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Und dann kam Paulette (German Edition)

Und dann kam Paulette (German Edition)

Titel: Und dann kam Paulette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Constantine
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können, aber er hat lieber im Restaurant gearbeitet und sich ein paar Kröten dazuverdient. Die er dann für irgendwelchen Mist wieder ausgegeben hat, was er hinterher bereute. Denn vielleicht ist es ja so, dass man, wenn man sich nicht mehr sieht, allmählich vergisst, dass es den anderen gibt.
    Keiner sagte ein Wort, aber alle nickten.
    Seine kleine Schwester heißt Mai. Das ist ein vietnamesischer Vorname und bedeutet: Aprikosenblüte.
    Seine Mutter heißt Ai Van: die die Wolken liebt.
    Natürlich fragte Hortense, was sein Name bedeutet. Darauf musste er notgedrungen antworten.
    Kim bedeutet Gold.
    Das fand sie herrlich. Und dann fragte sie, wie sein Vater hieß. André? Ja nun, das war weniger poetisch, klang aber trotzdem nett.

    Als die anderen schon hineingegangen waren, um sich schlafen zu legen – außer Guy, der noch ein paar Stunden vor dem Computer sitzen und an ihrer Seite weiterarbeiten wollte –, schlug Ferdinand Kim vor, seine Eltern demnächst zum Essen einzuladen. Sie würden sich alle freuen, sie hier zu empfangen. Und so könnte er ihnen zeigen, wo er wohnt. Ja, er würde sie fragen.

[zur Inhaltsübersicht]
    59
    Ferdinand und seine Schilder
    «Hallo, Papa.»
    «Hallo, mein Junge.»
    «Weißt du, warum ich anrufe?»
    «Wie soll ich das wissen? Ich kann doch nicht hellsehen.»
    «Aber du weißt schon, welcher Tag heute ist?»
    «Ja, warum?»
    «Na ja, weil …»
    Rolands Stimme bricht. Er beginnt zu schluchzen.
    «Was ist los, Roland? Ist was passiert?»
    «Heute ist Mamas Todestag, und du hast ihn vergessen.»
    «Ach so, das ist es …»
    Ferdinand atmet auf. Er hatte schon mit was Schlimmem gerechnet. Dass die Kinder krank sind, Isabelle einen Unfall hatte, das Restaurant abgebrannt ist … Der Junge musste aber auch immer alles dramatisieren! Seine gute Henriette war vor sechs Jahren gestorben, und er hatte genug Zeit gehabt, um sich an die Situation zu gewöhnen …
    Aber er sollte nachsichtig sein.
    Roland geht es im Moment nicht gut. Er kommt über die Trennung von Isabelle nicht hinweg. Anfangs schien er sie gut zu verkraften, tat so, als würde er ihr mit Gleichmut begegnen. Das Leben war kein langer ruhiger Fluss, also würde er jetzt halt paddeln lernen. Wie um es zu beweisen, baggerte er alle Frauen an, die ihm über den Weg liefen, vor allem natürlich in Isabelles Gegenwart. Da legte er sich besonders ins Zeug. Er hatte sogar Muriel Avancen gemacht, als sie abends im Restaurant jobbte, das hatte sie nach ihrer Rückkehr erzählt. Natürlich hat sie ihn abblitzen lassen. Alte Männer seien nicht ihr Ding, schon gar nicht so dicke. Doch dann trat bei Isabelle eine Veränderung ein. Ohne dass man sagen konnte, wieso, fing sie sich wieder, und sie fühlte sich allmählich besser. Es geschah zwar nicht von heute auf morgen, aber fast. Zunächst setzte sie die Antidepressiva ab und trank weniger Alkohol, dann ließ sie sich die Haare schneiden, kaufte sich neue Klamotten und belegte einen Fitnesskurs. Um mehr Freiheiten zu haben, ließ sie die Kinder ab und zu bei Roland übernachten, mit der Zeit sogar mehrere Nächte hintereinander. Die große Veränderung trat ein, als sie in einer Laienschauspieltruppe anfing, Theater zu spielen. Da machte es klick bei ihr. Und genau in dem Moment verlor Roland den Halt. Der Aufprall war umso brutaler, als er begriff, dass sie jemanden kennengelernt hatte. Noch dazu jemanden im selben Alter wie sie. Das warf ihn völlig aus der Bahn. Von einem Tag auf den anderen wurden seine Haare weiß. Er ist fünfundvierzig, und man könnte ihn für sechzig halten. Wenn er so weitermacht, holt er noch seinen Vater ein, der Blödmann!
    Nun gut.
    Wie dem auch sei, es ist das erste Mal, dass er Ferdinand anruft, damit dieser ihn begleitet. Ferdinand kann ihm den Wunsch nicht abschlagen. Sie wollen sich in einer Stunde treffen.
    Bevor er zu Roland fährt, geht er kurz in die Werkstatt. Er hat sie seit Monaten nicht mehr betreten. Genauer gesagt, seit Gabys Tod. Als Nächstes will er für sie etwas machen, etwas wirklich Schönes. Es soll Guy gefallen und vor allem etwas peppig sein. Aber er hat Zeit, er kann sich ganz ohne Druck an die Arbeit machen. Mit einem Lappen wischt er das Schild für Alfred sauber, das auf der Werkbank liegt. Es ist schon lange fertig, er bräuchte jetzt nur seine Familie aufzusuchen und sie zu fragen, ob es so in Ordnung ist. Wenn alle einverstanden sind, könnten sie es zusammen auf das Grab legen. Und mit allen Kameraden im Café am

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