Unbescholten: Thriller (German Edition)
Stück gehen.«
»Gerne, es ist ja auch schönes Wetter heute.«
Sie spazierten zu der kleinen Brücke über den Kanal.
»Wie lange leben Sie und Lars schon zusammen?«
»Wir leben nicht mehr zusammen.«
»Das tut mir leid.«
Sara war in Gedanken woanders. Gunilla und Erik bemerkten es und wechselten einen kurzen Blick.
»Lars hat sich verändert«, erklärte Sara schließlich.
»Inwiefern?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich habe angefangen, nach den Gründen zu suchen.« Sara war sichtlich nervös. »Er arbeitet noch für Sie, oder?«
Gunilla nickte.
»Dann wissen Sie ja, dass er viel unterwegs war, abends gearbeitet und tagsüber geschlafen hat.«
»Wenn Sie wollen, kann ich seinen Dienstplan ändern.«
Sara schüttelte den Kopf. »Darum geht es gar nicht, wir leben ja schon nicht mehr zusammen, wie gesagt.« Sie klang verletzt.
»Warum nicht, wenn ich fragen darf?«
Sara wandte sich Gunilla zu, blieb stehen und nahm ihre Sonnenbrille ab. Gunilla bemerkte Saras blaues Auge.
»Was ist passiert?«
»Was glauben Sie?«
Gunilla betrachtete die blutunterlaufene Schwellung. »Lars?«
Sara antwortete nicht, setzte die Sonnenbrille wieder auf und ging weiter.
»Ich habe angefangen, seine Sachen zu durchsuchen«, sagte sie, »seine privaten Sachen. Ich wollte herausfinden, warum er sich so verändert hat.«
Jetzt hörte Gunilla ihr aufmerksam zu.
»Je mehr ich fand, desto klarer wurde mir, dass er mit etwas außerhalb seiner … wie soll ich sagen, außerhalb seiner eigentlichen Aufgaben beschäftigt ist.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine damit, dass ich ein Bild von dem habe, was bei Ihnen vor sich geht.«
»Ach. Und was geht da vor sich?«
Sara war mit gesenktem Kopf neben ihr hergegangen, aber jetzt schaute sie auf. »Ich bin Journalistin.«
»Ja, das weiß ich.«
»Als Journalistin habe ich die Pflicht, über Machtmissbrauch zu berichten.«
Gunilla hob eine Augenbraue. »Oh, das klingt aber entschieden.«
Sara ging zum Angriff über. »Ich weiß, was Sie tun. Sie überwachen, bedrohen und verfolgen unschuldige Leute.«
»Ich verstehe nicht ganz, was Sie damit meinen«, sagte Gunilla.
»Ich meine damit Sophie, und ich meine Hector.«
Sara hatte noch keine Ahnung, wie das alles zusammenhing. Sie hatte lediglich die Namen und ein paar vage Informationen, die sie aus Lars’ Computer gezogen hatte. Sie wusste, dass da eine Art Überwachung stattfand, außerdem hatte sie ein paar Informationen über Gunillas frühere Ermittlungen, die sie dem Polizeiregister entnommen hatte – mehr wusste sie nicht. Aber das würde sie vor Gunilla nicht zugeben. Das hier war ihre Story, sie würde endlich aus dem Schattendasein der Kulturseiten heraustreten.
Gunilla gelang es nur mühsam, ihre Verwunderung zu verbergen. »Ich kann dazu nur sagen, dass wir gerade eine Menge verschiedener Fälle untersuchen, von denen manche in der derzeitigen Untersuchungsphase einer starken Geheimhaltung unterliegen, und dass es geradezu sträflich wäre, etwas über diese Ermittlungen zu berichten. Wenn Sie Informationen benötigen, können Sie diese bekommen, aber erst, wenn wir es für richtig halten, und nicht, solange dies unsere Ermittlungen oder unsere Mitarbeiter gefährden würde, die mit diesen Untersuchungen befasst sind.«
»Was ist mit Albert und diesem Verhör durch die städtische Polizei? Der Junge ist fünfzehn Jahre alt!«
Gunilla starrte sie an. Sara las jede Reaktion von ihrem Gesicht ab. Hatte sie ins Schwarze getroffen?
»Was haben Sie gesagt?«
»Sie haben gehört, was ich gesagt habe.«
»Wir stecken mitten in den Ermittlungen«, übernahm Erik das Wort, »wir arbeiten unter strenger Geheimhaltung. Es gibt da einige empfindliche Details. Was Sie gesehen oder gehört haben, sollten Sie unbedingt für sich behalten, bis wir Ihnen ein Zeichen geben. Dann können Sie es gern veröffentlichen.«
Sara spürte, dass sie einen Nerv getroffen hatte, und sah Gunilla forschend in die Augen.
»Die verwanzte Wohnung, das unerlaubte Abhören von Sophie … Wohin soll das eigentlich führen?«
Gunilla starrte Sara an. »Bitte?«
»Patricia Nordström. Sagt Ihnen der Name etwas?« Sara ließ sich jetzt nicht mehr beirren.
Gunillas Lächeln missglückte, es wirkte steif und unnatürlich.
»Patricia Nordström ist vor fünf Jahren verschwunden«, fuhr Sara fort. »Sie verschwand, als Sie mit ihr gearbeitet haben. Es gibt nichts, was darauf hindeutet, dass ihr Verschwinden etwas mit dem Traberkönig zu
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