Und da kam Frau Kugelmann
auf. Ich höre kaum zu, als Koby mir sagt, er lasse nur Frauen einsteigen, die ihm gefallen, lieber eine leere Fuhre als Frauen, die er nicht mag.
»Sind Sie verheiratet?«, fragt er mich in einem erstaunlich fließenden, mit gutturalen harten Lauten gefärbten Englisch, und als ich verneine, will er wissen, ob das junge Mädchen, das neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, in festen Händen ist.
»Das geht Sie einen feuchten Dreck an«, sagt das junge Mädchen.
»Ist denn Ihr Freund schon trocken hinter den Ohren?«, fragt Koby.
»Haben Sie sich schon einmal hinter Ihre eigenen Ohren gefasst?«, faucht sie ihn an.
Koby bietet uns Zigaretten und Bonbons an. Die ältere Dame, die als Letzte einsteigt, ist sein Stammgast. Ihr Mann verbietet ihr aus Furcht vor Terroranschlägen, den Bus zu nehmen. Wenn sie das Haus verlässt, steht er am Fenster und beobachtet sie. Ab und zu hintergeht sie ihn. Sie fürchtet sich nicht, da sie glaubt, dass das Schicksal ohnehin vorbestimmt ist. Sie liebt es so sehr, sich durch die Straßen schaukeln zu lassen und insbesondere vom erhöhten Sitz oberhalb der Busräder nach unten auf den hupenden Verkehr zu schauen. Koby holt sie an der letzten Station ab und fährt sie zurück nach Hause. Es wird laut in Kobys Taxi, die beiden erzählen sich ihre Lebensgeschichten. Wie leicht es fremden Frauen fällt, sich gegenseitig ihr Innerstes aufzudecken. Koby greift ein, kommentiert. Für die Dauer der Fahrt sei er unser Beschützer, sagt er, er ist unser Vater, unser Bruder, unser Geliebter, er bringe Frauen, die sich ihm anvertrauen, sicher an das gewünschte Ziel.
Als ich später das Anwaltsbüro mit dem altmodischen Koffer verlasse, umfängt mich draußen vor der Tür die dunkle, feuchte Hitze des Abends. Der braune Koffer, in dem sich der hölzerne Besteckkasten befindet, wiegt schwer. Ich kann ihn kaum tragen. Ich fühle, wie sich Schwielen an meinen Händen bilden, in Sekundenschnelle schwellen die Finger an. Ich kann die steif gewordenen Finger nicht mehr krümmen, der Koffer gleitet mir aus der Hand. Ich darf den Glückskoffer bloß nicht fallen lassen, ich muss ihn festhalten, denn nur mit dem Koffer in der Hand treffe ich auf den richtigen Mann. Wo werde ich ihn finden, am Strand oder im Hotel? Wie wird er aussehen? Ich bin sehr gespannt, welchem Mann ich begegnen werde. Wird er auf mich zukommen und mich wegen des Koffers ansprechen? Wie will er mich unter Abertausenden von Frauen auswählen? Oder werde ich ihm auf der Straße begegnen und mich urplötzlich, wie vom Blitz getroffen, in ihn verlieben, wie Frau Kugelmann in ihren Adam? Werde ich mich auf ihn stürzen, ohne ihn je wieder freizugeben? Wie erkenne ich, ob es der Richtige ist? Der Koffer wird mir nicht helfen, falls ich an den Falschen gerate. Er wird nicht auf- und zuklappen, um mich zu warnen. Ich muss wachsam sein, es könnte der Erste oder der Letzte sein. Nicht auszudenken, dass ich mir den Zweiten nehme, von dem ich mir das Glück verspreche, das mir nur der Dritte geben kann. Oder es wäre der Vierte, während ich mich dem Dritten an den Hals werfe. Oder aber es gäbe zwei Richtige für mich, den Dritten und den Vierten, zwischen denen ich mich entscheiden müsste. Was aber, wenn in Wirklichkeit der Allererste, dem ich begegne, derjenige ist, der für mich bestimmt ist, und ich an ihm vorübergehe, weil ich nicht glauben kann, dass das Glück zum Greifen nahe ist. Vorsichtig, mit hochgezogenen Schultern schaue ich mich um. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sehe ich Kobys Taxi stehen. Er wartet auf mich.
»Ich bringe Sie zurück nach Tel Aviv, zum halben Fahrpreis«, sagt er.
»Warum haben Sie gewartet? Das war gar nicht abgemacht«, protestiere ich halbherzig, den Tränen nahe. Ich kann die Augen jetzt nicht verschließen und rückgängig machen, dass ich Koby als Ersten angetroffen habe.
»Wo wollen Sie denn mit dem schweren Koffer hin, den können Sie ja kaum tragen. Steigen Sie ein«, sagt er.
Ungefragt öffnet er meinen Koffer, ehe er ihn in seinem Kofferraum verstaut.
»Eine Sicherheitsmaßnahme«, erklärt er, »wir müssen wachsam sein. Es ist zu Ihrem und meinem Schutz. Ich weiß ja nicht, wer Ihnen den Koffer ausgehändigt hat.«
Bald wird er mir meine Kleider vom Leib reißen, meine Schuhe ausziehen, meine Handtasche durchsuchen, mir mein Geld abnehmen und mir weismachen, dass ich nur nackt mit gespreizten Beinen in seinem Taxi sicher bin.
Kobys Taxi ist voller Papiere, er
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