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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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einem Schluck.
    Zu schnell, vielleicht. Er würgte, würgte verzweifelt. Sein Gesicht verzerrte sich, wurde puterrot. Er schnappte nach Luft – dann glitt er von seinem Stuhl, und das Glas fiel ihm aus der Hand.

Fünftes Kapitel

I
     
    E s geschah so plötzlich und unerwartet, dass jeder den Atem anhielt. Sie saßen da, starrten ungläubig auf die zusammengesunkene Gestalt am Boden.
    Dann sprang Dr. Armstrong auf, lief zu ihm und kniete sich neben ihn. Als er den Kopf wieder hob, sprach Verwirrung aus seinen Augen.
    Zutiefst erschrocken flüsterte er:
    «Mein Gott! Er ist tot.»
    Sie konnten es nicht fassen. Nicht sofort.
    Tot? Tot? Dieser junge nordische Gott voll Saft und Kraft in der Blüte seines Lebens. In einem einzigen Augenblick dahingemäht. Gesunde junge Männer starben nicht, weil sie sich an einem Whisky mit Soda verschluckten…
    Nein, sie konnten es nicht fassen.
    Dr. Armstrong besah sich aufmerksam das Gesicht des toten Mannes. Er roch an den blauen, verkrampften Lippen. Dann nahm er das Glas, aus dem Anthony Marston getrunken hatte, in die Hand.
    «Tot?», staunte General MacArthur. «Heißt das, der Bursche verschluckte sich – und starb?»
    «Sie können es Verschlucken nennen, wenn Sie wollen», sagte der Arzt. «Er starb an Ersticken, so viel ist klar.»
    Er schnupperte am Glas. Dann tauchte er einen Finger in die Flüssigkeitsreste auf dem Boden des Glases und leckte vorsichtig mit der Zungenspitze daran.
    Er verzog das Gesicht.
    «Ich wusste nicht, dass ein Mensch so sterben kann», wunderte sich General MacArthur. «An einem Hustenanfall.»
    Emily Brent zitierte mit klarer Stimme:
    «Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.»
    Dr. Armstrong erhob sich.
    «Nein, ein Mann stirbt nicht an einem Hustenanfall», sagte er schroff. «Marstons Tod war nicht das, was wir einen natürlichen Tod nennen.»
    «War da – etwas – in seinem Whisky?», fragte Vera leise.
    Armstrong nickte.
    «Ja. Keine Ahnung, was genau. Alles deutet auf eines der Zyanidgifte hin. Kein ausgeprägter Geruch von Blausäure, wahrscheinlich Zyankali. Das wirkt ziemlich schnell.»
    «Es war in seinem Glas?», fragte der Richter scharf.
    «Ja.»
    Der Arzt schritt zu dem Tisch, wo die Getränke standen. Er entfernte den Verschluss der Whiskyflasche, roch und probierte. Danach probierte er das Sodawasser. Er schüttelte den Kopf.
    «Die sind beide in Ordnung.»
    «Sie meinen, er muss selbst das Zeug in sein Glas getan haben?», fragte Lombard.
    Armstrong nickte mit einem merkwürdig unzufriedenen Ausdruck im Gesicht.
    «Sieht so aus.»
    «Selbstmord? Wie?», schnaubte Blore. «Verdammt komisch.»
    «Ich hätte nie gedacht, dass er sich umbringen würde», sagte Vera langsam. «Er war so lebendig. Er hatte – so viel Spaß! Als er heute Abend in seinem Auto den Hügel herunterkam, da sah er so – er sah so –, ich kann das nicht erklären!»
    Aber alle wussten, was sie meinte. Anthony Marston in der Blüte seiner Jugend und Männlichkeit war ihnen wie ein Wesen erschienen, das unsterblich war. Und jetzt lag er zusammengesunken und zerstört auf dem Boden.
    «Gibt es noch eine andere Möglichkeit, außer Selbstmord?», fragte Dr. Armstrong.
    Jeder schüttelte einzeln den Kopf. Es konnte keine andere Erklärung geben. Keiner hatte sich an den Getränken zu schaffen gemacht. Sie hatten alle gesehen, wie Anthony Marston dorthin gelaufen war und sich bedient hatte. Daraus folgte, dass jegliches Gift von Anthony Marston selbst in das Getränk hineingetan worden sein musste.
    Und doch – warum sollte Anthony Marston Selbstmord begehen?
    «Wissen Sie, Doktor», meinte Blore nachdenklich. «Das kommt mir alles nicht richtig vor. Marston war doch gar kein Typ für einen Selbstmord.»
    Armstrong antwortete:
    «Ich bin da ganz Ihrer Meinung.»
     

II
     
    Sie hatten es dabei belassen. Was gab es noch zu sagen?
    Armstrong und Lombard hatten den leblosen Körper von Anthony Marston in sein Zimmer getragen und ihn aufs Bett gelegt und mit einem Laken bedeckt.
    Als sie wieder nach unten kamen, standen die anderen in einer Gruppe beisammen. Sie fröstelten ein wenig, obwohl die Nacht nicht kalt war.
    «Wir gehen besser zu Bett», schlug Emily Brent vor. «Es ist spät.»
    Es war nach zwölf. Der Vorschlag war weise – und doch zögerte jeder. Es war, als brauchten sie zur Beruhigung die Gegenwart der anderen.
    «Wir können den Schlaf brauchen», bestätigte der Richter.
    Rogers meldete sich zu Wort: «Ich habe noch nicht aufgeräumt –

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