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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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irgendjemand die Straße entlangkam. Aber nachdem Rosenmüller
fluchtartig den Tatort verlassen, Max mich schmählich im Stich gelassen hatte
und das Müllauto rumpelnd um die nächste Kurve gebogen war, stand ich endlich
ganz alleine vor den Mülltonnen.
    Nur Mut, feuerte ich mich an. Es war die einfachste Sache auf der
Welt. Deckel auf, Papier raus, Deckel zu.
    Wieso ich dann so angewurzelt vor der Tonne stand, wusste ich nicht.
Vielleicht, weil ich ständig die schwarze Nachbartonne im Blick hatte, in der
vor ein paar Minuten vielleicht noch Teile vom Ernsdorfer, in blaue Müllsäcke
verpackt, gelagert gewesen waren?
    So ein Unsinn, versuchte ich meine Phantasie zu bändigen. Wieso
sollte ausgerechnet der Rosenmüller etwas mit der Ermordung des Ernsdorfers zu
tun haben? Er kannte den Ernsdorfer doch überhaupt nicht. Er kannte überhaupt
niemanden aus unserem Dorf und hatte keinen Grund, egal wen umzubringen.
Außerdem war er erst im Dorf angekommen, als der Ernsdorfer schon weg gewesen
war. Oder? Ich konnte mich nicht mehr so genau daran erinnern, wie die
Reihenfolge gewesen war.
    Wie auch immer – ich konnte wirklich froh sein, dass der Rosenmüller
herausgekommen war, als ich Max zwingen wollte, die Mülltonne zu konfiszieren.
Das wäre vermutlich wirklich oberpeinlich geworden, denn in Ermangelung von
Asservatenbeutelchen hätte ich Max nämlich meine Aldi-Tüten in die Hand
gedrückt. Max hätte unaussprechlich stinkenden Müll aus der Tonne genommen und
in seinem schönen daytonagrauen Audi herumgefahren. Vielleicht wäre er sogar
ohnmächtig geworden und gegen einen Baum gefahren. Und letztendlich hätte sich
herausgestellt, dass der Rosenmüller nur fünf Kilo Hackfleisch hatte vergammeln
lassen. Nun ja. Den blauen Mülltüten nach zu schließen, war es bedeutend mehr
und bedeutend Sperrigeres gewesen als fünf Kilo Hackfleisch. Dann eben …
fünfzig Kilo Hackfleisch, gemischt. Und eine Beinscheibe. Wenn das zu gammeln
anfing, das stank ganz schön.
    Ich starrte noch immer auf die Mülltonnen. Es klang alles sehr unlogisch.
Viel logischer war doch, dass der Rosenmüller am helllichten Tag Leichen
beseitigte – da fiel das nämlich nicht weiter auf. Aber nun gut, die Chance war
vertan, die Leiche war weg. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass ich in der
Papiertonne fündig wurde.
    Auf dem Weg nach Hause ließ ich meinen Hund neben dem Auto
herlaufen. Man brauchte sich nicht alles gefallen zu lassen, fand ich. Außerdem
war ich nicht richtig fahrtüchtig, da wollte ich das Leben meines Hundes nicht
unnötig gefährden.
    Neben mir lagen nämlich die obersten dreißig Zentimeter Papiermüll
vom Rosenmüller. Und wie es aussah, hatte er jede Menge Wörter aus dem
Bistumsblatt ausgeschnitten.

Kapitel 8
    An manchen Tagen weiß man schon von vornherein, dass sie ganz
grässlich verlaufen werden. Ich hatte schon wieder eine schlaflose Nacht hinter
mir, und es hätte mich nicht gewundert, wenn ich neben meiner Großmutter am
Frühstückstisch weiße Zwerge hätte sitzen sehen. Aber Großmutter hockte ganz
alleine im morgendlichen Frieden vor ihrem Bistumsblatt und ließ sich von ihrem
Energiekegel bestrahlen.
    Ich setzte mich zu ihr an den Tisch und wartete darauf, dass sich
die Espressomaschine aufheizte. So richtig hatte ich noch immer nicht
verarbeitet, was ich gestern herausgefunden hatte. Es war schlichtweg
unmöglich, dass der Rosenmüller ein Drohbriefschreiber war. Schließlich war er
ein studierter Theologe.
    Aber so viele Wörter, wie er ausgeschnitten hatte, deuteten
eigentlich darauf hin – mein Magen knurrte unnatürlich laut –, dass er entweder
ganz viele Drohbriefe gebastelt oder dass er mir nicht den ersten geschickt,
sondern eine Weile geübt hatte.
    Schmarrn, würde Großmutter sagen. Ein Pastoralreferent, des is ein
feiner Mensch und ned irgendein dahergelaufener miserabliger Hundskrippl. Ich
starrte auf Großmutter, die mit gerunzelter Stirn im Bistumsblatt las. Wohl
wahr, möchte man meinen. Und ich strengte mich auch unglaublich an, für die
beobachteten Dinge eine harmlose Erklärung zu finden. Vermutlich hatte ich
einfach nur zu viel Hunger. Sonst wäre mir gleich etwas ganz Einleuchtendes
eingefallen.
    Großmutter blätterte wieder um, es raschelte leise und gemütlich.
Ich dachte an die Gesichtsfarbe der

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