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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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richtig Glück. Ich zum Beispiel,
eben gerade. Da hatte ich mich endlich zu einem Interview mit dem Schmalzlwirt
durchgerungen, wohl wissend, dass es keine angenehme Erfahrung für mich werden
würde, da sah ich fremde Leute durchs Dorf fahren. Es waren ausnahmsweise keine
verrückten Fremden, sondern taffe Reporter von RTL ,
die mal nachfragen wollten, wie es um das heilige Knochenkistl bestellt sei,
jetzt, wo jeder wusste, dass die Knochen für einen Heiligen viel zu jung waren.
Meine Fragen wurden sozusagen von einer sehr energischen, superblonden Reporterin
übernommen, die überdimensionale Brüste hatte.
    Ich stellte mich einfach daneben und freute mich. Dass ich nicht
gegen die Großbrüstige anstinken konnte, störte mich gerade gar nicht, weil
sich der Schmalzl genauso verhielt, wie er es mir gegenüber gemacht hätte.
Vermutlich hatte er inzwischen schon ein Seminar bei den Ernsdorfers gemacht,
wie man sich gegenüber lästigen Journalisten benimmt. Denn es fiel auffällig
oft der Satz: »Hyänen seids ihr alle.« Das war der von RTL aber richtig wurscht. Mir wurde ganz heiß bei dem Gedanken, der Schmalzlwirt
hätte das alles zu mir sagen können.
    Â»Schleichts euch, ihr hundsmiserabligen Krippeln«, schrie der
Schmalzlwirt mit hochrotem Kopf. Jawohl, ich musste nur mitschreiben. Und
konnte sogar ganz edel über die »Sauhund« von RTL berichten, ohne mich selbst in die Nesseln zu setzen. Und dieses Mal würde ich
wirklich viele Zeilen zusammenbekommen.
    Außerdem hätte ich dem Schmalzlwirt gerne den Tipp gegeben, gar
nichts zu sagen, so wie seine Schwiegertochter, die hinter den Vorhängen stand
und nur guckte. Bevor die Situation vollkommen eskalierte, schnappte sich die
Reporterin ihr Mikrofon und verzog sich, noch immer sehr intelligent in die
Kamera redend, in ihr Auto. Der Schmalzl brüllte noch ein paarmal: »Schleichts
euch, ihr damischen Krippln, ihr damischen!«, und dann verzog auch ich mich
lieber, nicht dass ich den gesammelten Zorn vom Schmalzlwirt doch noch abbekam.
    Und weil ich gerade so wunderbar drin war in meiner
journalistischen Arbeit, hatte ich tatsächlich noch den Mut, Richtung Sägewerk
zu fahren, um dort endlich das Interview mit den Ernsdorfers zu machen.
    Als ich beim Ernsdorfer ankam, sah ich gleich, dass der Zeitpunkt
schlecht gewählt war. Huh. Anscheinend hatte das halbe Dorf beschlossen, mal
beim Ernsdorfer nachzusehen, wie es nun war. Der Kreiter stand bei einem Stapel
Bretter und legte nachdenklich den Kopf schief. Der Metzger stand direkt neben
dem Ernsdorfer, mit gerunzelter Stirn, als würde er gerade ein hochkomplexes
mathematisches Problem lösen. Und die Resi stand etwas ungeschickt daneben und
versuchte, ihren Hund zu bändigen.
    Immerhin hatte sie ihren Hund dabei und war somit beschäftigt. Der
Ernsdorfer war wieder topmodisch gekleidet. Er trug einen Blaumann und darüber
einen alten Anorak. Das Highlight dazu war aber sein Handtäschchen, das er an
seinem Arm baumeln ließ, wie selbst Lady Di es nicht eleganter zu tun vermocht
hätte.
    Â»Und, was kost’s?«, fragte der Metzger neben mir.
    Der Ernsdorfer holte eine trübe alte Plastikhülle aus seinem Täschchen
und sah auf die Preisliste. »Des wird nach Kubikmetern berechnet«, antwortete
er.
    Ich starrte noch immer das Handtäschchen an. Mannomann. Seit ich den
Troidl im letzten Winter mit Wintermantel über dem Bademantel beim Schmalzlwirt
erwischt hatte, litt ich unter unheimlichen Phantasieschüben. Troidl als
Transvestit mit Ultrapumps auf seinem matschigen Vorhof. Und darüber sein
blau-rot gestreifter Bademantel aus den Sechzigerjahren. Und jetzt so etwas.
    Â»Was is?«, fragte der Ernsdorfer. Anscheinend war mir der Mund zu
lange offen stehen geblieben. Er stopfte die Preisliste zurück in sein
Täschchen und holte eine große Geldbörse hervor. »Wennst glei zahlst, is
billiger«, sagte er zum Metzger und warf mir einen drohenden Blick zu.
    Â»Hast du’s schon gehört …«, flüsterte die Resi und zerrte
ungeschickt an der Hundeleine. »Der Pastoralreferent hat ein Schlafzimmer, da
steht nur ein Metallregal drin.« Sie begann zu kichern.
    Für so etwas hatte ich jetzt echt keine Zeit. Schließlich musste ich
einen Artikel über den Ernsdorfer schreiben und mich darauf konzentrieren,
richtig gute Fragen zu stellen.
    Â»Metallregal.« Sie

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