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Und dann der Himmel

Und dann der Himmel

Titel: Und dann der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Stressenreuter
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say, no more ace to play
    The winner takes it all …
    Finn wischt verärgert eine unerwartete Träne aus dem Augenwinkel und unterbricht die Musik. Blöde Heulboje. Billiges Gedudel, viel zu pathetisch und überholt. In einige Dinge kann man sich auch hineinsteigern.
    Endlich hat Finn die Stelle gefunden. Vor ihm, direkt neben der Straße und etwas abschüssig gelegen, taucht ein Wasserspeicher aus schmutzigem Beton auf, ein monströses Bauwerk, übrig geblieben aus den fünfziger Jahren, mit wilden Graffiti beschmiert und seit Ewigkeiten unbenutzt. Ideal für das, was er vorhat. Finn löst den Sicherheitsgurt und schaut vorsichtshalber in den Rückspiegel, ob auch hinter ihm kein Auto zu sehen ist. Doch anstelle eines leeren Horizonts sieht er plötzlich einen fremden Mann mit dunklen Haaren und Grübchen auf den Wangen auf seiner Rückbank sitzen. Er trägt ein T-Shirt mit einem verwaschenen, unleserlichen Aufdruck. Finn erschrickt fast zu Tode. Sein Puls rast. Er sieht, wie der Mann sanft den Kopf schüttelt, als wollte er ihn von seinem Vorhaben abbringen. Finn tritt hart auf die Bremse und bringt das Auto mit quietschenden Reifen zum Stehen. Zitternd klammert er seine Finger um das Lenkrad und blinzelt erneut in den Rückspiegel. Der Mann ist verschwunden. Mit klopfendem Herzen dreht sich Finn zur Rückbank. Aber es ist wirklich niemand da, nur der Schokoriegel liegt auf dem Polster, wo er ihn vorhin achtlos hingeworfen hatte. Seine Nerven müssen ihm einen Streich gespielt haben.
    Finn atmet tief durch. Er denkt nicht daran, es nicht zu tun. Sein Entschluss steht fest. Entschieden drückt er die Verriegelung an der Fahrertür herunter und gibt Vollgas. Als er auf der Höhe des Wasserspeichers angekommen ist, reißt er das Steuer scharf nach rechts und rast mit hundert Stundenkilometern auf den Betonklotz zu.
    Der Aufprall des vollgetankten Wagens verursacht einen Feuerball, der noch in fünf Kilometern Entfernung zu sehen ist.
    Ich schrecke verstört aus meinem Tagtraum hoch und starre Rafael ungläubig an. „Du hast dich eingemischt! Was fällt dir ein?“ Zum ersten Mal bin ich richtig wütend auf meinen Begleiter. Ich fühle mich missbraucht und es ist mir unheimlich, wie viel Macht Rafael besitzt. Wenigstens in Gedanken möchte ich tun und lassen können, was ich will.
    „Ich werde damit nicht aufhören“, erwidert Rafael kurz angebunden. Wir sind auf dem Weg zu unserem Frühstück und er kickt einen Kieselstein vom Bürgersteig. „Was du tust, ist falsch.“ Anscheinend ist er ebenfalls sauer.
    „Aber es ist doch nur eine Fantasie“, maule ich.
    „Das spielt keine Rolle. So etwas macht man einfach nicht. Es ist moralisch verwerflich und zudem ungesund. Und es hilft keinem von euch weiter.“
    Mir schon, denke ich trotzig. Es befreit mich. Und Finn schadet es nicht, es ist ja nicht real. Trotzdem sage ich vorsichtshalber nichts mehr, aber ich gebe nur äußerlich klein bei.
    „Außerdem verstößt es gegen die zehn Gebote“, schiebt Rafael nach. „Genauer gesagt, gegen Gebot 5 a.“
    Ich sehe Rafael verdutzt an. „5 a? Kenne ich nicht!“
    „Das … äh … sind die Ergänzungen, die ein bisschen in Vergessenheit geraten sind.“ Der Engel nuschelt ein wenig und ich habe Schwierigkeiten, ihn zu verstehen.
    „Ergänzungen?“
    „Na ja“, erklärt Rafael widerstrebend, „versetz dich mal in die Lage von Gott, als er Moses die zehn Gebote verkündet.“
    „Kein Problem“, sage ich ironisch. „Ist ja nicht so schwer. Außerdem bin ich inzwischen Fachmann bei diesem Thema.“
    Aber Rafael lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. „Stell dir vor: Palästina, im Jahre 1257 vor Christi Geburt.“
    „War es Frühling oder Herbst?“ Ich kann es mir einfach nicht verkneifen.
    „Sehr witzig, Marco! Also, der Allmächtige sieht sich vor allem vor ein überragendes Hindernis gestellt: Der Glaube an sich ist unendlich komplex, es gibt verdammt viele Verbote und Richtlinien zu beachten, aber Moses und sein Volk befinden sich mitten in der Wüste und niemand hat etwas zu schreiben dabei. Das Einzige, was zur Übermittlung von Gottes Wünschen in bleibender Form in Frage kommt, ist eine mickrige Steinplatte, auf die man nur das Wichtigste in kurzen, prägnanten Befehlen einmeißeln kann. Die zehn Gebote. Den Rest seiner Wünsche teilt Gott Moses notgedrungen also mündlich mit, weil sie nicht mehr auf die Steinplatte passen, und hofft, dass Moses sie später aufschreibt. Aber der ist leider nicht

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