Unbescholten: Thriller (German Edition)
Kameraden mit Eiswürfeln.
Hasse kaute mit vollen Backen und betrachtete die Szene. Einer wurde jetzt richtig wütend. Er schrie etwas in einer fremden Sprache. Bald schrien alle durcheinander. Hasse schloss die Augen. Vor achtzehn Monaten hatten er und seine Kollegen von der Stockholmer Polizei auf dem Norra Bantorget einen jungen Libanesen zusammengeschlagen. Seine Kollegen hatten gewusst, wann sie aufhören mussten, Hasse nicht. Sie hatten ihn weggezogen. Hasse hatte sich beruhigt, hatte gezeigt, dass er wieder bei Sinnen war. Die Kollegen lockerten ihren Griff, Hasse riss sich los und platzierte diesen letzten, schönen Tritt. Der Junge war drei Tage lang bewusstlos. Die Ärzte diagnostizierten gebrochene Rippen, innere Blutungen, einen zertrümmerten Kiefer und ein gebrochenes Schlüsselbein. Hasses Kollegen beteuerten vor Gericht seine Unschuld. Zwei Schöffen verschlossen die Augen, und der Richter war Kumpel mit allen im Saal, außer mit dem Jungen. Ein bärtiger Arzt bezeugte, dass es nicht unmöglich sei , dass der Junge sich die Verletzungen selbst zugezogen hatte, und dessen Anwalt, der in Gedanken schon bei der nächsten Gerichtsverhandlung war, stellte wenig durchdachte Fragen. Hasse wurde freigesprochen, der Junge war für sein Leben gezeichnet.
Aber Hasses Chef hatte endgültig genug gehabt. Er stellte ihn vor die Wahl, seinen Posten bei der städtischen Polizei gegen einen Job am Flughafen oder scheißegal wo einzutauschen.
Hasse hatte den Flughafenjob angenommen und versucht, seinen Gesichtsverlust zu verdrängen – ohne Erfolg. Eine Ewigkeit hatte er in Arlanda gesessen und all den Schokowichteln und Hottentotten zugehört, die mit kuriosen Einfällen und blödsinnigem Gequatsche versuchten, ins Land zu kommen und Sozialhilfe zu erschleichen, um dann auf irgendeiner verfluchten Bank zu sitzen und Kat zu kauen.
Doch eines Tages hatte das Telefon geklingelt und eine Kriminalbeamtin, Gunilla Strandberg, hatte erklärt, dass sie sich zusammen mit zwei Kollegen gern mit ihm treffen wolle. Hasse verstand gar nichts mehr. Aber alles war besser als der Flughafen.
Die Jugendlichen schrien, Hasse schluckte sein Essen herunter, ging zu ihnen hinüber und zog seinen Dienstausweis hervor. Er atmete ein paarmal tief durch, dann nahm er eine seiner Pommes-frites-Schachteln und warf sie mit aller Kraft auf die Jungen. Sie traf einen von ihnen an der Wange, zwei andere bekamen die Pommes ab. Die Jugendlichen wurden still und starrten Hasse an, der nun wieder an seinen Tisch zurückging. In dem Moment betraten Anders Ask und Erik Strandberg das Lokal. Sie traten an Hasses Tisch.
»Sie müssen Hasse Berglund sein«, sagte Erik.
Hasse sah die beiden an und nickte.
»Ich bin Erik, und das hier ist Anders.«
Erik setzte sich mit einem Seufzen. Er hatte Fieber. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, er verspürte einen ständigen Druck im Kopf, und sein Mund war trocken.
»Du warst vorher bei der Stockholmer Polizei?«, fragte Erik und atmete schwer, der hohe Blutdruck setzte ihm zu.
»Jepp.«
»Jetzt bist du in Arlanda?«
»Ja«, bestätigte Hasse kurz angebunden.
Erik hustete in seine Armbeuge. Hasse trank seine Limonade mit dem Strohhalm und schaute Erik und Anders an.
»Du hast mit Gunilla gesprochen, sie hat dir von unserem Projekt erzählt. Wir wollten dich treffen«, sagte Anders.
»Von dir habe ich gehört, Erik, aber nichts von einem Anders«, erwiderte Hasse.
»Anders ist Consulter«, sagte Erik.
»Und was macht ein Consulter so?«
»Konsultieren«, erklärte Anders.
Hasse fand noch ein Pommes-frites-Stäbchen auf dem Stuhl zwischen seinen Beinen und aß es auf.
»Und Strandberg?«, fragte Hasse. »Du heißt auch so. Ist Gunilla deine Alte, oder was?«
Erik musterte Hasse. »Nein«, antwortete er.
Hasse Berglund wartete ab, aber mehr kam nicht von Erik.
»Ja, ja, ist ja auch egal. Ich bin froh, dabei sein zu können, denn darum geht es doch wohl? Ein Jobangebot?«
»Ich glaube, ja. Was sagst du, Anders?«
Anders antwortete nicht. Hasses Blick sprang zwischen ihnen hin und her.
»Ich sitze auf einem scheiß Flughafen, ich muss da weg, bevor ich jemanden erschieße. Ich bin flexibel, das habe ich Gunilla gesagt.«
Erik versuchte, eine bequeme Position auf dem harten Plastikstuhl zu finden. Rasselnd hustete er ein paarmal.
»Wir arbeiten in der Gruppe zusammen. Wir stellen Gunillas Entscheidungen nicht infrage, sie hat immer recht. Wenn du nicht verstehst, was deine Rolle in dem
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