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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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sagen
können, dass die Kreiterin die Pfarrsekretärin ist. Aber wahrscheinlich hätte
sie mir gesagt, wenn du einmal im Pfarrbrief lesen würdest, dann wüsstest du
das selber. Und das stimmte auch wieder.
    Ich versuchte, mich an meine Mission zu erinnern.
    Â»Ja. Also. Außerdem«, sagte ich mit gerunzelter Stirn. »Außerdem
schreib ich was über den Rosenmüller. Und da dachte ich mir, ihr habts da
bestimmt im Pfarrbüro so …«
    Was? Ein polizeiliches Führungszeugnis? Die Liste der letzten
Verbrechen?
    Â»â€¦Â einen Lebenslauf«, hängte ich atemlos an. O Mann. Man sollte
solche Aktionen immer vorher planen.
    Â»Nein, haben wir nicht«, antwortete die Kreiterin böse. »Sonst noch
was?«
    Â»Oder irgendwelche … Referenzen oder so …«
    Die letzten Gefängnisaufenthalte. Vorstrafenregister.
    Sie lehnte sich gemütlich zurück und betrachtete mich von oben bis
unten.
    Â»Gutachten?«, schlug ich stattdessen vor. »Zeugnisse?«
    Sie schüttelte zufrieden den Kopf.
    Â»Der Herr Rosenmüller könnte jetzt sozusagen … auch gar kein
Pastoralreferent sein«, bemerkte ich mit ebenso großer Zufriedenheit, »sondern
beispielsweise ein …«
    â€¦ psychotischer Killer.
    Â»â€¦Â Tankwart?«
    Â»Schmarrn«, erklärte die Kreiterin kopfschüttelnd. »Die Diözese
schickt uns doch keinen Tankwart als Pastoralreferenten.«
    Â»Aber wissen tun wir’s nicht.« Das war ja ein Ding. »Und vielleicht
wissen die’s von der Diözese auch nicht?«
    Â»Schmarrn«, antwortete die Kreiterin unwirsch. »Die haben des
natürlich schon. Die Zeugnisse. Und den Lebenslauf.«
    Sie trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch und sah mich mit
dem »Wir haben zu tun«-Blick an.
    Â»Frag ihn halt selber.«
    Was? Ob er ein Serienmörder war und sich nur als Pastoralreferent
ausgab?
    Â»Mach halt ein Interview«, schickte sie mir noch hinterher. »Da
fragst ihn einfach, was du alles wissen willst. Ob er zum Beispiel Tankwart
ist.« Sie kicherte.
    Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
    Dass die Kreiterin kichern konnte, hatte ich auch noch nie erlebt.
    Das Pfarrfest sollte stattfinden, obwohl wir den Ernsdorfer
nicht gefunden hatten. Selbst die alte Ernsdorferin hatte dafür gestimmt. »Das
hätte er nicht gewollt«, hatte sie angeblich gesagt, »dass so eine Institution
ausfällt.«
    Wie eine Institution ausfallen kann, wusste keiner. Und dass er das
nicht gewollt hätte, hielt ich für ein Gerücht. Vermutlich war es dem alten
Ernsdorfer einfach komplett egal, ob und wann ein Pfarrfest stattfand. Und
jetzt, in seiner Lage, konnte man annehmen, dass es ihm bestimmt besonders egal
war. Denn inzwischen sagten sogar die optimistischen Rosenkranztanten, dass man
ihn wahrscheinlich nie wiederfinden würde.
    Ein Pfarrfest ist eine gute Sache. Man trifft alle Katholiken auf
einem Haufen und kann ermitteln, dass es grad so kracht. Ich hatte große Pläne.
Ich wollte mich noch nicht ganz auf den Rosenmüller versteifen, schließlich
hatte ich immer noch nicht herausgefunden, was der Kreiter mit dem Ernsdorfer
zu tun hatte. Außerdem wollte ich dem Rosenmüller zuerst noch etwas auf den
Zahn fühlen, bevor ich ihn als Mörder festnagelte. Wie ich das anstellen
sollte, wusste ich noch nicht, aber ich hoffte auf eine spontane Inspiration.
Ich hatte den Rosenmüller und den Kreiter zwar schon in der Menge entdeckt,
aber die Eingebung ließ auf sich warten.
    Wenigstens war meine Tarnung perfekt. Denn das Wichtigste am
Pfarrfest ist, dass man sich riesig einbringen muss, dann sind alle wohlwollend
gestimmt. Und in meinem Fall bedeutete das, dass ich die größte Tupperdose, die
die Anneliese hatte finden können, gut gefüllt hatte. Ich hatte wirklich und
wahrhaftig einen Zitronenkuchen auf dem Blech gebacken. Und ich spürte richtig,
wie hin und wieder ein wohlwollender Blick an mir hängen blieb. Die Lisa Wild
bringt sich ein. Ehrlich.
    Vorsichtshalber. Ich brachte mich vorsichtshalber ein. Um nicht
versehentlich ermordet zu werden oder versehentlich zu verschwinden. Und
außerdem, um auszusehen wie all die anderen erwachsenen Katholikinnen, die mit
Salatschüsseln und Tupperdosen bewaffnet waren. Kein Mensch hätte geahnt, dass
ich auf etwas ganz anderes aus war, als möglichst viel Kuchen zu essen.
    Der Rosenmüller

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