Und dann der Himmel
erwidert der Engel aufmunternd. „Hört sich doch spannend an.“
„Nein!“ schreit Finn und zittert auf einmal am ganzen Leib.
Rafael schweigt einen Moment und nickt langsam. „Ich verstehe“, sagt er. Er trinkt sein Glas aus und wendet sich zum Gehen. „Wie du willst.“
Finn atmet leise auf, als Rafael zur Haustür geht. „Warte“, sagt er dann plötzlich und hält Rafael zurück. „Es … es ist wegen Marco“, fügt er zögernd hinzu. „Er hat mich verlassen.“ Finn kann sich selbst nicht erklären, warum er es nun doch erzählt.
„Ich weiß“, sagt Rafael.
„Du weißt …?“
„Ich kenne nur den Anfang eurer Geschichte, wie ihr euch kennen gelernt habt. Und ich weiß, dass Marco dir einen Tritt versetzt hat, weil du ihn betrogen hast.“
„Ja, aber woher …?“
„Ich plaudere doch hier nicht meine Berufsgeheimnisse aus! Ich bin ein Engel, schon vergessen?“
„Du warst bei ihm, stimmt’s?“ sagt Finn anklagend. „Du hast ihn auch besucht!“
„Es ist ein wenig komplizierter. Im Grunde bin ich immer noch bei …“ Rafael will eine langwierige Erklärung darüber beginnen, welche technischen Möglichkeiten überirdische Wesen besitzen, in das Leben von gewöhnlichen Menschen einzugreifen, aber er wird abrupt von Finn unterbrochen.
„Er hat also gesagt, ich habe ihn hintergangen, ja?“ Zu Rafaels Überraschung ist Finn plötzlich zornig. „Hat er denn auch erzählt, wie es dazu gekommen ist?“
Rafael schüttelt den Kopf.
„Ha!“ sagt Finn grimmig. „Hätte ich mir auch denken können! Dieser Feigling!“
„Dann erzähl du es mir doch“, sagt Rafael.
„Nein!“
Schweißgebadet und senkrecht im Bett sitzend wache ich auf und bin mir nicht sicher, ob der Schrei, der mich aus dem Schlaf gerissen hat, von mir stammt oder von außerhalb des Gästezimmers kommt. Meine Armbanduhr zeigt auf kurz vor Mitternacht. Im Dunkeln taste ich das Bett ab und spüre Rafael neben mir liegen. Noch gestern hätten mich seine warme, weiche Haut und sein nackter Körper so erregt, dass ich sofort über ihn hergefallen wäre, jetzt jedoch ist der Gedanke an Sex weit weg. Ich bin wütend, so wütend wie noch nie in meinem Leben. Ich fühle mich wie ein Roboter, auf dessen Schaltkreise jemand ohne Befugnis Zugriff genommen und die Programmierung geändert hat. Meine Hände und meine Oberschenkel zittern, meine Mundwinkel zucken und ich würde Rafael gerne windelweich prügeln oder zumindest einen Kinnhaken verpassen, bis seine selbstzufriedene Visage nicht mehr ganz so unerschütterlich wirkt. Plötzlich kann ich seine Nähe nicht länger ertragen, am liebsten würde ich nicht einmal denselben Raum mit ihm teilen. Ich springe aus dem Bett und renne im Stechschritttempo im Zimmer auf und ab. Ich weiß nicht wohin mit meinem Zorn.
„Was ist los?“ murmelt Rafael und tut so, als hätte ich ihn geweckt.
„Lass es sein!“ zische ich ihn an und kann mich kaum beherrschen, meine Stimme zu dämpfen. „Das ist nicht mehr witzig!“
„Ich weiß nicht, was du meinst!“ erwidert Rafael und gähnt. „Hast du schlecht geträumt?“
„Du kannst dir deinen Sarkasmus in den Arsch blasen!“ erwidere ich. „Du weißt ganz genau, was ich geträumt habe. Du bist doch verantwortlich dafür!“
„Ich habe nur mit Finn geredet. Sonst nichts! Was ist so schlimm daran?“
Rafael macht also einen auf unschuldig. „Was daran schlimm ist? Ganz zu schweigen davon, dass du wiederholt in meine Privatsphäre eindringst und … und meine Gedanken und Träume kontrollierst, jetzt willst du Finn auch noch dazu bringen, über das Ende unserer Beziehung zu reden! Ich will das nicht! Die Sache mit Finn ist zu Ende! Aus und vorbei! Wann begreifst du das endlich!“
„Wenn es vorbei ist, dann kann es dir doch egal sein. Was hast du zu verlieren, wenn ich ein wenig mit deinem Exfreund plaudere?“
Was ich zu verlieren habe? denke ich aufgebracht. Nichts außer meiner Würde, meinem Stolz und …
Aber ich weigere mich, diesen Gedanken zu Ende zu bringen. All das geht Rafael nichts an. Es ist ganz allein meine Sache. Wenn er nur daran interessiert ist, in alten Wunden zu stochern, dann kann ich auf seine Hilfe verzichten. Außerdem habe ich ihn sowieso nie darum gebeten. Er hat sie mir aufgedrängt.
Ich stürze hinüber zum Bett und beuge mich über Rafaels Gesicht. „Ich will, dass du verschwindest“, sage ich. „Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist, und komm mir nie wieder in die Quere! Lass mich mein
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