank und fing an, den Tisch zu decken. Draußen fuhr ein Auto vor. Leszek reagierte schnell. Er nahm die Pfanne vom Herd, zog seine Pistole und lief zu einem der Fenster. Als er sah, wie Aron aus dem Wagen stieg, entspannte er sich wieder und ging hinaus, um Aron zu begrüßen. Sophie sah durch das Fenster, wie sich die beiden Männer kurz umarmten und dann miteinander sprachen.
Aron betrat als Erster das Haus, umarmte Sonya und redete kurz mit ihr. Dann stellte er sich Raimunda vor und setzte sich neben Hector. Er redete leise mit ihm und strich ihm mit der Hand über das Haar. Dann blickte er Sophie an.
»Lass uns ein Stück spazieren gehen.«
Sie verließen das Haus und gingen einen ausgetretenen Pfad hinauf, der in die Berge führte. Aron hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben. Sophie schaute auf den Boden. Die Steine sahen hier anders aus, brauner als auf den Wegen daheim in Schweden.
»Gibt es etwas Neues von deinem Sohn?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Was sagen die Ärzte?
»Ich weiß es nicht. Ich habe nicht mit ihnen sprechen können.«
Aron schwieg einen Moment, bevor er zur Sache kam: »Hector sagte am Telefon, dass du die Vollmachten bekommen sollst. Weißt du, warum?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Ich habe keine Ahnung, ehrlich.«
»Ich auch nicht«, sagte Aron. »Zumindest bin ich nicht sofort darauf gekommen.«
Sie schaute ihn an.
»Mit etwas Nachdenken sind mir dann zwei Gründe eingefallen.«
Sie gingen ein Stück, bevor er fortfuhr: »Du hast viel gesehen und gehört und vielleicht Dinge begriffen, die du nicht begreifen solltest. Ich weiß es nicht. Vielleicht war Hector auch klar, dass wir dich nicht einfach so gehen lassen können, vielleicht sieht er die Vollmacht als ein Mittel, um dich an uns zu binden.«
Er sah rasch zu ihr hin.
»Das ist das Erste, worauf ich gekommen bin. Als wir telefonierten, wusste Hector, dass er schwer verletzt war …«
Aron schwieg eine Weile.
»Aber vielleicht gibt es auch noch einen zweiten Grund«, sagte er dann.
Ein leichter Wind fuhr Sophie durch das Haar. Sie strich es sich aus dem Gesicht.
»Hector hat viel von dir geredet, bevor das alles passiert ist. Über dich und über deine Art. Er schätzte dich sehr, ich glaube sogar, wie noch keine Frau zuvor. Ich glaube, er hält dich für etwas ganz Besonderes.«
Aber was sah er in ihr, warum hatte er nicht mit ihr darüber gesprochen?
Sie waren ein ganzes Stück weit gekommen und blickten auf ein grünes Tal, das sich vor ihnen erstreckte. Aron blieb stehen und blickte hinunter.
»Er sagte, du wüsstest selbst nicht, was für ein Mensch du bist, was alles in dir steckt.«
»Das ist doch alles Unsinn, Aron«, sagte sie, »ich bin Krankenschwester und alleinerziehende Mutter, mehr nicht.«
»Doch, wenn Hector es sagt.« Er fixierte einen Punkt in der Ferne. »Er hatte etwas mit dir vor. Aber ich bin mir nicht sicher, was er mir in unserem letzten Gespräch sagen wollte.« Sein Blick schärfte sich, er schien einen Entschluss zu fassen. »Ich mache dir einen Vorschlag, Sophie. Ich stelle dich unter eine Art Quarantäne, bis die Dinge klarer sind oder bis Hector aufwacht und seine Entscheidung erklären kann.«
»Und was bedeutet das?«
»Die Vollmacht gibt dir Entscheidungsgewalt, die unsere unmittelbare Arbeit betrifft. Das heißt, dass du an dem, was wir tun, teilhast und mitwirkst.«
»Und für mich, was bedeutet das für mich?«
»Das bedeutet, dass du mir helfen wirst. Ich muss hierbleiben, bis sich alles ein wenig beruhigt hat.«
»Was muss ich tun?«
»Wir können die Welt nicht in dem Glauben lassen, dass Hector aus dem Spiel ist, das wäre verheerend für uns und einige andere Menschen, die von ihm abhängig sind. Du kennst ihn doch jetzt ein bisschen.« Sie nickte. »Dann weißt du auch, was er tun würde.«
»Vielleicht. Aber du kennst ihn doch auch, Aron.«
»Ja, und deshalb machen wir das zusammen.«
»Was ist mit Hectors Sohn?«, fragte sie.
»Lothar Manuel?« Aron schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Warum nicht er? Warum nicht Sonya, Leszek oder Ernst?«
Aron schaute ihr in die Augen. »Weil dich keiner kennt? Weil du keine eigenen Interessen hast, weil er dir deshalb voll und ganz vertraut? Ich kann mir vieles vorstellen.«
Sophie wusste nicht, was sie ihm antworten sollte. Sie wollte ihr Leben in Stockholm zurück. Sie musste zu ihrem Sohn Albert. »Und wenn ich mich
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