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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Verschwinden unmöglich etwas zu tun haben kann. Seine Geschichte entlastet mich, aber sie belastet ihn. Wir haben nur sein Wort, dass er Schritte hörte und einen Mann die Treppen hinunterlaufen und aus dem Haus flüchten sah. Das kann eine Lüge sein. Vielleicht hat er Armstrong schon Stunden früher aus dem Weg geräumt.»
    «Und wie?»
    Lombard zuckte die Schultern.
    «Wer weiß das schon. Aber wenn Sie mich fragen, gibt es nur eins, wovor wir uns fürchten müssen, und das ist Blore! Was wissen wir über den Mann? Weniger als nichts! Diese ganze Geschichte vom Expolizisten kann totaler Schwindel sein! Er kann alles Mögliche sein – ein verrückter Millionär – ein durchgeknallter Geschäftsmann – ein geflohener Sträfling aus Broadmoor. Eines ist sicher. Er könnte jedes einzelne dieser Verbrechen begangen haben.»
    Vera war ziemlich blass geworden. Ihre Stimme klang belegt, als sie sagte: «Und angenommen, er kriegt – uns?»
    Lombard tätschelte den Revolver in seiner Tasche: «Ich werde sehr gut aufpassen, dass das nicht geschieht.» Dann sah er sie neugierig an. «Rührend, wie Sie mir vertrauen, Vera. Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht erschieße?»
    «Irgendwem muss man vertrauen… Ich denke übrigens, dass Sie sich in Blore täuschen. Ich glaube immer noch, es ist Armstrong.»
    Abrupt trat sie auf ihn zu.
    «Spüren Sie es nicht – die ganze Zeit schon –, dass hier jemand ist? Jemand, der uns beobachtet und abwartet?»
    «Das sind nur die Nerven», sagte Lombard langsam.
    «Dann haben Sie es also auch gespürt?»
    Sie schauderte und beugte sich näher zu ihm.
    «Sagen Sie… Sie glauben doch nicht…» Sie brach ab. «Ich habe eine Geschichte gelesen», fuhr sie fort, «von zwei Richtern, die in eine amerikanische Kleinstadt kamen – Richter vom Obersten Gerichtshof. Sie sollten Recht sprechen – totale Gerechtigkeit walten lassen –, aber sie waren nicht von dieser Welt…»
    Lombard zog die Augenbrauen hoch.
    «Himmlische Besucher? Nein, ich glaube nicht ans Übernatürliche. Was hier passiert, ist absolut menschlich.»
    Mit leiser Stimme sagte Vera: «Manchmal – bin ich nicht sicher…»
    Lombard sah sie aufmerksam an.
    «Das ist das Gewissen…» Er schwieg einen Augenblick. «Also haben Sie das Kind doch ertränkt?», sagte er dann.
    «Das habe ich nicht!», empörte Vera sich. «Ich habe es nicht getan! Sie haben kein Recht, das zu sagen!»
    Lombard lachte leichthin.
    «O doch, Sie haben es getan, meine liebe Vera! Ich weiß nicht, warum. Kann es mir nicht vorstellen. Wahrscheinlich ging es dabei um einen Mann. Stimmt’s?»
    Plötzlich fühlte Vera, wie sich in jedem Teil ihres Körpers Gleichgültigkeit und totale Erschöpfung breit machten. Mit matter Stimme antwortete sie: «Ja – es ging dabei um einen Mann…»
    «Danke», sagte Lombard mit sanfter Stimme. «Das wollte ich doch nur wissen…»
    Plötzlich richtete sich Vera kerzengerade auf.
    «Was war das? War das etwa ein Erdbeben?»
    «Nein, nein», versicherte Lombard. «Trotzdem, merkwürdig – ein Schlag, und der Boden hat gebebt. Ich dachte – haben Sie auch so etwas wie einen Schrei gehört?»
    Sie starrten zum Haus hinauf.
    «Es kam von dort oben», sagte Lombard. «Wir sollten hinaufgehen und nachsehen.»
    «Nein. Ich gehe da nicht hin.»
    «Wie Sie wollen. Ich werde gehen.»
    «Also gut», gab Vera nach. «Ich komme mit.»
    Sie liefen gemeinsam den Hügel hinauf zum Haus. Friedlich und harmlos lag die Terrasse im Sonnenschein. Einen Augenblick zögerten sie. Dann betraten sie das Haus nicht durch die Eingangstür, sondern gingen vorsichtig um das Haus herum.
    Sie fanden Blore. Er lag auf der Ostseite der Steinterrasse ausgestreckt auf dem Boden, sein Kopf zermalmt und zerfetzt von einem großen weißen Marmorblock.
    Philip blickte hinauf.
    «Wessen Fenster ist das dort oben?»
    Mit erstickter Stimme antwortete Vera: «Es ist meins – und die Uhr stand bei mir auf dem Kamin… Jetzt weiß ich es wieder. Sie sah aus – wie ein Bär.»
    Mit bebender Stimme wiederholte sie:
    «Sie sah aus – wie ein Bär…»
     

III
     
    Philip packte sie bei den Schultern.
    Er sagte mit einer Stimme, aus der Wut und Entschlossenheit sprachen: «Alles klar. Armstrong hält sich irgendwo im Haus versteckt. Ich gehe hinein und schnappe ihn mir.»
    Aber Vera hielt ihn fest:
    «Tun Sie das nicht. Jetzt geht es um uns! Wir sind als Nächste dran! Er will, dass wir ihn suchen. Er rechnet damit!»
    Philip blieb stehen. Nachdenklich

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