Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dann kam Paulette (German Edition)

Und dann kam Paulette (German Edition)

Titel: Und dann kam Paulette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Constantine
Vom Netzwerk:
in seiner Werkstatt zu verbringen. Er hatte ein weiteres Fahrrad herzurichten, und heute Abend war ihm spontan die Idee gekommen, es Muriel zu schenken. Das wäre praktisch, damit sie zwischen Hof und Schule pendeln konnte. Die beiden anderen waren einverstanden. Es wäre perfekt, wenn sie unabhängig wäre. Also holte er sich etwas Glut aus dem Ofen für sein Kohlebecken, verabschiedete sich von seinen Freunden und überquerte rasch den Hof. Den Kopf auf Marcelines Schoß, folgte Berthe ihm mit Blicken. Doch als Guy die Tür zur Scheune hinter sich schließen wollte, sprang sie auf und rannte hinter ihm her. Marceline und Ferdinand blieben auf der Bank sitzen und sagten kein Wort. Es war schön, mal allein zu sein. Aber ihre Freude währte nicht lange, denn ihnen fiel gleichzeitig etwas Wichtiges ein: die Mäuse! Mit einem Satz waren sie auf den Beinen. Marceline machte sich auf die Suche nach Mosche, Ferdinand nach Lolli. Dann betraten sie mit ihren Katzen unter dem Arm das Zimmer, wo ihnen der Geruch nach Mäusepisse in die Nase stieg. Die beiden Katzen begriffen sofort, was von ihnen erwartet wurde, sie ließen sich nicht lange bitten, sondern sprangen von ihrem Arm und machten sich an die Arbeit.
    Neben dem Geruch fiel ihnen vor allem auf, wie kalt es hier war. Zwanzig Winter hintereinander, ohne dass ein einziges Mal ein Feuer gemacht worden war, da war es nicht verwunderlich, dass das Zimmer etwas Arktisches ausstrahlte. Daher beschlossen sie, trotz der späten Stunde den Rauchabzug im Schornstein zu fegen und den Holzherd anzuwerfen. Es würde mindestens drei Tage und drei Nächte dauern, bis die Mauern sich ein wenig erwärmt hätten. Am besten machten sie sich gleich ans Werk.
    Als sie gegen Mitternacht die kleineren Arbeiten erledigt hatten, kehrten sie in die Küche zurück, um sich die Hände zu waschen. Sie standen lange an der Spüle, um ja den ganzen Ruß abzukriegen, doch im Grunde ließen sie sich auch Zeit, um nebeneinander zu verharren. Sie wollten sich gern noch etwas unterhalten, über dieses und jenes, über unwichtige Dinge, den morgigen Essensplan oder die Namen ihrer Katzen …
    «Tja, warum heißt die Katze eigentlich Lolli?»
    «Der Name ist nicht von mir. Die Lulus haben ihn ausgesucht. Sie fanden den kleinen Kater so zuckersüß, dass sie ihn nach einer Süßigkeit benannt haben!»
    «Der Name ist wirklich süß, er lässt allerdings eher an eine männliche Katze denken, was ganz lustig ist.»
    «Was ist lustig?»
    «Es ist ja eher eine Lollita!»
    «Ich verstehe nicht …»
    «Doch, doch, Ferdinand, das ist so, ich schwör’s.»
    «Aber …»
    Zunächst dachte er, dass sie sich irrte. Er hätte es doch gemerkt, wenn Lolli keinen … Doch dann beschlichen ihn Zweifel. Er mochte noch so sehr in seinem Gedächtnis kramen, er konnte die kleinen Bällchen am Hinterteil des Tieres nicht vor seinem inneren Auge sehen. Auweia. Was sollte er bloß den Kindern erzählen, um diesen Irrtum zu rechtfertigen? Er hatte noch nie zuvor eine Katze besessen, das könnte womöglich erklären, warum … Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, begann Marceline zu lachen. Er entspannte sich. Lolli, tja, das war witzig. Zugegeben, er war nicht besonders geschickt darin, das Geschlecht von Katzen zu ermitteln. Von Hunden übrigens auch nicht. Lachend gab er zum Besten, wie er Berthe damals auf der Straße aufgelesen hatte, am Tag des berüchtigten Gaslecks. Er hatte ihr zugerufen, daran erinnerte er sich noch ganz genau: Wo willst du denn hin, mein Guter? Er hatte wirklich Tomaten auf den Augen, das konnte er nicht leugnen. Sie war ganz seiner Meinung.
    «Ihre Katze hat auch einen besonderen Namen. Mosche, ist das polnisch?»
    «Ja.»
    «Und hat es eine Bedeutung?»
    «Ja.»
    «Was bedeutet …»
    « Może: vielleicht.»
    «Mosche bedeutet vielleicht ?»
    «Ja.»
    «Ach.»
    Die Frage, die sich jetzt regelrecht aufdrängte, wäre: warum vielleicht ? Sie würde es ihm erklären müssen, ins Detail gehen, von ihrer Vergangenheit erzählen, das machte ihr Angst. Also gähnte sie und täuschte eine plötzliche, überwältigende Müdigkeit vor, wünschte ihm eine gute Nacht und verzog sich eilig in ihr Zimmer. Er blieb überrumpelt und etwas verdattert in der großen Küche zurück – allein. Ein Geschirrtuch in der Hand und das unangenehme Gefühl, wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen worden zu sein. Bis er auf dem Flur noch mal ihre langsamen Schritte hörte. Dann stand sie in der Türöffnung und sagte

Weitere Kostenlose Bücher