Und da kam Frau Kugelmann
Lebensjahr verheiraten will, die andere einen Sohn, unschuldig geschieden mit zwei gut erzogenen kleinen Kindern. Ich werde von heiratswütigen Kandidaten verfolgt, beim Friseur, im Supermarkt, auf der Straße. Der Liftboy will mit mir die Ehe schließen, der Kellner am Strand, sogar der Portier des Hotels fragt mich, ob ich allein bin, und will mich mit dem Kollegen vom Nachtdienst bekannt machen. Das Zimmermädchen Chana will mir ihren Sohn vorstellen, sogar der Anwalt, der mir die Erbschaft aushändigt, will mit mir ausgehen. Sie sind hinter mir her. Nicht einmal im Hotelzimmer bin ich sicher. Ein Freund meiner seligen Tante Halina ruft an, er habe gehört, ich sei da, ich solle doch seinen jüngsten Sohn kennen lernen. Er sei im Moment auf einer Geschäftsreise in Kanada, werde aber bald nach Tel Aviv zurückkehren, ein bildschöner, großgewachsener Mann. Ob ich interessiert sei. Ich mag nur hässliche, kleine Männer, am liebsten Liliputaner, sage ich und lege auf. Es scheint, als sei ich nach Israel gekommen, um die Übriggebliebenen, die Verlassenen, die Geschiedenen aus ihrem trostlosen Dasein zu erlösen. Dünne, lahme, flinke, jähzornige Männer stürzen sich auf mich. Der Kreis schließt sich, wird immer enger, die Männer von der Straße dringen in mein Zimmer, werfen einen Strick über mich, ketten meine Hände und meine Füße mit Trauringen an die Wände.
Ich werde mein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Ich beschließe, mir meinen eigenen Mann auszuwählen. Ich kaufe mir ein Hochzeitskleid und gehe mit dem Koffer hinunter zum Strand. Ich habe alles dabei, den Brautstrauß, die weißen mit Strass verzierten Stiefelchen, das paillettenbesetzte Mieder, das die Leibesmitte zur Wespentaille einschnürt. Mein Hochzeitskleid ist wunderschön, viel zu schön, um nur einen einzigen Abend getragen zu werden. Die Schneiderin trägt den Smoking für meinen Bräutigam auf dem Arm, Nadel und Faden in der Hand, bereit, an Ort und Stelle nach Bedarf zu kürzen oder zu verlängern. Die Friseuse, die Visagistin, die Fotografen warten schwitzend auf ihren Einsatz. Ich habe die Ringe bereits am Finger, der Rabbiner ist bestellt, der Baldachin für die Trauungszeremonie ist aufgebaut, der Stuhl hergerichtet, auf dem man mich als Braut herumtragen wird, der Hochzeitskuchen, die Menükarten, die Kapelle, der Verstärker, die Kinder, die Blumen streuen werden, die ganze Hochzeitsgesellschaft sitzt erwartungsvoll auf der überdachten Terrasse des Strandrestaurants. Endlich entdecke ich einen Mann, der mir gefällt, und je näher ich auf ihn zukomme, umso mehr weicht er vor mir zurück. Alle Männer, auf die ich zutrete, weichen zurück. Kein Mann wagt es, mir entgegenzugehen. Ich bin die entzauberte Braut, die sich selbst den Schleier gelüftet hat. Ich bin die Frau, die keiner will, die kein Geheimnis in sich birgt, die nicht erobert werden kann, weil sie zu haben ist. Die Frau, die das Kind mit dem Bade ausschüttet, die alles ins Gegenteil verkehrt, die mit dem Kopf auf dem Boden steht. Verzeiht mir, meine armen ungeborenen Kinder, der Koffer, auf den ich so sehr gehofft habe, bringt mir kein Glück. Ich finde euren Vater nicht, ohne ihn werde ich keine Familie gründen. Möglich, dass es ihn gibt und er sich vor mir versteckt, bis ich wieder nach Frankfurt abgereist bin. Vielleicht hat ihn sich meine Doppelgängerin geschnappt, die falsche, verlogene Silberberg, die sich mein Zimmer erschlichen hat und nun mit meinem gestohlenen Mann das abgefeimte Verbrechen plant, meine ungeborenen Kinder zur Welt zu bringen.
Einsam gehe ich spät in der Nacht hinunter an den Strand. Lege mich in den Sand und beobachte, wie der Tag als rotschimmernder heller Streifen über den Dächern der Stadt langsam aufsteigt. Wird es überhaupt noch einen Mann geben, mit dem ich hier liegen werde? Wie viele Enttäuschungen muss ich noch ertragen? Woher soll ich den Mut nehmen, mich nochmals auf die Suche zu begeben? Die Müdigkeit treibt mich kurz nach Sonnenaufgang zurück ins Hotel. Für ein oder zwei Stunden will ich mich noch schlafen legen, bevor Frau Kugelmann das Zimmer betritt. Es tut gut zu wissen, dass es einen Menschen gibt, der auf mich wartet. Ich freue mich, als sie hereinkommt. Nehme ihr die Wasserflasche ab, rücke ihr den Stuhl zurecht. Lieber eine Kindergeschichte vom schönen Adam als einsame quälende Stunden in einem fremden Hotelbett. Sie darf auch ruhig noch eine Anekdote vom Fürstenberg erzählen, wenn sie mag, sie
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