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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Kapitel

I
     
    N ach dem Frühstück hatte Emily Brent Vera Claythorne vorgeschlagen, noch einmal zum höchsten Punkt der Insel zu wandern und nach dem Boot Ausschau zu halten. Vera hatte zugestimmt.
    Der Wind war frischer geworden. Kleine weiße Schaumkronen schaukelten auf dem Meer. Es waren keine Fischerboote draußen – und kein Motorboot in Sicht.
    Das eigentliche Dorf Sticklehaven war nicht zu sehen, nur der Hügel darüber; eine hervorspringende Klippe aus rotem Felsen verbarg die kleine Bucht.
    Emily Brent sagte: «Der Mann, der uns gestern hergebracht hat, schien mir ein verlässlicher Mensch. Es ist wirklich höchst seltsam, warum er sich heute Morgen so sehr verspätet.»
    Vera sprach nicht. Sie kämpfte mit einem aufsteigenden Gefühl der Panik.
    Ärgerlich befahl sie sich: «Du musst ruhig bleiben. Das ist gar nicht deine Art. Du hattest immer ausgezeichnete Nerven.»
    Laut sagte sie nach ein oder zwei Minuten: «Ich wünschte, er würde kommen. Ich – ich will weg von hier.»
    «Ich habe keinerlei Zweifel, dass wir das alle wollen», bemerkte Emily Brent trocken.
    «Es ist alles so ungewöhnlich», wunderte sich Vera. «Es scheint keinen – keinen Sinn in all dem zu geben.»
    Die ältere Frau neben ihr sagte lebhaft: «Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich mich so leicht habe hereinlegen lassen. Der Brief ist wirklich absurd, wenn man ihn genau betrachtet. Aber ich hatte damals keinerlei Zweifel – überhaupt keinen.»
    «Warum auch?», murmelte Vera mechanisch.
    «Man nimmt die Dinge viel zu oft als selbstverständlich hin», sagte Emily.
    Vera schauderte, sie holte tief Luft.
    «Glauben Sie wirklich – was Sie beim Frühstück gesagt haben?»
    «Seien Sie ein wenig präziser, meine Liebe. Worauf genau spielen Sie an?»
    «Glauben Sie wirklich, dass Rogers und seine Frau diese alte Dame umgebracht haben?», fragte sie mit leiser Stimme.
    Emily Brent betrachtete nachdenklich das Meer. Dann antwortete sie: «Ich bin mir ganz sicher. Was denken Sie?»
    «Ich weiß nicht, was ich denken soll.»
    «Es passt alles gut zusammen», stellte Emily Brent fest. «Die Art, wie die Frau in Ohnmacht gefallen ist. Und der Mann ließ das Tablett fallen, wenn Sie sich erinnern. Und dann, wie er darüber gesprochen hat. Das klang nicht echt. O ja, ich denke, sie haben es getan.»
    «Wie sie aussah –», erinnerte sich Vera. «Von ihrem eigenen Schatten erschreckt! Ich habe noch nie eine so verängstigte Frau gesehen… sie muss von der Sache verfolgt gewesen sein…»
    «Ich erinnere mich an einen Spruch, der in meinem Zimmer hing, als ich noch ein Kind war», murmelte Miss Brent. «Sei gewiss, deine Sünde fällt auf dich zurück. Das ist nur zu wahr. Sei gewiss, deine Sünde fällt auf dich zurück.»
    Vera sprang auf.
    «Aber Miss Brent – Miss Brent – in diesem Fall –»
    «Ja, meine Liebe?»
    «Die anderen? Was ist mit den anderen?»
    «Ich verstehe Sie nicht ganz.»
    «Die ganzen anderen Beschuldigungen – die – die waren doch unwahr? Aber wenn das mit Rogers wahr ist –» Sie unterbrach sich, unfähig, Ordnung in das Chaos ihrer Gedanken zu bringen.
    Emily Brents Stirn, die sich verblüfft gerunzelt hatte, glättete sich wieder.
    «Ah, jetzt verstehe ich Sie. Nun, da ist dieser Herr Lombard. Er gibt zu, dass er zwanzig Männer ihrem Tod überlassen hat.»
    «Das waren nur Eingeborene», sagte Vera.
    Emily Brent entgegnete scharf: «Sie sind trotzdem unsere Brüder.»
    «Unsere Brüder», dachte Vera, «unsere Brüder. Gleich fange ich an zu lachen. Ich bin hysterisch. Ich bin nicht mehr ich selbst…»
    Emily Brent fuhr nachdenklich fort: «Natürlich sind einige Anschuldigungen sehr weit hergeholt und lächerlich. Beispielsweise gegen den Richter, der nur seine Pflicht getan hat im Rahmen seines Amtes. Und der ehemalige Scotland-Yard-Mann. Und auch mein eigener Fall.»
    Sie hielt inne und fuhr dann fort: «Natürlich habe ich unter den gegebenen Umständen gestern Abend nichts gesagt. Es war kein passendes Diskussionsthema in Anwesenheit von Gentlemen.»
    «Nein?»
    Vera hörte mit Interesse zu. Miss Brent fuhr gelassen fort:
    «Beatrice Taylor stand in meinen Diensten. Kein ordentliches Mädchen – wie ich leider zu spät herausfand. Ich habe mich sehr in ihr getäuscht. Sie hatte gute Manieren und war sauber und willig. Ich war mit ihr sehr zufrieden. Aber das war alles die reinste Heuchelei. Sie war ein lockeres Mädchen ohne jede Moral. Widerwärtig! Es dauerte eine Weile, bis ich

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