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Und dann kam Paulette (German Edition)

Und dann kam Paulette (German Edition)

Titel: Und dann kam Paulette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Constantine
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Boden aufheben. Dann richtet er sich wieder auf und verzieht das Gesicht, legt die Hand auf die linke Brust. Er ist ganz rot und räuspert sich.
    «Tja, eine kleine Kritik habe ich allerdings. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, fehlt etwas Salz. Und weißt du was, Ludo, beim Brot ist das sehr schade, weil man den Fehler hinterher nicht mehr beheben kann.»
    Ludo rennt hinauf in sein Zimmer, wirft sich aufs Bett und vergräbt das Gesicht im Kopfkissen, damit man nicht hört, wie er Der Blödmann! schreit. Nachdem er sich wieder beruhigt hat, spürt er, dass jemand hinter ihm steht, er taucht aus dem Kopfkissen auf und dreht sich abrupt um. Roland hat sich über ihn gebeugt, sieht bedröppelt aus, die Haare sind strubbelig, die Partie um die Augen ist geschwollen, und sein Lächeln wirkt etwas gequält. Er flüstert: Entschuldige, Ludo, dein Brot ist perfekt. Ich bin blöd, und außerdem bin ich eifersüchtig. Das ist ganz schrecklich …
    Während er seinem Vater hilft, die Küche für die Mittagsschicht im Restaurant vorzubereiten, erzählt Ludo, wie er das Brot gemacht hat. Zuerst die Hefe. Total easy. Man braucht bloß Wasser und Mehl, das stellt man neben den Ofen, und wenn das Ganze Blasen wirft, tust du jeden Tag Mehl und Wasser dazu, damit es mehr wird. Seine war schon zwei Wochen alt gewesen, er hatte ein Stück von zu Hause mitgebracht, um das Brot backen zu können. Und als Roland gestern mit Isabelle die Abrechnung gemacht hat, war Ludo in die Küche gegangen und hatte 80 Gramm Hefe, 400 Gramm Mehl, 350 Milliliter lauwarmes Wasser und anderthalb Teelöffel Salz vermischt, er hatte alles gut vermengt und sich mit der Schüssel unauffällig in sein Zimmer verzogen, damit der Teig die ganze Nacht neben der Heizung gehen konnte. Um sieben war er leise nach unten gegangen, hatte den Teig gefaltet und noch einmal gehen lassen, dabei hatte er seine Hausaufgaben gemacht. Und um neun hatte er es in den Ofen getan. Das war’s, Papa. Ich wollte dich überraschen.
    Roland war ganz gerührt. Um seiner Anerkennung Ausdruck zu verleihen, aß er zu Käse und Wein das halbe Brot. Er findet seinen Sohn ganz toll.

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    63
    Eine lange Nacht (Teil 1)
    Lollita läuft in der Küche rastlos im Kreis. Normalerweise ist die Küche ihr Lieblingsplatz, dort schläft sie, dort ist es warm, dort kriegt sie ihre Streicheleinheiten und morgens etwas zu fressen. Aber das Futter interessiert sie gerade gar nicht, sie hat keinen Hunger, und Streicheleinheiten sind ihr auch egal. Sie ist auf der Suche nach einem ruhigen Fleckchen, wo sie sich hinlegen kann, das ist alles. Hier ist ihr zu viel los. Ständig herrscht Betrieb, immer wuselt hier jemand herum. Nur nachts ist es ruhig. Doch selbst das ist nicht garantiert. Denn es gibt ja Berthe. Die davon träumt, dass sie merkwürdigen Tieren hinterherjagt. Sie fiept vor Angst oder kläfft vor Aufregung, je nachdem, auf welches Tier sie trifft. Das nervt. Das nervt vor allem Mosche. Aber Mosche ist auch ein spezieller Fall. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit ist er ihr auf den Kopf gesprungen und hätte ihr beinahe die Augen ausgekratzt, so gereizt war er. Seine Nerven liegen blank, und seine Reaktionen sind völlig überzogen, außerdem ist er schrecklich eifersüchtig, der Kater. Die Küche kommt also nicht in Frage. Sie muss sich etwas anderes suchen und geht in den Flur, dann weiter nach rechts, die Tür steht einen Spaltbreit offen, und sie schleicht in das Zimmer der beiden alten Damen. Dort ist es friedlich und warm. Lollita entdeckt die große Tüte mit Wolle in allen erdenklichen Farben, eine Sekunde lang sagt sie sich, dass ihr nichts Besseres passieren kann. Dann überlegt sie es sich anders, weil irgendetwas … ja, sie spürt, dass da irgendetwas ist … Dort, über dem linken Bett, huscht ein Schatten vorbei und wird von einem leichten Lufthauch begleitet. Einem kalten. Hortenses Seele vielleicht, die entschwindet. Lollita macht kehrt und geht langsam aus dem Zimmer.
    Schließlich verzieht sie sich hinter den Holzherd in Kims und Muriels Küche, dort ist es ruhiger. Mosche würde sie hier niemals suchen, und Berthe wird sie mit ihren sonderbaren Träumen nicht länger nerven. Sie legt sich auf die Seite, ihr Herz geht schneller, sie richtet sich wieder auf, dreht sich um, findet keine bequeme Position, ihr Bauch wird hart wie ein Stein, ihre Pupillen weiten sich. Es ist das erste Mal, dass sie solche Schmerzen hat. Sie ist unruhig. Die kleinen Miezen,

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