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Und dann kam Paulette (German Edition)

Und dann kam Paulette (German Edition)

Titel: Und dann kam Paulette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Constantine
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Räder exakt die richtige Größe für sie hatten, die Jungs staunten nicht schlecht. Als Ferdinand vorbeikam, erklärte er ihnen, dass sie ihrem Vater Roland und ihrem Onkel Lionel gehört hatten, als diese Kinder waren. Klein Lu verdrehte die Augen. Dann sah er Ludo an, um zu sehen, wie er reagierte. Ludo war genauso verwirrt wie er, das beruhigte ihn. Es war schließlich kaum vorstellbar, dass ihr Papa auch einmal klein gewesen war. Und dass er überdies einen Bruder hatte, von dem sie noch nie gehört hatten, war wirklich ziemlich unwahrscheinlich. Angesichts ihrer ungläubigen Mienen fiel Ferdinand keine andere Lösung ein, als ihnen ein Foto zu zeigen. Darauf waren zwei kleine Jungen zu sehen, die auf ihren Rädern saßen: einer hatte runde Bäckchen und lächelte verschmitzt, der andere war etwas größer, weniger stämmig und schaute weg, als hätte er keine Lust, fotografiert zu werden. Ferdinands Kommentar: Der Kleine mit dem dümmlichen Lächeln war ihr Papa im Alter von sieben Jahren, und der andere, der schmollte, war ihr Onkel Lionel mit acht. Sie erkannten ihren Vater nicht, entsprechend waren sie nicht zu überzeugen. Doch Ludo las laut vor, was unter dem Foto stand: Roland und Lionel, Weihnachten 1974 . Er studierte es eingehend, die Fahrräder hatten dieselbe Farbe wie die beiden, die sie gefunden hatten. Vielleicht war an der ganzen Geschichte doch was Wahres dran, überlegte er.
    Als sie zu ihm in die Werkstatt kamen, fragte Guy sie belustigt, was sie denn mit den verrosteten Drahteseln vorhätten. Aber Klein Lu parierte: Das sind doch keine Esel! Das sind die Räder von Papa und seinem Bruder Lionel, als sie so klein waren wie wir, wenn du es wissen willst! Guy sah ein, dass er ins Fettnäpfchen getreten war, und Klein Lu erklärte ihm mit ernster Miene, dass er heute Morgen beschlossen hatte, Radfahren zu lernen, auf einem richtigen Rad. Das Dreirad sei was für Babys. Und darum wollte er auf diesem hier lernen. Gut. Und Ludo? Dem war es eigentlich egal, er hatte ja schon ein tolles Mountainbike. Aber aus Solidarität unterstützte er seinen Bruder. Es wäre vielleicht nicht dumm, ein zweites Rad zu haben, hier auf dem Hof, bei dem er keine Angst haben müsste, dass er es auf den matschigen Wegen ruinierte. Folglich sah sich Guy die beiden alten … Dinger im Detail an. Sie wieder flottzumachen bedeutete viel Arbeit, und das Ergebnis würde vermutlich nur mäßig ausfallen. Die Rahmen waren sehr schwer, es gab keine Gangschaltung, er musste fast alle Teile ersetzen. Doch das spielte keine Rolle, er hatte in der Nacht das Fahrrad für Muriel fertigbekommen und hatte nun Zeit, die er ihnen widmen konnte.
    Als Erstes gab er den Kindern einen Mundschutz und Arbeitshandschuhe. Es machte ihnen einen Heidenspaß, sich zu verkleiden. Guy wollte, dass sie selbst den Rostlöser auf die verrosteten Stellen auftrugen, ohne die Ausdünstungen einzuatmen und sich zu bekleckern. Anschließend zeigte er ihnen, wie man mit mehreren Löffelstielen den Mantel abnahm. Um die undichten Stellen im Fahrradschlauch zu suchen, gingen sie in die Küche, in der Werkstatt war es dafür zu kalt. Zuerst pumpten sie die Schläuche auf, dann tauchten sie sie in eine Schüssel mit Wasser, und als sie feste zudrückten, stiegen Luftblasen auf. Das fanden sie lustig. Klein Lu malte mit einem Kugelschreiber Kreise um die Löcher, damit sie die Stellen hinterher wiederfanden und flicken konnten.

[zur Inhaltsübersicht]
    47
    Erinnerungsbrief
    Am Ende des Tages wurde Ludo unruhig. Er überlegte, wie er herausfinden konnte, ob seine Verabredung für den nächsten Morgen, den Sonntag, mit Guy noch galt. Er war zwar erst acht, aber er hatte in seinem Leben schon herbe Enttäuschungen erlitten. Er misstraute den Erwachsenen grundsätzlich, da er aus Erfahrung wusste, dass sie zu allem imstande waren. Ohne Vorwarnung änderten sie ihre Meinung, ohne Gründe zu nennen, nahmen sie ihr Wort zurück, sie führten Kinder an der Nase herum, legten sie herein. Es war nicht unbedingt böse gemeint, das kann man nicht sagen, aber es war eben ganz normal für sie. Sie wurden nicht dafür bestraft und hatten auch kein schlechtes Gewissen dabei. Darum wollte er bei seinem Großonkel auf Nummer sicher gehen und ihn geschickt bearbeiten, ihm unauffällige Fragen stellen. Gab es eigentlich schon Wecker, als du noch klein warst, Onkel? Oder hattet ihr nur Hähne, die morgens kikeriki riefen, um euch zu wecken? Aber Guy flüsterte ihm ins Ohr: Keine

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