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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Kirche
an und ging hinüber zu seinem Haus.
    Ich hatte keine Lust, noch einmal in den Garten zu gehen, weil ich
da immer dieses komische Gefühl hatte. Aber die grüne Mülltonne stand direkt
beim Gartenzaun, da musste ich nur einen Schritt in den Garten hineintun.
    Die Mülltonne war riesengroß und fast leer, und unten drin lag
eigentlich nur Werbung. Ich beugte mich hinunter und nahm den ganzen Packen
raus.
    Â»Glaubst des nicht«, sagte hinter mir die Resi.
    Ich wäre beinahe wieder quietschend in die Mülltonne gefallen.
    Â»I hab auch schon g’schaut! Weißt, wo der seine Unterwäsche
bestellt?«
    Die Resi war noch einmal mein Tod. Hatte die nichts Besseres zu tun?
Wollte die nicht eigentlich rosenkranztechnisch unterwegs sein?
    Â»Im Internet«, wisperte sie. »Glaubst, ob des lauter Schweinkram
ist?«
    Â»Nein, meine ich nicht«, sagte ich böse und ließ die Werbung wieder
zurück in die Mülltonne rutschen.
    Â»Aber wieso bestellt man denn im Internet?«
    Vielleicht, weil man keine Lust hatte, einkaufen zu gehen.
    Â»Weil’s bei uns halt keine Dessous gibt«, meinte die Resi. »Wennst
Dessous willst, musst praktisch ins Internet.«
    Â»So ein Schmarrn«, sagte ich ärgerlich.
    Â»Er hätt sie auch aus München mitbringen können«, schlug sie vor.
    Â»Man kann im Internet auch riesige unmoderne Zeltunterwäsche
bestellen«, erklärte ich ihr und ließ den Deckel der Mülltonne wieder zufallen.
    Â»Ehrlich. Meinst, der zieht so was an?«, flüsterte sie mir ungläubig
zu.
    Ich verdrehte die Augen.
    Weil ich mich beim Troidl nicht traute, suchte ich als Nächstes
die Kreiters heim. Ich konnte nur hoffen, dass nicht schon wieder die Resi
neben mir auftauchte. Die Kreiters hatten auch nicht recht viel in der
Papiertonne, der Hauptanteil waren drei Kataloge von Quelle, die schon fünfzehn
Jahre alt waren. Während ich mit dem Kopf in der Tonne steckte, sagte die
Kreiterin neben mir: »Des is schon ein Zeug. Dass der Ernsdorfer weg ist.«
    Ich fuhr so hastig nach oben, dass mir der Mülltonnendeckel auf den
Kopf schlug.
    Â»Aber wundern tut’s einen nicht«, sagte meine Großmutter und sah
mich missbilligend an, als ich die alten Quelle-Kataloge an meine Brust
drückte. »Der hat sich halt gar nimmer auskennt.«
    Die beiden sahen aus, als würden sie dort schon länger stehen und
mir zusehen.
    Â»Da wennst einmal ned zusperrst«, stimmte die Kreiterin zu. »Dann
sind s’ weg.«
    Die Alzheimerkranken. In meinen Ohren begann es ganz komisch zu
sausen, und ich überlegte, was ich jetzt mit den blöden Quelle-Katalogen machen
sollte.
    Â»Die sind schon lang nimmer wahr«, erläuterte die Kreiterin und ging
an mir vorbei zum Haus. »Aber wennst die haben willst, kannst sie haben.«
    Na toll.
    Â»Auch die anderen Sachen aus der Tonne. Die brauchen wir nimmer«,
erläuterte sie gönnerhaft, bevor sie im Haus verschwand.
    Großmutter hakte sich bei mir unter und ging mit mir zum Auto.
»Fahrst mich heim?«, fragte sie, als hätte ich keine alten Quelle-Kataloge im
Arm, und setzte sich, ohne auf die Antwort zu warten, auf den Beifahrersitz.
    Suchen war noch nie mein Ding gewesen. Großmutter dagegen war
dafür prädestiniert, wegen ihres guten Drahts zum heiligen Antonius. Das war
schon so gewesen, als ich noch zur Schule gegangen war. Da hatte ich regelmäßig
irgendetwas verloren, und während ich heulend und zähneknirschend hinter
Großmutter hergeschlichen war, hatte sie immer ihre Antonius-Gebete vor sich
hin gemurmelt und ziemlich bald alles gefunden, was ich brauchte.
    Aber was willst machen, würde der Schmalzlwirt sagen. Wenn’s den
alten Ernsdorfer irgendwo derbröselt hat, da kannst dann auch nicht so sein.
Und darum sollten wir alle nicht so sein und uns auf die Suche nach dem
Ernsdorfer machen.
    Großmutter hatte sich geweigert mitzukommen.
    Â»Meine Fiaß«, hatte sie nur gesagt – und mehr brauchte sie dazu auch
nicht zu sagen. Ihre Beine verweigerten nämlich vorzugsweise bei unangenehmen
Aufgaben ihren Dienst, und den Ernsdorfer zu suchen war unangenehm.
    Ich war leider in einem Alter, wo man sich noch nicht auf seine
»Fiaß« berufen konnte. »Dann zieh dir g’scheite Schuh an«, hätte Großmutter
vielleicht gesagt. Oder: »Die jungen Leut, die ham halt keine Ahnung ned.
Gleich nach

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