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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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den anderen Indizien passt – aus all dem ergibt sich ein interessanter Punkt. Wer immer uns hierher gelockt hat, dieser Mensch weiß alles über uns oder hat sich die Mühe gemacht, eine Menge über uns herauszufinden. Wer er auch sein mag, er weiß von meiner Freundschaft mit Lady Constance und ist mit ihrem Stil des Briefeschreibens vertraut. Er weiß etwas über Dr. Armstrongs Kollegen und wo sie sich zurzeit aufhalten. Er kennt den Spitznamen von Mr. Marstons Freund und ist im Bilde über die Art von Telegramm, die er verschickt. Er weiß genau, wo Miss Brent vor zwei Jahren ihre Ferien verbrachte und wen sie dort traf. Und er weiß alles über General MacArthurs alte Kameraden.»
    Er hielt inne. Dann sagte er: «Er weiß eine Menge, wie Sie sehen. Und aus seiner Kenntnis über uns hat er ganz spezielle Anschuldigungen erhoben.»
    Augenblicklich redeten alle drauflos.
    «Alles Lügen! Verleumdung!», empörte sich General MacArthur.
    «Das ist gemein!», rief Vera und schnappte nach Luft. «Bösartig!»
    «Eine Lüge», sagte Rogers mit rauer Stimme. «Eine schlimme Lüge… wir haben niemals – keiner von uns…»
    «Weiß nicht, was dieser verdammte Narr sich dabei gedacht hat», knurrte Anthony Marston.
    Die erhobene Hand von Richter Wargrave ließ die aufgeregten Stimmen verstummen.
    Er wählte seine Worte mit Sorgfalt:
    «Ich möchte noch Folgendes hinzufügen: Unser unbekannter Freund beschuldigt mich des Mordes an einem gewissen Edward Seton. Ich kann mich sehr gut an Seton erinnern. Ich hatte über ihn in einem Prozess im Juni des Jahres 1930 zu richten. Er war des Mordes an einer älteren Frau angeklagt. Er wurde äußerst kompetent verteidigt und machte im Zeugenstand einen guten Eindruck auf die Geschworenen. Trotzdem war er nach Lage der Indizien zweifelsfrei schuldig. Ich plädierte entsprechend, und das Urteil der Geschworenen lautete schuldig. Ich folgte ihrem Urteil und verhängte die Todesstrafe. Wegen angeblicher Beeinflussung der Geschworenen wurde Berufung eingelegt. Die Berufung wurde abgelehnt, und der Mann wurde hingerichtet. Ich möchte vor Ihnen allen sagen, dass mein Gewissen in dieser Angelegenheit vollkommen rein ist. Ich tat meine Pflicht und mehr nicht. Ich fällte einen Urteilsspruch über einen rechtmäßig überführten Mörder.»
    Jetzt erinnerte Armstrong sich. Der Fall Seton! Das Urteil war eine totale Überraschung. Er hatte an einem der Prozess tage Kronanwalt Matthews getroffen. Matthews war zuversichtlich gewesen. «Das Urteil ist glasklar, der Freispruch so gut wie sicher.» Nach dem Urteil hatte er dann gehört. «Der Richter war gegen ihn. Drehte die Geschworenen total um, und sie sprachen ihn schuldig. Völlig legal alles. Der alte Wargrave kennt das Gesetzbuch. Es war fast, als hätte er eine Privatfehde mit dem Burschen.»
    All diese Erinnerungsfetzen jagten durch den Kopf des Arztes. Bevor er darüber nachdachte, wie sinnvoll die Frage war, fragte Armstrong spontan:
    «Kannten Sie Seton? Ich meine vor dem Fall.»
    Die verhangenen Reptilaugen trafen sich mit seinen. Mit klarer, kalter Stimme antwortete der Richter:
    «Ich kannte Seton vorher nicht.»
    Armstrong sagte sich:
    «Der Mann lügt. Ich weiß, dass er lügt.»
     

II
     
    Vera Claythorne sprach mit zitternder Stimme.
    «Ich würde Ihnen gern etwas erzählen. Von diesem Kind – Cyril Hamilton. Ich war sein Kindermädchen. Es war ihm verboten worden, weit hinauszuschwimmen. Eines Tages, als ich einmal kurz abgelenkt war, schwamm er los. Ich schwamm ihm nach… Ich konnte nicht rechtzeitig bei ihm sein… Es war schrecklich… Aber es war nicht meine Schuld. Bei der Verhandlung zur Feststellung der Todesursache wurde ich freigesprochen. Und seine Mutter – sie war so freundlich. Wenn selbst sie mir keine Schuld gab, warum sollte – warum sollte dann etwas so Furchtbares behauptet werden? Es ist nicht fair – nicht fair…»
    Sie brach zusammen und weinte bitterlich.
    General MacArthur klopfte ihr auf die Schulter.
    «Aber, aber, meine Liebe. Natürlich ist das nicht wahr. Der Bursche ist ein Verrückter. Ein Verrückter! Der hat eine Schraube locker. Hat alles völlig in die falsche Kehle gekriegt.» Er stand aufrecht da und straffte seine Schultern. Dann schimpfte er los:
    «Am besten, man geht auf so etwas gar nicht ein. Dennoch muss ich es sagen – kein Funken Wahrheit in dem, was er über – über den jungen Arthur Richmond gesagt hat. Richmond war einer meiner Offiziere. Ich schickte ihn mit einem

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