Und da kam Frau Kugelmann
krummbeinige Kobykinder, die an meiner Kleidung zerren und die ich daran hindere, sich lutschend und saugend auf die Eisbank zu legen, die ihr Vater eigens für mich eingebaut hat. Koby hält unterwegs am Straßenrand an.
»Ich muss es dir sagen, ich bin verheiratet und habe drei kleine Kinder.«
»Wie heißen sie?«, flüstere ich nur.
»Naama, Tomer und Halit«, sagt er mit klarer, lauter Stimme.
Was können mir diese Namen schon anhaben, denke ich, während ich mir die spitz gefeilten, lackierten Fingernägel tief in das Fleisch des Daumens bohre, um den anderen Schmerz, den Koby nicht sehen soll, zu betäuben. Hätte ich doch nur ein kleines Stück Eis bei mir, es würde mir gleich besser gehen.
»Hebräische Namen«, sage ich.
»Ja«, sagt Koby stolz. »Im Namen meiner beiden ältesten Kinder stecken die Initialen ihrer beiden verstorbenen Großväter.«
»Das ist doch eine Verstümmelung.«
»Nein, eine Modernisierung. Die alten biblischen Namen gefallen uns schon lange nicht mehr.«
»Und wenn deine Kinder mal auswandern, wie sollen sie mit ihren hebräischen Namen weiterkommen?«
»Sie sollen im Land bleiben«, sagt Koby, lässt den Motor an, fährt los und setzt mich wortlos am Hotel ab.
Um die Mittagszeit ruft mich der Portier an. Ob ich ein Taxi bestellt habe, in der Halle warten zwei Taxichauffeure auf mich. Klopfenden Herzens renne ich hinunter, es ist sicher Koby, der sich in mich verliebt hat und es ohne mich keinen Tag mehr aushalten kann. Er ist gar nicht verheiratet, alles gelogen, er wollte sich vor mir schützen, um mir nicht ganz zu verfallen. Wir werden drei wundervolle Kinder miteinander haben, eines schöner als das andere, mit internationalen, europäisch klingenden Namen. Der liebe Gott wird seinen Daumen dazwischenhalten, und die Kinder werden meine langen graden Beine erben, Kobys heisere Stimme, seine geschickten Hände, sein wolliges, dunkles Haar, seine festen Lippen und die hübsche kleine Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen. In den nächsten Tagen wird er mich durch das Land chauffieren, damit ich es kennen lerne, mir das Viertel zeigen, in dem er seine Kindheit verbrachte, und er wird mich seiner Mutter vorstellen. Als Trauzeugen hat er gleich seinen besten Freund mitgebracht, einen Kollegen, mit dem er am Wochenende abwechselnd Schicht fährt.
»Das ist mein jüngerer Bruder Eli«, sagt Koby.
»Hallo.«
»Eli ist Taxichauffeur in Jerusalem.«
»Habt ihr noch mehr Brüder, die Taxichauffeure sind?«
»Nein. Nur Eli und ich. Er ist unverheiratet und sucht eine Frau.«
»Was kann ich für deinen Bruder tun?«
»Ich möchte ihn dir vorstellen. Er sucht eine Frau wie dich zum Heiraten.«
»Er will mich heiraten?«, frage ich fassungslos.
»Sieh mal, er hat dieselben kleinen behaarten Oasen auf dem Handrücken, die dir heute Nacht so gut gefallen haben.«
»Sie verwechseln mich. Es gibt da eine andere Silberberg, sie wohnt in einem Hotel zwei Straßenzüge weiter. Gehen Sie zu ihr und stellen Sie ihr den Bruder vor«, sage ich kühl und rette mich in mein Zimmer.
Ein ganzes Land liegt im Jagdfieber. Unzählige Bürogemeinschaften, Geschäftszweige, Wohnviertel sind damit beschäftigt, Heiratskandidaten zu finden, um sie einander vorzustellen. Sogar beim Scheidungsrichter schmieden die geladenen Zeugen heimlich Pläne für die nächste glückliche Verbindung. In einem fort werden Blind Dates arrangiert, Essen organisiert, bei denen man wie zufällig nebeneinander sitzt. Ausgewählte Kandidaten werden angepriesen. So wird aus einer gefärbten Blondine, deren Kinn und Nase begradigt wurden, der Spross einer Familie von gekrönten Schönheitsköniginnen. Ein Phobiker, der seit seiner Militärzeit kein Flugzeug mehr besteigt, wird zum Vielflieger erhoben, und an dem Tag, an dem ein Knessetmitglied durch Vermittlung des Staatspräsidenten eine entfernte Cousine des kommandierenden Generals der israelischen Armee in der Kantine zum ersten Mal trifft, steht die Politik still, alles blickt zur Tür, das Abgeordnetenhaus löst sich auf, neue Koalitionen werden gebildet, das Parlament konstituiert sich erst wieder, wenn die beiden, als glückliches Paar vereint, sich beim Staatspräsidenten bedanken und ihn an seine nationale Pflicht erinnern, für eine unglückliche Nachbarin, einen Stock höher, auch einen geeigneten Mann zu finden.
Fremde sprechen mich in einem Straßencafé an, der eine hat einen Onkel in Melbourne, der sich noch vor seinem fünfundvierzigsten
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